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Holunderliebe

Holunderliebe

Titel: Holunderliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Tempel
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denn irgendetwas für dich tun?«
    »Vielleicht weiß dein Freund, der Mönch, einen Rat oder ein Kraut. Wer weiß schon, ob bei mir nicht etwas wirkt, was er bei Rothild vergebens verwendet hat. Wir sollten es auf jeden Fall versuchen. Und dann schick bitte meinen Vater zu mir ans Bett. Ich möchte mit ihm sprechen …«
    Damit überrollte sie eine weitere Wehe, und ihr Atem setzte für einen Augenblick aus, als sie versuchte, den Schmerz so gut wie möglich zu verdrängen. Thegan hielt ihre Hand, bis sie wieder atmen konnte und ihn ansah. »Meinen Vater! Hol ihn!«
    Die zierliche Frau wirkte auf Thegan stärker als jemals zuvor. Widerwillig stand er auf, drückte ihr noch einen Kuss auf die schweißnasse Stirn und begab sich dann wieder in den Nachbarraum. Er sah Routger an, der am entferntesten Ende des Tisches saß und seine Hände wrang. »Sie möchte dich sprechen, du solltest zu ihr gehen! Und ich frage Walahfrid um Rat. Vielleicht hat er ja doch noch eine Idee.«
    Als er sich auf den Weg machte, war er für einen Augenblick erleichtert, der qualvollen Enge des Hauses zu entrinnen. Er ahnte, wo er seinen Freund um diese Tageszeit – und jetzt im Winter! – finden würde. Und er wurde nicht enttäuscht: Walahfrid arbeitete in der Schreibstube an seinem Gedicht und genoss dabei ganz offensichtlich die Heizung, die aus dem steinernen Raum einen behaglichen Ort machte, an dem sich wohl die eine oder andere Stunde zubringen ließ. Die anderen Mönche sahen empört auf, als Thegan den Raum betrat, in dem weltliche Besucher nichts verloren hatten. Er lächelte entschuldigend und berührte Walahfrid an der Schulter. Als der Mönch aufblickte und seinen Freund erkannte, erhob er sich gleich. Gemeinsam traten die beiden in die kalte Luft hinaus, die in dem Kreuzgang herrschte. Ihr Atem stand in dicken Wolken vor ihren Gesichtern.
    »Warum kommst du ins Scriptorium?«, fragte Walahfrid. »Du lebst inzwischen lange genug im Kloster, um zu wissen, dass dieser Raum den Mönchen vorbehalten ist. Du siehst blass aus. Geht es um Hemma?«
    Thegan nickte. »Ich wollte sie gestern noch kurz besuchen. Doch als ich dort war, begannen bereits die Wehen. Alles lief gut – aber jetzt ist Bertrada voller Sorgen, weil eine Blutung eingetreten ist. Hemma hat mich gebeten, nach dir zu schicken. Sie denkt, dass bei ihr die Kräuter wirken könnten, die bei Rothild versagt haben.«
    Walahfrid nickte. »Ich bin gleich bei dir. Lass mich nur meine Kräuter holen – und einen warmen Umhang.«
    Damit verschwand er und ließ Thegan allein im Kreuzgang zurück. Unruhig ging dieser hin und her und spürte, wie die Kälte schnell durch seinen wollenen Umhang drang. Warum nur brauchte Walahfrid für die wenigen Schritte so lange? Es schien ihm wie eine Ewigkeit, bis er endlich die eiligen Schritte des Mönchs im Gang hörte. Gemeinsam machten sich die beiden Männer auf den Weg.
    Sie wurden von Routger bereits an der Tür erwartet. Der große, schwere Mann sah Thegan mürrisch an. »Sie hat einen Wunsch, den ich ihr in dieser Stunde wohl nur schwer abschlagen kann.«
    »Und der wäre?« Der Adelige strich sich eine widerspenstige dunkle Locke aus der Stirn und sah den Vater seiner Geliebten finster an.
    Routger zuckte mit den Achseln. »Heiraten will sie dich, egal was da kommt. Und sie hat einen Moment gewählt, an dem ich alles für sie tun würde.«
    »Gut«, sagte Thegan. »Dann wollen wir heiraten. Am besten sofort, denke ich.« Er drehte sich zu Walahfrid um, der sich bereits am Herd mit dem heißen Wasser und einem Becher zu schaffen machte. »Benötigst du meine Hilfe?«
    »Ich will Hemma einen Tee geben, der ihr guttun wird. Und während wir auf seine Wirkung warten, sorgen wir dafür, dass aus deinem Mädchen eine ehrbare Frau wird.« Sorgfältig zerrieb er die Zutaten in einem kleinen Mörser aus Metall, den er aus seiner Tasche hervorgeholt hatte. Thegan roch ein würzig-frisches Aroma. Sein Unterbewusstsein sagte ihm, dass er diesen Duft schon einmal wahrgenommen hatte, aber ihm wollte nicht einfallen, wann das gewesen war.
    Walahfrid gab das dunkelbraune Pulver in den irdenen Becher und goss das kochende Wasser darüber. Dann deckte er den Becher ab und wandte sich wieder Thegan zu. »Ich denke, das sollten wir ein Weilchen stehen lassen, bevor es seine Wirkung entfaltet. Zeit genug, um euch zu vermählen.« Er drehte sich zu Routger um. »Kommst du mit?« Mit einem Nicken erhob Routger sich und folgte den beiden

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