Honor Harrington 17. Um jeden Preis
Erben. Sie können es selbstverständlich nicht wissen, doch Lady Harrington hat Protector Benjamin und mich vor fast zwei Monaten informiert, dass sie schwanger sei. Ich versichere Ihnen also, dass sie allen Pflichten, die ihr aus unserer Verfassung erwachsen, ordnungsgemäß nachgekommen ist.«
»Das Konklave zu informieren war nicht nur eine Tradition , Reverend«, erwiderte Mueller scharf. »Generationenlang hatte diese Anforderung Gesetzeskraft. Und diese Benachrichtigung hat lange vor der tatsächlichen Geburt des Kindes zu erfolgen!«
»Etliche irrige Praktiken besaßen ›Gesetzeskraft‹, ehe die Vorschriften unserer schriftlichen Verfassung wieder korrekt restituiert wurden, Mylord.« Zum ersten Mal war Reverend Sullivans Stimme eine deutliche Kühle anzumerken. »Die Korrektur all dieser Fehler, die sich im Laufe der Jahrhunderte eingeschliffen haben, dauert noch an, aber wesentlich ist doch, dass sie korrigiert werden .«
Mueller wollte ärgerlich etwas entgegnen, doch dann biss er die Zähne zusammen und rang sichtlich um seine Beherrschung.
»Reverend, ich nehme an, Sie haben technisch recht, was den Wortlaut des Gesetzes betrifft«, sagte er nach einer Weile sehr gefasst. »Persönlich stimme ich mit Ihrer Auslegung nicht überein. Sie sind jedoch, wie Sie gerade erst sagten, der Statthalter der Vaterkirche. Daher werde ich Ihre Deutung nun nicht infrage stellen, behalte mir aber vor, es zu anderer Gelegenheit und in anderer Umgebung unbeschadet davon zu tun.
Dennoch bleibt die Tatsache bestehen, dass die Gutsherrin Harrington unverheiratet ist; dass unser Gesetz im Gegensatz zu dem des Sternenkönigreichs von Manticore das Prinzip der Unehelichkeit eindeutig kennt und es als Hindernis für die Erbfolge ansieht und dass wir nicht einmal wissen, wer der Vater dieses Kindes ist .«
»Nein, Lady Harrington ist nicht verheiratet«, stimmte Sullivan ihm zu. »Und Sie haben völlig recht, das augenblickliche Gesetz Graysons umfasst sehr wohl das Konzept der Unehelichkeit und die Hindernisse und Beschränkungen, die normalerweise damit verbunden sind. Dennoch wäre es nicht korrekt zu sagen, dass wir – im legalen Sinne der Vaterkirche und des Schwertes – nicht wüssten, wer der Vater von Lady Harringtons Sohn ist.«
»Sie wissen , wer der Vater ist?«, fuhr Mueller auf.
»Selbstverständlich weiß ich das, und der Protector ebenfalls«, entgegnete Sullivan. Was das angeht, so weiß es der ganze Planet, ob die Leute nun bereit sind, es zuzugeben, oder nicht.
»Trotzdem«, sagte Mueller nach kurzem Schweigen, »ist das Kind nach wie vor ein Bastard. Als solcher ist er als Erbe eines Gutes nicht akzeptabel.«
Er sprach mit tonloser, harter Stimme, und mental nickte Sullivan. Mueller hatte ihm endlich eindeutig den Fehdehandschuh hingeworfen. Ob nun eine Mehrheit des Konklaves der Gutsherren mit ihm übereinstimmte und seine Position unterstützte, war eine andere Frage. Es war möglich, dass er eine Mehrheit fand, aber selbst wenn die Mehrheit ihm nicht zustimmte – was Sullivan für wahrscheinlicher hielt –, würde er dennoch entzückt die Gelegenheit ergreifen, um Honor Harringtons Ruf in den Augen der konservativeren Teile von Graysons Bevölkerung so weit zu beschmutzen wie möglich.
»Als Lady Harrington mich von ihrer Schwangerschaft informierte«, sagte der Reverend, nachdem ein langer, nachdenklicher Moment verstrichen war, »überlegte ich mir, dass solch eine Sichtweise tatsächlich aufkommen könnte. Daher habe ich meine Leute um eine kurze historische Recherche gebeten.«
»Historisch?«, wiederholte Mueller gegen den eigenen Willen, als Sullivan absichtlich innehielt und wartete.
»Ja, historisch.«
Der Reverend öffnete eine Schreibtischschublade und zog eine dicke altmodische Aktenmappe hervor. Er legte sie auf die Schreibunterlage, öffnete sie, blickte auf das oberste Blatt und sah schließlich Mueller wieder an.
»Wie es scheint, hatte 3112, vor neunhundertzehn T-Jahren, der Gutsherr Berilynko keine legitimen Söhne, nur Töchter. Damals akzeptierte das Konklave der Gutsherren den ältesten seiner etlichen illegitimen Söhne als seinen Erben. 3120 hatte Gutsherr Elway keine legitimen Söhne, nur Töchter. Das Konklave der Gutsherren akzeptierte damals den ältesten seiner etlichen illegitimen Söhne als seinen Erben. 3140 hatte Gutsherr Arnes keine legitimen Söhne, nur Töchter. Das Konklave der Gutsherren akzeptierte damals den ältesten seiner etlichen illegitimen
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