Hollywood
Fifth Avenue untergebracht. Ein Messingschild am Staketenzaun wies darauf hin, daß die Büros sich im vierten Stockwerk befanden. Der Eingang des Hauses lag etwas tiefer als der Gehsteig, und Joe mußte ein paar Stufen hinabgehen, ehe er die schwarzgestrichene Tür und den mit hellen Fliesen ausgelegten Flur dahinter erreichte. Der Aufzug hatte ein altmodisches Scherengitter mit Jugendstilmustern. Joe stellte sich hinein und drückte den Knopf. Rumpelnd und quietschend setzte sich das Gefährt in Bewegung.
Die Empfangsdame warf ihm einen zweifelnden Blick zu.
»Ich möchte zu Miß Shelton«, sagte Joe unsicher.
»Wie ist Ihr Name, bitte?« fragte sie geschäftig.
»Joe Crown.«
»Sind Sie verabredet?«
»Ja«, nickte er.
Sie nahm ihren Telefonhörer und drückte auf eine Taste. »Miß Shelton? Sie haben Besuch. Mr. Crown.« Sie legte den Hörer zurück und zeigte auf eine Sitzgruppe, die aus einem zweisitzigen Sofa, zwei mit abgewetztem Leder bezogenen Sesseln und einem Couchtisch bestand, der mit Zeitschriften, Illustrierten und Magazinen bedeckt war. »Bitte nehmen Sie einen Augenblick Platz«, sagte sie. »Es dauert ein paar Minuten. Miß Shelton ist gerade in einer Besprechung.«
Joe setzte sich. Die Wände waren mit brauner Farbe gestrichen, die an einigen Stellen schon abblätterte. Die gerahmten Stiche waren ausgeblichen.
Joe warf der Empfangsdame einen verstohlenen Blick zu. Aber sie versuchte offenbar, ihn wie Luft zu behandeln. Ihr Blick war ins Leere gerichtet.
Aus der Telefonanlage kam ein Summen. »Piersall & Marshall«, säuselte die Empfangsdame. Dann begannen ihre Augen zu leuchten. »Jawohl, Mr. Steinbeck. Ich stelle Sie sofort zu Mr. Marshall durch. Augenblick, bitte.« Sie hantierte an ihrer Schalttafel, und als sie den Hörer wieder aufgelegt hatte, schenkte sie Joe einen bedeutsamen Blick. »Das war John Steinbeck, der Schriftsteller«, sagte sie wichtig. Joe nickte. »Sie haben sicher schon von ihm gehört«, fuhr sie unbeirrt fort. »Er ist einer von unseren Klienten.«
Joe ärgerte sich. »Ich gehöre auch zu Ihren Klienten«, sagte er.
Ihre Nase schien sich ein paar Zentimeter zu heben. »Ich habe Ihren Namen bisher noch nicht sehr häufig gehört«, sagte sie.
»Das wird sich bald ändern«, erklärte er selbstsicher. Mit einem Ruck stand er auf. »Gibt es hier irgendwo eine Toilette?«
»Ja, unten im zweiten Stock, hinter dem Fahrstuhl«, sagte sie. »Aber ich glaube, Miß Shelton ist gleich soweit.«
»Dann wird sie einen Augenblick warten müssen«, sagte Joe, »es sei denn, Sie erlauben mir, in den Topf mit dem Gummibaum dahinten zu pinkeln.« Noch ehe sie antworten konnte, war er beim Aufzug und zog die Tür hinter sich zu.
***
»Miß Shelton erwartet Sie«, sagte die Empfangsdame knurrig, als Joe zurückkam. »Das zweite Büro links hinter der Glastür.«
»Vielen Dank«, sagte er.
Wie sich herausstellte, hatte Miß Shelton ein Namensschild an der Tür. Joe klopfte.
»Herein«, rief eine Frauenstimme von drinnen.
Es war ein kleines Büro. Der Schreibtisch war mit ordentlich gestapelten Manuskripten bedeckt. Miß Shelton war eine schlanke junge Frau Mitte Zwanzig, ihr sandfarbenes Haar hatte sie zu einem straffen Knoten gebunden, ihre helle Haut schimmerte matt, die klaren blauen Augen waren hinter einer Brille verborgen. Als er eintrat, erhob sie sich und gab ihm die Hand. »Mr. Crown«, sagte sie. »Ich freue mich, Sie zu sehen.«
»Das Vergnügen ist ganz meinerseits«, erwiderte Joe.
Sie wies auf den Besucherstuhl. »Waren Sie überrascht, als ich Sie anrief?« fragte sie lächelnd.
»Allerdings«, sagte er. »Ich konnte es zuerst gar nicht glauben.«
»Das war deutlich zu hören«, sagte sie. Ihre Blicke begegneten sich.
»Jetzt brauche ich ein paar Unterschriften und so etwas von Ihnen«, sagte sie.
»Ja, natürlich«, sagte er. »Ich verstehe.«
»Es geht um dreierlei«, sagte sie. »Erstens habe ich hier einen Agenturvertrag, der uns berechtigt, Sie nach jedem Rechteverkauf, den wir für Sie machen, ein Jahr lang weiterzuvertreten. Diese Frist ist nicht kumulativ – sie wird nur immer vom jeweils letzten Verkauf an gerechnet.«
Joe nickte.
»Das zweite ist, daß wir einen kurzen Lebenslauf von Ihnen brauchen, damit wir Verleger und Rezensenten, die sich für Sie interessieren, mit Informationen versorgen können. Auch ein paar Fotos könnten nicht schaden.«
»Was für Angaben brauchen Sie da?« fragte Joe mißtrauisch.
»Alter, Geburtsort,
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