Hollywood
gehört nicht zu meiner Abteilung, und in die Angelegenheiten meiner Partner mische ich mich lieber nicht ein. Heute morgen jedenfalls hat Mister B. angerufen und mir gesagt, ich soll dich hinschicken.«
»Und was ist, wenn ich nicht will?« fragte Joe.
Jamaica warf ihm einen warnenden Blick zu. »Das wäre sehr dumm. Mister B. tut dir und deinem Vater einen großen Gefallen. Und wenn er dir einen tut, dann tust du ihm auch einen. Alles andere wäre sehr, sehr dumm.«
Joe sagte nichts.
»Es ist ja nicht für immer«, sagte Jamaica. »Nur zwei oder drei Monate, bis sie wieder einen Profi haben. Die wissen doch, daß du Schriftsteller bist und daß dir der Mumm zu so etwas fehlt. Aber Mister B. hat gesagt, eine Weile könntest du die Sache schon übernehmen und dann seien deine Schulden bezahlt.«
Jamaica ließ den Wagen langsamer werden und bog dann durch den Gegenverkehr in die 92. Straße ab. Vor einem Haus, dessen Eingang mit einem gelben Baldachin überdeckt war, hielt er an und zog den Zündschlüssel ab.
Mißmutig warf Joe einen Blick auf das Haus. Auf dem Baldachin stand in weißer Schrift: UPTOWN HOUSE, möblierte Apartments. Der Eingang selbst bestand aus einer eleganten, messingumrahmten doppelten Glastür. »Gibt es da drin ein Büro, wo ich arbeiten kann?« fragte Joe.
»Das kann man wohl sagen«, erwiderte Jamaica. »Du kriegst sogar eine richtige Wohnung.«
»Wozu brauche ich denn eine Wohnung?«
»Weil du hier wohnen wirst«, sagte Jamaica. »Das gehört dazu. Mister B. hat es deinem Vater schon mitgeteilt. Er hat gesagt, es wäre schlecht, wenn du dich da sehen ließest, wo du jetzt wohnst. Die Nachbarn könnten dich bei der Einberufungsbehörde verpfeifen.«
»Da gibt's doch nichts zu verpfeifen. Ich habe ja noch gar keinen neuen Bescheid.«
Jamaica zog einen kleinen Briefumschlag aus der Tasche. Er sah zu, wie Joe ihn öffnete und die darin befindliche Mitteilung las: JOE CROWN. Kategorie: Vier-F. Ausgestellt am 22. Oktober 1942. »Jetzt hast du ihn«, sagte Jamaica gleichmütig. Joe starrte ihn ungläubig an.
»Es ist doch nicht das Ende der Welt«, sagte der Schwarze. »Und wenn du wirklich so scharf auf Pussys bist, wie du immer behauptest, wird es dir am Ende noch vorkommen, als wärst du im Paradies.«
9
Seine Mutter sah ihn mißtrauisch an. »Was soll das für ein Job als Hausmeister sein, bei dem du angeblich hundert Dollar die Woche verdienst? Und kostenlos eine Dreizimmerwohnung dazukriegst? Ein Hausmeister muß froh sein, wenn er einen Verschlag unter dem Dach oder ein Kellerloch bekommt. Und Gehalt kriegt er gar nicht. Da steckt doch was dahinter, mein Junge! Wahrscheinlich endest du im Gefängnis oder noch schlimmer.«
»Du meine Güte! Stell dich bloß nicht so an, Mutter!« erwiderte Joe. »Erstens bin ich kein Hausmeister, sondern Verwalter. Ich verwalte siebzig Wohnungen und Mieteinnahmen von sieben- oder zehntausend Dollar die Woche. Und zweitens habe ich genug Zeit zum Schreiben. Und darauf kommt es ja an. Dieser Scheck über hundertfünfzig Dollar von ›Colliers‹ ist erst der Anfang.«
»Erstens hast du bloß hundertachtundzwanzig gekriegt«, sagte seine Mutter, »und zweitens: Woher willst du wissen, daß du noch mal was verkaufst? Hast du irgendwelche Garantien dafür?«
»Ach, Scheiße!« sagte Joe und stand unwillig auf. Ärgerlich sah er zu seinem Vater hinüber, der ungewöhnlich still bei Tisch gesessen hatte. »Papa, könntest du ihr bitte erklären, warum ich diesen Job nehmen muß?«
Phil Kronowitz starrte seinen Sohn einen Augenblick hilflos an, dann wandte er sich seiner Frau zu. »Es ist ein guter Job, Marta«, sagte er leise. »Meine Freunde würden nichts tun, was Joe irgendwie schadet.«
»Deine Freunde«, fauchte Marta, »sind Gangster.«
Phils Gesicht wurde dunkelrot. »Gangster!« keuchte er mühsam. »Wer wollte denn sein Baby unbedingt vor dem Wehrdienst bewahren? Meine Freunde waren das nicht. Du warst das, und meine Freunde haben nur getan, was du wolltest. Jetzt hat dein Joe seine Vier-F-Karte. Und dafür muß er bezahlen, genauso wie ich! Ob dir das nun paßt oder nicht!«
»Und deswegen soll mein Sohn ins Gefängnis? Oder sich von den Bullen abknallen lassen oder noch was Schlimmeres?« kreischte Marta.
»Dein süßer kleiner Junge wird schon dann ins Gefängnis wandern, wenn sie rauskriegen, daß er einen gefälschten Musterungsbescheid hat«, sagte Phil keuchend. »Halt jetzt die Klappe, ehe ich einen Herzanfall kriege.«
Marta
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