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Homicide

Homicide

Titel: Homicide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Simon
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Stütze seines Teams sieht, der Worden, für den Dave Brown niemals gut genug seinkann, der Mann, den Rick James liebevoll seinen Partner nennt. Zwei Tatorte, zwei Autopsien, zwei Familien, die benachrichtigt sein wollen, zwei Reihen von Vernehmungen, zwei Sätze Akten, zwei Ausflüge zum Polizeicomputer wegen der Registerauszüge von zwei separaten Gruppen von Beteiligten – und vom Big Man kein Wort der Klage. Nicht einmal die vage Andeutung, dass Waltemeyer den Mord im Eastgate vielleicht allein bearbeiten möchte, oder dass Kincaid die Sache in der Lexington Street durchaus auch ohne zweiten Ermittler schaffen könnte.
    Nein, Worden hat sich eine neue Packung Zigarren besorgt, eine frische Kanne Kaffee gekocht und McLarneys Unterschrift auf einem Überstundenzettel erhalten. Er hat seit vierundzwanzig Stunden nicht mehr geschlafen, und wenn es in einem der beiden Fälle keinen Durchbruch gibt, wird er auch in den nächsten zwölf Stunden nicht in die Nähe seines Betts kommen. Es ist eine harte Strecke, ein mühsamer Weg – und für einen ausgewachsenen Mann der reine Wahnsinn, sich so seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Aber dabei kommt er einem Gefühl der Unsterblichkeit so nahe, wie es einem Cop nur möglich ist.
    Letztlich hatte er sich selbst wieder ins Leben zurückgerufen. Er hatte einfach gewartet, bis seine Wut verraucht war, gewartet, dass ihm der nächste Anruf irgendwie die unvermeidliche Heilung bringen würde. Schlichte Morde, einer nach dem anderen, jeder eine neue Variante des ewig gleichen Bösen, nichts als Verbrechen und Strafe, und dem schwer arbeitenden Cop immer in etwa gleichgroßen Brocken zugeteilt. Worden hatte oft genug vom Aufhören gesprochen und seinen Kollegen schon mehrfach versichert, dass es in ihrem Job hieß: Den Bär fressen oder von ihm gefressen werden. Und ich bin weg, bevor der Kerl hungrig wird.
    Sprüche für harte Jungs. Doch niemand hatte ernsthaft geglaubt, dass Donald Worden die silberne Marke freiwillig aus der Hand geben würde. Wenn, dann würde er gehen, weil er musste.
    Drei Tage, nachdem Worden in einer Nachtschicht zwei Morde angenommen hat, stehen die beiden Namen in Schwarz auf der Tafel. Im Fall Yergin ist der Durchbruch das Resultat von Wordens hartnäckiger Befragung des minderjährigen Lebensgefährten ihres Opfers. Er macht ihm unmissverständlich klar, dass er in Ermanglung weiterer Verdächtiger ganz oben auf seiner Liste steht. Zwei Tage später ruft der Junge – nochimmer völlig eingeschüchtert – im Morddezernat an und berichtet von dem Gerücht, dass ein paar weiße Jungs im Thunderbird des Toten im Gebiet von Pigtown und Carrollton Park durch die Gegend fahren.
    Daraufhin treffen sich Worden und Waltemeyer mit ein paar alten Kollegen vom Southern District, mit denen Worden so lange Zeit Dienst geschoben hatte. Dass die Männer vom Southern die Meldungen des Morddezernats beachteten, war ohnehin bereits bekannt, und für ihren alten Kumpel Waltemeyer waren sie sogar bereit, jeden in ihrem Revier auftauchenden Fahrer eines Thunderbird ins Präsidium schleppen zu lassen. Eine Stunde nach dem Gespräch halten zwei Polizisten vom Southern an der Kreuzung Pratt und Carey den richtigen Wagen auf und nehmen den Fahrer, einen siebzehnjährigen Stricher, in Gewahrsam. Worden und Waltemeyer bearbeiten den Verdächtigen im großen Vernehmungsraum gemeinsam, bis er gesteht, im Motelzimmer gewesen zu sein. Da er nicht weiß, dass in der Autopsie als Todesursache Ersticken festgestellt wurde, behauptet er, der alte Mann sei an einem Schlaganfall gestorben. Als die beiden Detectives die Lücken seiner Aussage gefüllt und den Raum verlassen haben, steht der Junge auf und benutzt das Einwegfenster in der Tür als Spiegel. Er drückt sich seine Pickel aus und hadert mit seinem Teint, als wäre er immer noch ein ganz normaler Jugendlicher, der sich an einem Freitagabend zum Ausgehen fertig macht.
    Der Mord in der Lexington Street, die Auseinandersetzung über einen unbedeutenden Drogendeal, wird bei der zweiten Anwohnerbefragung in der Umgebung des Tatorts gelöst. Als im 1500er-Block ein alter Mann die Tür öffnet, erkennt ihn Worden mit seinem fotografischem Gedächtnis als einen der Schaulustigen, die in der Mordnacht an der Ecke herumgelungert hatten. Kurz darauf gibt der Alte zu, die Ereignisse gesehen zu haben, und greift aus einer Reihe von Erkennungsdienstfotos das Bild des Schützen heraus. Als der Verdächtige ins Präsidium gebracht wird, ist es

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