Höllenritt: Ein deutscher Hells Angel packt aus (German Edition)
Mal gab es Krieg, mal herrschte Frieden – ein ständiges Hin und Her. Der Grund, warum ein Krieg ausbrach, war üblicherweise die Machtverteilung und die Abschöpfung der Kohle im Milieu.
Nach einer längeren Friedensphase brachen die Streitereien zwischen den Hells Angels und den Pagans in Philadelphia im Jahr 1999 wieder aus. Mehrere Hells Angels schossen Ende August auf den Präsidenten der Pagans. Er überlebte den Angriff, und der Krieg begann: Schlägereien und Messerstechereien bestimmten in den kommenden Jahren den Alltag. Der Streit erreichte seinen Höhepunkt im Februar 2002: Pagans stürmten den Hellraisers Ball der Hells Angels auf Long Island, einem ehemaligen Pagans-Gebiet. Im Feuergefecht starb ein Mann, zehn wurden verwundet. Zwei Hells Angels und mehr als siebzig Pagans wurden verhaftet. Von da an wütete der Krieg in ganz Amerika. Polizisten warnten öffentlich vor der Rache der Hells Angels. Fünf Tage später brannte das erste Clubhaus der Pagans, wenig später wurden zwei Hells Angels nahe einer Autobahn erschossen. Bis heute gibt es einen erbitterten Kampf um die »Ehre«.
Allta g
Die Hells Angels sind ein Motorrad-Club. Sie lieben Bikes und basteln jede freie Minute an ihren Harleys herum. Am Wochenende kurven sie zu Festen, trinken Bier, schauen sich nackte Mädchen an und stopfen Berge an Fleisch in sich hinein. So ist das Bild des Clubs in der Öffentlichkeit – das Bild des freiheitsliebenden Easy Riders. Doch Polizei und Justiz vermuten seit Jahren, dass sie es mit einer Vereinigung Krimineller zu tun haben. Recht haben sie!
Hells Angels unternehmen enorme Anstrengungen, damit der Staat keine Ansatzpunkte für Verbote findet. Vereinzelt konnten die Behörden zwar einzelne Charter verbieten, so beispielsweise 1983 in Hamburg oder 2001 in Düsseldorf, aber flächendeckend ist es ihnen lange Zeit nicht gelungen. Erst 2010 verboten sie ein Charter in Schleswig-Holstein. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung stand das Thema eines bundesweiten Verbots der deutschen Hells Angels auf der Agenda der Innenministerkonferenz.
Ein Beispiel, wie versucht wird, die Legalität nach außen hin zu wahren und sich rechtlich nicht angreifbar zu machen, ist die versteckte Sympathie mit der Zeit des Nationalsozialismus. Ich weiß nicht warum, aber vor allem Hells Angels in Amerika sympathisieren stark mit Hitler und der Nazizeit in Deutschland. In jedem amerikanischen Clubhaus, das ich bei meinen Besuchen gesehen habe, waren Hakenkreuze, Stahlhelme, NS -Flaggen, Hitler-Bilder oder Mein Kampf zu finden. Die Bewunderung mancher amerikanischer Brüder geht so weit, dass sie sich sogar Hakenkreuze auf die Haut tätowieren lassen. Problematisch wurde das, wenn amerikanische Hells Angels nach Deutschland reisten und diese Symbole zeigten. Unsere Behörden leiteten sofort ein Ermittlungsverfahren wegen des Straftatbestands der Verwendung verfassungswidriger Symbole ein, und das brachte den Club in Verruf.
Daraufhin wurde eine neue Vorschrift in die World-Rules aufgenommen. Die besagt, dass keine Artikel mit Symbolen aus der NS -Zeit hergestellt, getragen, verkauft oder gezeigt werden dürfen. In den World-Rules heißt es: »Dies beinhaltet Motorrad-Lackierungen, Tattoos, T-Shirts oder Kleidung jeglichen Typs, Schmuck, Poster, Flyers, Unterschriften, Tafeln und Bildern. Die einzigen Ausnahmen, die gestattet werden, sind existierende Grabsteine, Tafeln oder Tattoos.« Wenn dieses Verbot nicht erlassen worden und einzelne Member weiterhin mit den Symbolen ausgestattet gewesen wären, hätte die deutsche Justiz mit Sicherheit versucht, die Charter auf Grund des Verfassungsschutzgesetzes zu verbieten.
Dass es zumindest deutschen Hells Angels mehr um ihre kriminellen Machenschaften als ums Motorrad-
Pause während einer Tour (Quelle: (c) picture-alliance/dpa)
fahren geht, wird klar, wenn der Aspekt des Motorradfahrens betrachtet wird. Es ist kaum zu glauben: Mopped fahren konnten zu meiner Zeit nämlich die wenigsten! Etwa ein Viertel aller Member besaß nicht mal einen Führerschein. Wenn doch ein Motorradkorso auf der Autobahn stattfand, lief der nicht immer ohne Verletzungen ab. Ich war einmal bei einer Fahrt dabei, bei der sich zwei gegenseitig totfuhren. Selbst auf dem Weg zu Beerdigungen kam es immer wieder zu schweren Unfällen. Viele meiner Brüder waren nicht in der Lage, den Lenker gerade zu halten und ihr Mopped zu steuern. Viele der Bikes zu Veranstaltungen im Ausland wurden per Lastwagen
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