Hollys Weihnachtszauber
mit mir in die Küche, und während ich eine neue Kanne Tee kochte und das Tablett mit Tassen und Untertassen sowie den Resten meines rasch dahinschwindenden Früchtekuchens bestückte, holte sie aus dem reichhaltigen Vorrat in der Speisekammer eine Packung Orangensaft und öffnete sie.
»Den trinkt Jude gerne zum Frühstück.«
»Den Fertiggerichten in der Tiefkühltruhe nach zu schließen, kocht er nicht besonders viel, oder? Es sind jede Menge andere Lebensmittel da, aber das meiste davon sieht aus, als läge es schon seit Ewigkeiten dort, vor allem das Wild.«
»Ich glaube, abgesehen vom Frühstück vergisst er meistens zu kochen. Tante Becca ist es, die das ganze Wild und die Forellen und lauter solche Sachen in die Kühltruhen stopft – sie ist ständig bei irgendwelchen Freunden zu Besuch und bringt dann mehr mit nach Hause, als sie brauchen kann. Omi gibt sie auch immer etwas. Magst du Kaninchen?«
»Wenn es gut zubereitet ist.«
»Ich nicht. Ich muss immer daran denken, wie weich und niedlich Kaninchen sind.«
»Nun, es zwingt dich ja sicher keiner, eines zu essen, oder?«, sagte ich mit einem Lächeln. »Ich könnte dir allerdings eines Tages ein Kaninchen machen, das du bestimmt magst – aus Schokoladen-Flammeri! Es gibt eine hübsche viktorianische Glasform in einem der Küchenschränke, und ich brenne darauf, sie auszuprobieren. Du könntest zum Tee kommen, wenn es deinen Großeltern recht ist.«
»Ach, die haben bestimmt nichts dagegen. Was ist Flammeri?«
»Eine Art aromatisierter Milchpudding.«
»So ähnlich wie Angel Delight ? Davon hat Omi einige im Schrank.«
»So in der Art. Weißt du, das Wild in der Kühltruhe sollte gegessen werden, sonst ist es doch eine schreckliche Verschwendung.«
»Hauptsache nicht ich. Auch wenn du wahrscheinlich besser kochen kannst als Omi – ihr Essen ist insgesamt ganz schön schräg.«
»Wahrscheinlich kocht sie einfach so wie zu den Anfangszeiten ihrer Karriere, und die Geschmäcker haben sich seitdem verändert«, antwortete ich diplomatisch. »Übrigens, das schwarze Zeug in diesen Sandwichröllchen, die sie mir zum Lunch angeboten hat … Du weißt wohl nicht zufällig, was das gewesen ist?«
»Das ist ein streng gehütetes Geheimnis. Ich nenne es ›Ranzige Autoreifenpaste‹.«
»Das trifft es ziemlich gut«, gab ich zu.
»Ich weiß, Omi tut so, als würde sie noch immer alles selber kochen, aber in Wirklichkeit macht Edwina das meiste«, vertraute Jess mir an. »Das ist der eigentliche Grund, warum wir immer in Old Place wohnen, wenn sie über Weihnachten und Neujahr zu ihren Verwandten fährt. Weiß der Himmel, wie diesmal das Weihnachtsessen ausfällt!«
Ich spürte einen erneuten schmerzlichen Anflug von Schuldgefühl, auch wenn das völlig unlogisch ist, denn die Gewissensbisse müsste ja wohl Jude Martland haben, und nicht ich!
»Du könntest ihr ja beim Kochen zur Hand gehen«, schlug ich vor. »Ich habe meiner Oma auch immer geholfen, so bin ich überhaupt erst darauf gekommen, Köchin werden zu wollen.«
»Sie ist total autoritär und sagt, sie will nicht, dass ihr kleines Mädchen in der Küche im Weg herumsteht, wenn sie zu tun hat, dabei bin ich fast dreizehn und schon viel größer als sie! Stattdessen helfe ich Opa beim Abwasch.«
Der Tee war fertig, und ich trug das Tablett ins Wohnzimmer, wo wir Noel halb schlafend vor dem Feuer fanden. Sobald das Besteck klapperte, wurde er jedoch munter.
»Schön, hier drin wieder ein Feuer brennen zu sehen«, sagte er, »ohne hat der Raum kalt und ungemütlich gewirkt.«
»Ich dachte, es lüftet das Haus durch – alte Häuser werden ja rasch feucht und muffig, nicht wahr?«
»Ja, in der Tat. Normalerweise wäre dieser Raum jetzt, eine Woche vor Weihnachten, sonst natürlich festlich geschmückt, mit dem Christbaum in der Ecke neben der Treppe und einem Mistelzweig …«, meinte er bedauernd. »Der ganze Weihnachtsschmuck ist auf dem Speicher, aber Judes Mutter hat jedes Jahr Girlanden mit Immergrün aus dem Garten gemacht, so etwas konnte sie sehr gut.«
»Der Speicher ist abgesperrt, wie auch ein oder zwei weitere Räume«, sagte ich. »Das ist schon in Ordnung, aber hättest du die Schlüssel für Notfälle wie etwa eine geplatzte Wasserleitung?«
»Der Speicher ist nicht abgeschlossen, es ist nur so, dass die Tür klemmt und wirklich schwer aufgeht«, sagte Jess. »Das weiß ich noch vom Versteckenspielen beim letzten Weihnachtsfest. Als ich dort oben war, hat mich ewig
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