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Hoellentrip

Hoellentrip

Titel: Hoellentrip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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dass du es für den Rest deines Lebens bereuen wirst, wenn wir es nicht versuchen – wenn du nicht alles gibst, was du hast. Was Carrie betrifft, glaube ich, sie wird es schaffen. Ganz am Schluss da draußen hat sie aufgehört, sich zu wehren. Sie hat sich selbst gerettet.«
    Jake nimmt einen Schluck von seinem Wein, während sich seine Worte in meinem Kopf setzen. Sie klingen wunderbar, wirklich. Ich kenne viele Männer mit sehr viel mehr Geld, mehr Besitztümern und mit Sicherheit angeseheneren Berufen als dem von Jake, doch ich kenne niemanden, der über mehr von diesem altmodischen gesunden Menschenverstand verfügt als er.
    Zum ersten Mal kann ich den Frieden und die uns umgebende Stille genießen. Natürlich wird sie nicht lange anhalten.
Aber genau deswegen – wegen ihrer Unbeständigkeit – ist diese Stille vielleicht so angenehm. Genau wie das Leben.
    Es ist ja klar, was als Nächstes passiert. Ich kann mich nicht dagegen wehren. Ich denke über Stuart nach, der genau auf diesem Boot starb. Über unsere komplizierte Ehe, die Fehler, die wir beide begingen. Und wie sich zeigt, stehe ich damit nicht allein.
    »Soll ich dir was Verrücktes sagen?«, fragt Jake.
    »Verrückter als das, was wir heute erlebt haben?«
    »Ja, wenn du es glauben kannst.« Er schenkt uns Wein nach. »Vor etwa einer halben Stunde, als ich allein im Maschinenraum war, dachte ich, ich hätte jemanden lachen hören. Es war eine mir sehr vertraute männliche Stimme. Ich habe angenommen, es war Mark, vielleicht auch Ernie. Aber als ich meinen Kopf nach oben durch die Luke gesteckt habe, habe ich nichts mehr gehört. Und dann war es plötzlich doch wieder zu hören.«
    Ich bin verwirrt. »Dann war es also einer der Jungs?« »Nein. Das Lachen kaum aus dem Maschinenraum, und ich habe gemerkt, warum es mir so vertraut vorkam. Es war Stuart. Es war sein Lachen. Und als ich mich umgedreht habe, um mich wieder an die Arbeit zu machen …«
    Er hält inne, will den Satz nicht beenden.
    »Was?«, dränge ich. »Was ist passiert?«
    »Ich könnte schwören, ich hätte ihn ganz kurz gesehen. Ich weiß, dass das nicht der Fall sein kann, aber ich hatte dieses Gefühl. Es war unheimlich, Kat, besonders weil es mir so echt vorkam. Es war, als wäre er bei uns.«

20
    Ich bin nicht sicher, wie ich darauf reagieren soll. Hat Jake was von dem Gras geraucht, das er Mark abgenommen hat? Hat er sich vorhin den Kopf angeschlagen?
    »Ich habe ja gesagt, es war verrückt«, sagt er.
    »Nein, es ist nicht verrückt«, versuche ich ihn zu beruhigen. »Manchmal sitze ich im Restaurant oder gehe in New York eine Straße entlang und denke, ich sehe Stuart.«
    »Du redest davon, Menschen zu sehen, die ihm ähneln. Ich rede davon, einen …«
    Wieder kann er den Satz nicht zu Ende bringen. Also helfe ich ihm.
    »Einen Geist zu sehen?«
    Ich bin keine Psychologin, aber trotzdem kann ich mich nicht dagegen wehren, in die Fußstapfen meiner besten Freundin Mona zu treten. Was würde sie sagen, wenn Jake ihr seine Geschichte in ihrer Praxis in Manhattan erzählen würde? Ich weiß es nicht, aber ich denke, sie würde ihn nicht mit einem Spruch wie »Es gibt keine Geister, Jake« abservieren.
    Dann wird mir klar, dass wir beide uns nie richtig darüber unterhalten haben.
    »Meinst du, es ist das Schuldgefühl?«, frage ich.
    Er schaut mich an, als hätte ich gerade einen schweren Vorhang zur Seite gezogen, hinter dem seine innersten Gedanken verborgen waren.
    »Stuart war mein Bruder.«
    »Ja, und ich war seine Frau. Ich habe wirklich harte Zeiten
in meiner Ehe durchlebt, und du warst für mich da. Keiner von uns war darauf gefasst, dass es passiert. Es war nicht richtig, was wir getan haben. Das haben wir nach einer Weile gemerkt.«
    »Du eher als ich.«
    »Ich musste an die Kinder denken, Jake. Und an Stuart, auch wenn er kein Engel war.«
    Er nickt wehmütig. »Ich weiß. Und du hattest recht.«
    »Wir können aber nicht rückgängig machen, was passiert ist. Und, ehrlich gesagt, will ich das auch nicht.«
    »Nein, ich auch nicht.« Er greift über den Tisch nach meiner Hand, zieht sie aber wieder fort.
    Er zwingt sich zu einem Lächeln, und das Thema ist vorübergehend erledigt. Während wir die Flasche Wein zu Ende trinken, schaffen wir es sogar, über unseren ersten – und schlimmsten – Tag auf hoher See zu lachen.
    Doch als ich Gute Nacht sage und mich in die Koje lege, hallt das Gespräch in meinem Kopf wider. Ich weiß nur zu gut, welches Schuldgefühl unsere

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