Hollys Weihnachtszauber
hinausgegangen. Sie hat gesagt, sie hätte schlafgewandelt!«
»Schlafwandeln, von wegen!«, antwortete er. »Im einen Moment habe ich tief und fest geschlafen, und im nächsten hat sie mir die Decke weggezogen und ist auf mich gesprungen, splitternackt!«
»Nein!«, ich schnappte nach Luft. »Ganz schön dreist.«
»Da habe ich aufgeschrien – wie man das eben tut, wenn einen im Schlaf jemand anspringt – und sie ganz automatisch abgeworfen. Davon, dass sie auf dem Fußboden gelandet ist und angefangen hat zu kreischen, bin ich erst richtig wach geworden … habe begriffen, was los ist und sie zu beruhigen versucht.«
»Es hat aber nicht so geklungen, als ob das geklappt hätte, Michael!«
»Nein, schon gar nicht, als sie sich erneut an mich herangemacht hat und ich klargestellt habe, dass ich nicht im Mindesten an ihr interessiert bin«, sagte er kläglich.
»Ich kann mir gut vorstellen, dass sie da sauer geworden ist«, bestätigte ich. »Nicht viele Männer würden sie von der Bettkante schubsen!«
»Kann schon sein …« Er stockte und warf mir einen Seitenblick zu, »aber die Sache ist die, Holly – also, ich bin nämlich schwul«, gestand er. »Daran ist meine Ehe in Wirklichkeit gescheitert.«
»Ach so? Ja, ich schätze, daraus entstehen doch in der Tat … unüberbrückbare Differenzen«, sagte ich überrascht, und er lachte.
Inzwischen waren wir oben auf der Koppel angelangt, und ich stellte meinen Schlitten ab. »Aber wenn du mir die Frage erlaubst, Michael, warum habt ihr denn überhaupt erst geheiratet?«
»Debbie wusste, dass ich schwul bin, denn sie war meine beste Freundin, und wir wohnten zusammen – aber dann hat sie sich plötzlich verändert und hat gedacht, sie könnte auch mich ändern. Ich wünschte mir eine Familie und habe mich von ihr wohl dazu überreden lassen, dass es funktionieren könnte, und so haben wir geheiratet und unsere kleine Tochter bekommen.« Er lächelte traurig. »Eine Zeit lang dachte ich, dass wir es vielleicht hinkriegen. Aber dann hat sie sich in jemand anders verliebt – und ich auch. Und … ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich dir das alles erzähle«, fügte er überrascht hinzu. »Dass ich schwul bin, ist immer noch ein Geheimnis.«
»Vielleicht weil du bis jetzt nie mit irgendwem über das alles gesprochen hast? Und natürlich werde ich es für mich behalten, aber warum muss es denn geheim bleiben, dass du schwul bist?«
»Ich bekomme meistens die romantischen Hauptrollen und fürchte einfach, das Publikum würde mich nicht ernst nehmen, wenn es wüsste, dass ich offen homosexuell lebe, auch wenn es sich die meisten Leute in der Branche höchstwahrscheinlich schon denken können.« Er fuhr sich mit der Hand liebenswert ratlos durch sein hellbraunes Haar, zerzauste es und lächelte betrübt. »Keine Ahnung! Ich weiß nur, dass ich noch nicht bereit bin, mich in aller Öffentlichkeit dazu zu bekennen.«
»Ich verstehe – und außerdem sollte dein Privatleben ja auch wirklich deine Privatsache sein. Arme Coco!«
» Ich Armer, meinst du wohl!«
»Sie ist verrückt nach dir, auch wenn ich eigentlich gedacht hätte, dass sie sich trotzdem gut mit dir stellt, um in der Schauspielerei Fuß zu fassen.«
»Ja, aber besonders clever ist sie nicht gerade.« Er seufzte. »Ich fürchte, jetzt wo die Aufführung vorbei ist und ich ihr einen Korb gegeben habe, wird sie zur echten Nervensäge – aber bei diesem Tauwetter werden vielleicht schon bald die Straßen geräumt?«
»Und dann können wir alle nach Hause fahren«, sagte ich rasch, und er warf mir einen Seitenblick zu.
»Ich glaube, nicht ausnahmslos alle, wenn Jude dabei ein Wörtchen mitzureden hat!«
Ich merkte, wie mir leichte Röte ins Gesicht stieg. »Wenn das heißen soll, dass deiner Meinung nach zwischen Jude und mir irgendetwas läuft, dann liegst du völlig falsch!«
»Oh nein, gewiss nicht: Die Art, wie ihr beide euch immer anseht, ist ein todsicheres Zeichen, ganz zu schweigen von all diesen vertraulichen Stunden allein in seinem Atelier, bei denen er sehr deutlich keine anderen Besucher dabeihaben will. Ich verstehe gar nicht, wieso ihr beide es abstreitet.«
»Sei doch nicht albern!«
»Ich meine das völlig ernst! Und ich glaube wirklich, ich laufe größte Gefahr, eins auf die Nase zu kriegen, wenn er mich noch einmal in einer auch nur ansatzweise verfänglich wirkenden Situation mit dir erwischt.«
Ich erinnerte mich an den schwelenden Zorn in Judes Blick, als
Weitere Kostenlose Bücher