Hongkong 02 - Noble House Hongkong
meinetwegen zu einem nicht stimmberechtigten Mitglied! Dann kann er auf die Tribüne. Und wenn Sie ihn in Ihre Loge einladen wollen, ist das Ihre Sache. Aber ein stimmberechtigtes Mitglied? Du lieber Himmel!«
»Er ist neu hier, und er ist unsicher. Er wird es schon noch lernen. Er ist ein anständiger Kerl, auch wenn er ein paar Fauxpas macht. Er ist ziemlich wohlhabend und …«
»Seit wann ist Geld ein Sesam-öffne-dich für den Jockey-Club? Wenn das so wäre, wir könnten uns vor chinesischen Immobilien- und Börsenspekulanten kaum retten. Wir hätten kaum Platz zum Furzen.«
»Da bin ich nicht Ihrer Meinung. Vielleicht sollten wir die Zahl der stimmberechtigten Mitglieder erhöhen.«
»Auf keinen Fall! Die Rennleitung kann natürlich tun, was sie will. Aber ich rate Ihnen, daß Sie sich das noch einmal überlegen.« Gornt war stimmberechtigtes Mitglied, aber kein Steward. Die zweihundert stimmberechtigten Mitglieder wählten die zwölf Stewards alljährlich in geheimer Abstimmung. Jedes Jahr stand Gornts Name auf der Liste der Kandidaten, und nie bekam er genügend Stimmen.
»Na gut«, sagte McBride, »sollte jemand ihn vorschlagen, werde ich bekanntgeben, daß Sie gegen seine Aufnahme sind.«
Gornt lächelte dünn. »Dann werden sie todsicher für ihn stimmen.«
McBride lächelte. »Diesmal nicht, Quillan. Pug hat mich gebeten, ihn mit einigen Leuten bekanntzumachen. Ich gebe zu, er tritt prompt ins Fettnäpfchen, sobald ich ihn jemandem vorstelle. Kaum hatte er ein paar Worte mit Paul Havergill gewechselt, fing er an, den Bankbetrieb in Hongkong mit dem in den USA zu vergleichen – und nicht gerade zu unserem Vorteil. Und beim Tai-Pan …« McBrides melierte Augenbrauen hoben sich. »Er freue sich, ihn kennenzulernen, sagte er, denn er wolle alles über ›die Hexe‹ Struan und Dirk Struan und all die anderen Piraten und Opiumschmuggler in seiner Vergangenheit erfahren!« Er seufzte. »Dunross und Havergill werden Ihnen ganz gewiß die Mühe abnehmen, gegen ihn zu stimmen. Sie brauchen sich also keine großen Sorgen zu machen. Ich verstehe gar nicht, warum Pug an diese Leute verkauft hat.«
»Weil er nicht sein Vater ist. Seit Sir Thomas’ Tod geht es abwärts mit General Stores. Dessenungeachtet verdient Pug seine 6 Millionen Dollar US und hat einen unkündbaren Vertrag auf weitere fünf Jahre – ihm kann also nichts passieren. Außerdem möchte er sich nach England zurückziehen. Ascot und was sonst noch dazugehört.«
»Dann ist der alte Pug ja fein raus!« McBride wurde ernst. »Das fünfte Rennen, Quillan – das Interesse ist enorm. Ich fürchte fast, es könnte zu unerlaubten Manipulationen kommen. Die Gerüchte wollen nicht verstummen, daß …«
»Doping?«
»Ja!«
»Es wird immer Gerüchte geben, und einer wird es immer versuchen. Ich finde, die Stewards leisten gute Arbeit.«
»Wir Stewards sind gestern übereingekommen, eine neue Bestimmung in die Rennordnung aufzunehmen: Ab sofort obligatorische chemische Analysen vor und nach jedem Rennen.«
»Bleibt Ihnen dazu bis Sonnabend noch Zeit? Wie wollen Sie das schaffen?«
»Dr. Meng, der Gerichtsmediziner, hat sich zur Verfügung gestellt – bis wir einen Fachmann gefunden haben.«
»Eine gute Idee«, sagte Gornt.
McBride seufzte. »Ja, aber selbst der mächtige Drache kann gegen die Schlange nichts ausrichten.« Er wandte sich ab und ging.
Gornt zögerte und begab sich dann zu seinem Trainer, der neben Pilot Fish stand und mit dem Jockey Bluey White, auch er Australier, plauderte. Nach außen hin und um seinen Amateurstatus zu wahren, war Bluey White ein leitender Beamter einer von Gornts Schiffahrtsgesellschaften.
»Guten Morgen, Mr. Gornt«, grüßten sie. Der Jockey hob einen Finger an seine Stirnlocke.
»Guten Morgen.« Gornt musterte sie und sagte dann ruhig: »Wenn Sie gewinnen, Bluey, zahle ich Ihnen einen Bonus von 5.000 Dollar. Wenn Sie nach Noble Star finishen, sind Sie entlassen. Jetzt sollten Sie sich umziehen gehen.«
»Ich werde gewinnen«, versprach Bluey White und ging.
»Pilot Fish«, sagte der Trainer mit einigem Unbehagen, »hat eine ausgezeichnete Kondition. Er wird …«
»Wenn Noble Star das Rennen gewinnt, sind Sie entlassen. Ich lege Ihnen nicht nahe, irgend etwas zu tun. Ich sage Ihnen nur, was Ihnen blüht.« Gornt nickte freundlich und entfernte sich. Er ging ins Club-Restauranthinauf und bestellte sich sein Lieblingsfrühstück.
Er war bei seiner dritten Tasse Kaffee angelangt, als der
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