Höllenritt: Ein deutscher Hells Angel packt aus (German Edition)
skandinavischen Bandidos kam das sehr gelegen, denn die waren wegen der Kriege mit den Hells Angels zwischen 1994 und 1997 klamm. Bis zum 25. September 1997 zählten die Bullen in Skandinavien elf Morde, vierundsiebzig Mordversuche und sechsundneunzig Verletzte, bei denen auch Panzerabwehrraketen und Autobomben zum Einsatz kamen. Ständig mussten Member beider Clubs ihre Vereinshäuser wieder aufbauen und neue Fahrzeuge kaufen. Das kostete. Für die Hells Angels war das kein Problem. Die Bandidos allerdings waren auf Kohle angewiesen. In dieser Situation reisten einige Skandinavier nach Deutschland, setzten sich mit den Gelben Ghostridern an einen Tisch und besprachen die Übernahmebedingungen: Jeder Ghostrider – damals etwa zweihundert – sollte zehntausend D-Mark an die skandinavischen Bandidos zahlen. Die Gelben Ghostriders stimmten den Forderungen der Skandinavier zu. Schon bald bekamen sie ihre neuen Kutten mit den Patches der Bandidos sowie etliche Waffen.
Die Bandidos (Quelle: Pressefoto Wagner)
Über die Jahre hinweg warben sie viele neue Mitglieder, so dass die Bandidos in Deutschland schnell zu einem Problem für die Hells Angels wurden. Heute verfügen sie sogar über eigene Supporter-Clubs, zu denen unter anderem die Chicanos gehören.
Selbst in meiner Heimatstadt Kassel gründete sich ein Bandidos-Chapter, das noch heute existiert. Dort glaubten die Bandidos ernsthaft, unsere Stadt terrorisieren zu können. Dabei hatten sie eigentlich nichts: keine Ambitionen und keine Macht. Trotzdem versuchten sie, auf der Flöte das große Bikerleben zu spielen. Das ging natürlich auf keinen Fall! Sehr schnell und sehr drastisch brachten wir sie wieder auf Spur. Es gibt gute Gründe, diese alten Dinge nicht in allen Einzelheiten wieder aufzuwärmen. Deshalb werde ich die damaligen Ereignisse hier grob umschreiben.
Die Kasseler Bandidos wollten im Rotlichtmilieu mitmischen – nicht viel, nicht groß. Das gefiel meinen Brüdern und mir gar nicht. Also besorgten wir uns den Schlüssel für deren Clubhaus und luden einen der Bandidos zum »Kaffeetrinken« ein – so möchte ich das hier formulieren. Das Ergebnis war eindeutig: Er reichte den Schlüssel nach wenigen Minuten beinahe unaufgefordert über den Tisch. Als seine Kollegen abends zu ihrer Sitzung kamen, waren wir schon da. Wir gaben den Bandidos richtig eins auf den Kopf.
Erlaubt ist in der Szene alles. Schießen hingegen ist immer eine zweischneidige Sache, denn sobald geschossen wird, geht das fast immer zur Bullerei. Clubs sagen nicht gegeneinander aus, so lautet der Ehrenkodex – ein Freifahrtsschein für jedwede Gewalt: Man kann jemandem auf den Kopf hauen, sein Knie zertrümmern, ihm ein Messer in die Nieren rammen. Egal was man macht, muss man wenig befürchten, weil die Polizei nichts davon erfährt. Es soll einige Leute geben, die einfach von der Bildfläche verschwunden sind, von denen niemand etwas weiß. Niemand fragt nach. Die Clubs wiegen sich in Sicherheit: Sie spielen Herr über Leben und Tod. Die Bandidos hatten an jenem Abend eine ordentliche Abreibung erhalten. Aber sie mischten sich weiter in unsere Geschäfte ein. Mir ging es ums Milieu, anderen ums Koks-Geschäft.
In der Nähe von Kassel gab es einen kleinen Motorrad-Club, der sich MC Löwenburg nannte. Zu meiner Zeit stieg dort ein- bis zweimal im Jahr eine Party, wo auch die Bandidos rumhingen und eine riesige Welle machten. Sie mussten damals geahnt haben, dass wir dort vorbeikommen wollten. Die meisten von ihnen hatten nämlich Kanonen eingesteckt, wir natürlich nicht … Als wir dort ankamen, lag sofort eine feindliche Stimmung in der Luft. Die Leute wurden leise. Wir verteilten uns auf dem Gelände. Allen Besuchern war klar, dass gleich etwas Unangenehmes passieren würde.
Einige Gäste suchten schnell das Weite. Es dauerte tatsächlich nicht lange, bis der erste Bandido wie tot im Gras lag und sich nicht mehr regte. Anschließend ging es richtig zur Sache, und die Fäuste flogen auf beiden Seiten. Da die Bandidos uns allerdings unterlegen waren, holten einige ihre Waffen heraus. Vereinzelt wurde auf uns geschossen, der eine oder andere lag blutend am Boden. Direkt neben mir lag ein Bandido mit einem Messerstich am Hals und einem in der Seite. Ich weiß bis heute nicht, wie das passieren konnte … Die Prügelei ging jedenfalls weiter.
Einer hatte plötzlich eine Schrotflinte in der Hand und kam auf mich zu. Das war sein großer Fehler! Wie jeder weiß, sind
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