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Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition)

Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition)

Titel: Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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auf die Ernte zu warten, dachte sich Will. Und während er so neben Talleyrand und hinter dem singenden Gagga gen Westen kitete, surfte oder, wie er es nannte, »auf den Wellen ritt«, dachte Will wirklich nicht mehr, dass er und seine neuen Freunde auf die dunkle Seite der Macht gehörten.
    Sie waren drei Nächte lang unterwegs. Während der Tage verkrochen sie sich auf den Truhen, banden diese zusammen, damit sie sich nicht verlieren konnten, und deckten sich mit den Segeln aus rot-weiß gepunkteter Seide zu. Sie aßen und tranken die Lebensmittel aus den Truhen, schliefen bis zum Abend und setzten ihren Weg dann ausgeruht fort, wenn die Sonne im Westen versank.
    Will liebte den Augenblick, wenn er direkt auf ihren Feuerball zusteuerte, und er riss sich das Hemd vom Leib, als sie in den Golf von Mexiko ritten und der Winter zum Sommer wurde. Delfine begleiteten sie auf dem Weg, sie flogen mit Schwärmen von fliegenden Fischen über die Wellen, und tagsüber, wenn die beiden anderen schliefen, lag Will auf dem Bauch und beobachtete unter sich majestätische Teufelsmantas, die durch das Himmelblau schwebten.
    Und mit diesen Mantas kehrte die Erinnerung an ihren ersten Tag in Old Nassau zurück. Jo und er – o ja, sein Freund Jo, der jetzt nicht mehr da war. Jo und er hatten den Windschiefen Cutter und Ratten-Eis-Fuß kennengelernt. Sie hatten erfahren, dass Moses Kahiki, der Chevalier du Soleil, dieser aufrechte Kerl, der sie vorm Galgen gerettet hatte und mit den Tieren sprechen konnte, ein Lügner und Betrüger war. Sie hatten den Turm der Chinesen durchquert und waren Zeuge geworden, wie Blind Black Soul Whistles Libertaria untergangen sein musste. Die Skelette der Soldaten bedeckten Boden und Wände, und in ihrer Mitte, im Kreis der Drachenkanonen, stand mumifiziert, das Schwert noch immer in ihrer Brust, die von Whistle getötete Witwe Chen.
    Ja, und dann trafen sie den größten Piraten, den es bis dahin auf dieser Welt gab. Will hatte seit seiner Flucht aus Berlin von ihm geträumt und in einem dieser Träume mit ihm gemeinsam dem Kraken im Bermudadreieck den golden Kompass aus der Stirn geschnitten: Honky Tonk Hank. Über den hatte ihm Moses auf ihrer Reise bestimmt schon hundert Geschichten erzählt. Doch Moses Kahiki war ein Lügner, und wie sich herausstellte, war Honky Tonk Hank eine Frau. Nein, ein siebzehn- oder achtzehnjähriges Mädchen, und obwohl Will darüber mehr als entsetzt war – Frauen und Unglück waren dasselbe –, hatte er sich trotzdem und sofort in diese Honky Tonk Hannah verliebt.
    Ja-mahn, und so saß er dann am Quai der kreisrunden Lagune, auf der sich das Schiff aller Schiffe, der Fliegende Rochen, ganz langsam und majestätisch im Mondlicht drehte. Und während er davon träumte, mit Hannah auf diesem Schiff über die Meere zu segeln, setzte sich die Piratin plötzlich zu ihm. Nein, sie setzte sich hinter ihn, umschlang ihn mit ihren Armen, und ihm, der erst vierzehn war und der befürchtete, dass sie außer dem Hut und den Schuhen der Witwe Chen nichts anderes trug, schoss das Blut in den Kopf. Dabei wollte Hannah doch nur, dass er ihr dabei half, sich für die richtigen Schuhe zu entscheiden. Denn ohne die konnte sie einfach nicht denken und keinen Plan entwerfen, wie sie ihr Schiff wieder von dem alten Blind Black Soul Whistle zurückklauen konnte.
    ›Sag es mil, Will«, lächelte Honky Tonk Hannah, während sie ihre Arme um seinen Hals schlang. »Welches Paal ist es welt, den fliegenden Lochen zu betleten?«
    Will versuchte, nicht nur ihr Knie, sondern auch die Schuhe zu betrachten, als sie den linken Fuß in dem mit goldenen Drachen beschlagenen Stiefel zurückzog und ihm den rechten zeigte. Der steckte in einem aus grüner Jade geschnitzten Pantoffel wie in einer Wolke aus Licht.
    Nordlicht oder Irrlicht, musste Will denken.
    Und: »Noldlicht odel Illlicht«, flüsterte Honky Tonk Hannah.
    Will erschrak, als er erkannte, dass sie seine Gedanken lesen konnte, doch sie strich ihm nur einfach zärtlich durchs Haar.
    »Noldlicht odel Illlicht«, flüsterte sie und bog seinen Kopf zurück, bis er sie ansehen musste.
    »Das ist die Kraft des Amuletts«, erklärte sie ihm. »Die Kraft, die in meinem Teil der Rose liegt. Der Rose der Aweiku.«
    Sie umfasste den Lederbeutel an ihrem Hals und Will schluckte und nickte. Er erkannte Hannah fast nicht. Ihr Hut war eine Kopie des Turms der Chinesen: Von seiner geschwungenen Krempe fiel ein Schleier auf ihre Schultern, dessen rote Rubine

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