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Honigtot (German Edition)

Honigtot (German Edition)

Titel: Honigtot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
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erreicht, was es immer von ihr verlangt hatte: Eine treue und demütige Künstlerin Elisabeth Malpran, die sich für ihre Kinder auf dem Altar der braunen Kultur opfern würde.
     
    * * * * *
     
    Weniger als einen Monat sollte es dauern, bis Elisabeth nach Berlin an die Staatsoper Unter den Linden zurückkehren und in Anwesenheit des Führers - neben ihm ein über alle Orden strahlender Göring, als wäre es sein Verdienst -, Premiere feiern würde.
    Ihr Mann Gustav galt weiter als verschollen.

 
     

    Kapitel 22
     
     
    MÜNCHEN
     
    „Eine Schand ist des, Frau Doktor! All die schönen Sachen, einfach so zerdeppert. Und mitgenommen haben´s nur die Papiere vom Doktor - sonst gar nix. Ich hab genau auf´passt. Des G´schirr und die Möbel und alles andere haben´s nur aus Spaß an der Freud kaputt g´macht. Wie die kleinen Buben ham´ die sich aufg´führt. Ich versteh des net, denen g´hört allen so richtig eine hinter die Ohren pratzt.“
    „Ist gut Ottilie, es ist ja vorbei“, sagte Elisabeth müde, die sich diese Litanei schon mindestens das dritte Mal seit ihrer Rückkehr hatte anhören müssen. Nicht zu rechnen Bertha, die die gleichen Klagen führte, aber wenigstens die freiwillige Verbannung in die Küche mit den Worten: „Die Kinder und die Frau Doktor brauchen jetzt was Gutes zu essen!“, angetreten hatte.
    Der Schaden war erheblich, aber es war immerhin auch noch einiges übriggeblieben.
    Ottilie und Bertha hatten sich den ganzen Tag abgemüht, Scherben gekehrt, Vitrinen, Kommoden und Schränke wieder aufgerichtet und eingeräumt, Wäsche geordnet und zerschnittene Bilder und beschädigte Möbel in den Haushaltsraum zur Besichtigung und weiteren Verwendung für die gnädige Frau zusammengetragen. Kurzum gekittet, was zu kitten war; zwei Haushaltsperlen, die eifrig um die Wette glänzten.
    Elisabeth sparte auch nicht an Lob und Trost für sie, aber nun benötigte sie selbst etwas Ruhe und scheuchte die beleidigte Ottilie aus ihrem Zimmer.
    Elisabeth spürte eine neuerliche Migräne im Anzug. Weil sie auch keinem Appetit hatte, ließ sie sich nur einen Tee von Ottilie bringen. Die Kinder aßen mit den beiden Angestellten und Biene in der Küche zu Abend.
     
    Am nächsten Morgen hatte Elisabeth wieder erhöhte Temperatur. Deborah eilte ganz früh hinunter in die Praxis, um ein Medikament für sie zu holen. Aber da war nichts mehr: alles zerschlagen oder gestohlen. Und Ottilie jammerte: „Jessas, des hab´ ich in der Aufregung ja ganz vergessen. Da sind´s auch g´wesen, die damischen Rabauken. Ach, die schöne Praxis, was wird der gute Doktor bloß dazu sagen.“
    Elisabeth fürchtete ein neuerliches, längeres Lamento. Daher schickte sie Ottilie mit der Bitte um einen weiteren Tee hinaus, in den Bertha - als unaufgeforderte Zugabe - ihr Universalheilmittel, einen gehörigen Schuss Rum, dazugab.
     
    Gegen Mittag rief Herr Albrecht Brunnmann an, aber die erschöpfte Elisabeth schlief. Deborah wollte sie nicht wecken und nahm das Gespräch daher entgegen.
    Herr Brunnmann informierte sie, dass Magda heute noch mit einem Gefangenentransport nach München II überstellt und von dort dann zum Prinzregentenplatz verbracht werden würde.
    Deborah wartete den ganzen Tag auf sie, aber Magda tauchte nicht auf. Ihre Ungeduld und ihre Befürchtungen erhoben sich unheilvoll und hoch wie ein Turm vor ihr.
    Ihrer Mutter Elisabeth ging es an diesem Tag schlecht, sie hustete und fieberte und verschlief die Aufregung ihrer Tochter - vielleicht auch, weil sich in Berthas Tee mehr Rum befunden hatte, als im medizinischen Sinne erforderlich gewesen wäre. Deborah stibitzte sich die Karte des Herrn Brunnmann aus der Tasche ihrer Mutter, aber dieser war nach Auskunft seines Büros erneut verreist.
    Am darauffolgenden Mittag war Magda noch immer nicht nach Hause zurückgekehrt und ihre Mutter Elisabeth war weiter bettlägerig. Deborah konnte die Ungewissheit nicht mehr länger ertragen. Sie beschloss, dass es nicht schaden konnte, wenn sie in der Polizeistelle München II nachfragen würde.
    Magda, obwohl fünfzehn Jahre älter als Deborah, war ihr eine enge Vertraute und Freundin geworden; sie durfte nicht im Stich gelassen werden. Außerdem, überlegte Deborah weiter - vielleicht auch, um sich hierbei selbst Mut zuzusprechen -, war etwas zu tun besser, als gar nichts zu tun.
    Angesichts der Tatsache, dass sie gerade erst eine äußerst unschöne Begegnung mit der herrschenden und willkürlichen Polizeimacht erlebt

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