Hoellischer Verrat
blickte nur stur zurück.
»Stimmt ’s ?«, warf er noch hinterher.
» Mach s gut, Jaro. Und lass dich nicht erwischen bei deinen ‚verdeckten Ermittlungen‘.«
»Keine Sorge, ich bin Profi!« Er grinste verschmitzt. Ich nickte vielsagend, dann stieg ich aus seinem Wagen.
Auf dem Weg ins Hauptquartier piepste mein Handy und signalisierte, dass der Akku fast leer war. Ich entschied mich für einen kurzen Abstecher in meine Wohnung, da ich mich ohne Telefon irgendwie unvollständig fühlte. Wenn ich mich beeilte, käme ich noch pünktlich zum Dienst, wobei es auch nicht dramatisch wäre, wenn ich ein bisschen später eintrudeln würde, da wir ja sowieso nur herumsaßen.
Im Aufzug traf ich auf meine Nachbarin, Frau Nesteko . Sie hatte einen Wäschekorb voll mit gestapelten Kleidern unter dem Arm und nickte mir freundlich zu.
»Frau Nimon , wie geht es Ihnen?«
»Danke, gut, Frau Nesteko . Sind Sie schon mit den Umzugsvorbereitungen beschäftigt?«
Sie schien keine Ahnung zu haben, wovon ich sprach, also deutete ich mit dem Kopf auf ihren großen Wäschekorb. »Haben Sie schon eine neue Bleibe gefunden?«
»Ich fürchte, ich verstehe nicht …«
»Das Haus ist doch einsturzgefährdet und alle Mieter müssen aufgrund der anstehenden Baumaßnahmen ausziehen.«
»Was sagen Sie da?« Frau Nesteko wurde ganz bleich und stellte schnell den schweren Korb auf dem Boden ab.
»Haben Sie die Kündigung nicht erhalten? Wir müssen alle ausziehen.«
»Nein, das habe ich nicht. Unten in der Waschküche habe ich mich eben noch mit zwei anderen Mieterinnen unterhalten und die erwähnten nichts dergleichen.«
Bevor ich etwas erwidern konnte, stoppte der Aufzug in der zweiten Etage und der Hausmeister stieg zu. Unter seinem Arm klemmte eine Rolle Plastikfolie und er hatte einen verdreckt aussehenden Werkzeugkasten dabei.
»Fräulein Ek … äh … Fräulein Nimon «, murmelte er und deutete eine Verbeugung an, während er Frau Nesteko völlig ignorierte. Um zu verheimlichen, dass ich aus der Politikerfamilie »Ekishtura« stammte, hatte ich mir unter falschem Namen eine Wohnung gemietet. Der Hausmeister hatte durch Zufall meinen echten Namen herausgefunden, aber er hielt dicht, während Frau Nesteko immer noch ahnungslos war.
»Sagen Sie, ist dieses Haus einsturzgefährdet?«, fragte diese in ihrer unerschütterlichen Freundlichkeit.
»Soll das ein Witz sein?«, knurrte er.
»Soll das eine Antwort sein?«, erwiderte ich.
»Glauben Sie mir, wenn dieser Kasten einsturzgefährdet wäre, würde ich hier keinen Fuß mehr reinsetzen. Dafür werde ich viel zu schlecht bezahlt. Wie kommen sie beide darauf?«
» Fräulein Nimon hat ihr Kündigungsschreiben schon erhalten, während wir anderen noch darauf warten.«
»Kündigungsschreiben? Davon weiß ich nichts. Erst gestern habe ich mit dem Hausverwalter gesprochen und da zeigte er sich höchst zufrieden, wie gut das Haus die letzte Regenzeit überstanden hat.«
»Aber laut des Briefs, den ich erhalten habe, soll das Haus kernsaniert werden und der angebliche Baubeginn ist in knapp zehn Tagen. Bis dahin müssen alle Wohnungen geräumt sein.«
Der Hausmeister hustete verzweifelt, um einen Lachanfall zu unterdrücken.
»Kernsaniert? Dieser Kasten? Da wäre es günstiger, den Schuppen abzureißen und neu zu bauen, als hier noch etwas sanieren zu wollen. Da hat sich jemand einen Scherz erlaubt, ganz gewiss.«
Wortlos zog ich das Kündigungsschreiben aus meiner Tasche und reichte es dem Hausmeister. Seine kleinen Augen flogen über den Text.
»Das ist in der Tat merkwürdig. Der Name und die Adresse des Inhabers sind korrekt. Bei der Telefonnummer bin ich mir nicht sicher, aber da könnte ich den Hausverwalter fragen.«
»Wäre es nicht sowieso Aufgabe des Hausverwalters, die Kündigungen zu betreuen?«, bemerkte Frau Nesteko .
»Da haben Sie recht, es ist in der Tat ungewöhnlich, dass der Besitzer selbst so ein Schreiben verfasst.«
»Und was sagt mir das jetzt?«, fragte ich.
»Ich würde vorschlagen, Sie rufen den Eigentümer an. Weder der Hausverwalter noch ich wissen von Sanierungsplänen. Außerdem ist es eigenartig, dass die Statik des Hauses für unzureichend erklärt wird, wo doch nie ein Experte vor Ort war, um dies eindeutig festzustellen …«
Frau Nesteko schien genauso verwirrt wie der Hausmeister. »Fragen Sie nach, Fräulein Nimon . Vielleicht hat der Eigentümer noch mehrere Häuser und das Schreiben ist nur aufgrund einer falschen
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