Hollys Weihnachtszauber
Baby da ist. Vorausgesetzt natürlich, dass es klappt – in meinem Alter ist das nicht garantiert.«
»Hast du da oben keine netten Männer kennengelernt? Darauf hatte ich eigentlich gehofft, und dass du diese ganze verrückte Sache mit der künstlichen Befruchtung aufgibst«, fragte sie erwartungsvoll.
»Ja – Noel Martland ist ganz reizend, aber er ist steinalt und verheiratet. Und ich schätze, man könnte auch sagen, ich habe Jude Martland kennengelernt, zumindest übers Telefon, aber ich bin wirklich froh, dass ich abreise, bevor er zurückkommt, denn er ist egoistisch, anmaßend und tyrannisch … Ganz abscheulich! Ich glaube, das Einzige, was ihm wirklich etwas bedeutet, sind sein Pferd und sein Hund.«
»Du scheinst ja anhand weniger Telefongespräche eine ganze Menge über ihn herausgefunden zu haben«, meinte sie amüsiert.
»Wir kriegen jedes Mal Streit – er ist absolut unausstehlich. Außerdem hat er eine unheimlich tiefe Stimme und grollt mich sozusagen durchs Telefon an.«
»Was, etwa eine dieser tiefen Stimmen, die bei Frauen den Schlüpfer zum Beben bringt?«, fragte sie interessiert. »Mit einem Vibrato, das einem den Rücken rauf- und runterläuft?«
»Laura!«, rief ich aus und lachte. »Aber ja, das stimmt, und wenn er nicht immer so patzig zu mir wäre, könnte es wahrscheinlich durchaus sexy sein. Und unglücklicherweise kann ich es mir offenbar nie verkneifen, auch zu ihm ganz scheußliche Sachen zu sagen, was sonst gar nicht meine Art ist: Normalerweise gelingt es mir, eine rein geschäftliche Beziehung zu wahren, ganz gleich, wie sehr man mich provoziert. Allerdings ist er mir nicht nur wegen seiner Anrufe unsympathisch, sondern auch, weil ich sehe, wie sein Verhalten sich auf all die Menschen hier auswirkt.«
Und ich erzählte ihr, wie er seine Pflicht, sich um seine Familie und die alten Leute im Dorf zu kümmern, vernachlässigt und sich, nachdem er die Bekanntmachung der Verlobung seines Bruders mit seiner Ex gesehen hatte, in einer Anwandlung von Jähzorn aus dem Staub gemacht hatte.
»Wahrscheinlich war er so aufgebracht, dass er gar nicht richtig darüber nachgedacht hat«, vermutete Laura.
»Kann sein, aber nachdem er Zeit zum Nachdenken hatte, hätte er ja zurückkommen können, oder? Und weil die Chirks seine Tante und seinen Onkel zum Weihnachtsessen eingeladen hatten, war er offenbar der Meinung, dass ich mit Freuden dasselbe tun sollte … und tatsächlich«, fügte ich hinzu, »mache ich das auch.«
»Was, für seine Familie ein Weihnachtsessen kochen?«
»Ja, die Chirks haben sowieso einen riesigen Truthahn und Weihnachtspudding dagelassen. Und dann ist Tilda Martland derart gebrechlich, dass ich finde, sie sollte gar nicht erst versuchen, die Kocherei zu stemmen, vor allem, wo sie noch ihre Enkelin zu Besuch hat. Nachdem mir das klar geworden war, konnte ich gar nicht anders, als sie einzuladen.«
»Das ist aber nett von dir, Holly!«
»Nicht wirklich – eigentlich wollte ich nicht. Aber dann kam ich mir allmählich genauso fies und egoistisch vor wie Jude.« Ich seufzte. »Also habe ich mich jetzt als Gastgeberin für ein Weihnachtsessen im Familienkreis verpflichtet, unter Verwendung von Lebensmitteln, die fremde Leute in einem Haus hinterlassen haben, das mir nicht gehört und das dringend einer verdammt gründlichen Reinigung bedarf!«
»Du machst das schon, wie immer.«
»Außerdem hat es hier geschneit, und wenn das in dem Tempo weitergeht, sehe ich es schon kommen, dass wir bald von der Außenwelt abgeschnitten werden – eine so steile und schmale Serpentinenstraße wie die zum Dorf hinauf hast du noch nie gesehen! Zum Glück gibt es dort einen erstaunlich gut bestückten Laden, und im Haus sind solche Riesenmengen Vorräte, dass sie für ein ganzes Jahr reichen dürften, sofern man gern große Mengen Fisch und Wild verspeist.«
»Jude geht also auf die Jagd?«
»Nein, aber seine Tante Becca, die mit dem Pferdeverstand. Fischen geht sie auch, von daher ist sie wahrscheinlich ebenso für die Forellen und den Lachs verantwortlich – und für den ganzen tiefgefrorenen Hecht.«
»Ein Hecht? Woher weißt du, dass es ein Hecht ist?«
»Es ist alles etikettiert. Ich habe bis jetzt nie einen Hecht zubereitet, aber er soll ein guter Speisefisch sein … Ich habe ein Rezept für gefüllten Hecht in meinem altenglischen Kochbuch«, fügte ich nachdenklich hinzu.
Meine liebsten Rezeptbücher hatte ich mit meinem dicken Notizbuch zusammen immer
Weitere Kostenlose Bücher