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Honor Harrington 8. Die Siedler von Sphinx

Honor Harrington 8. Die Siedler von Sphinx

Titel: Honor Harrington 8. Die Siedler von Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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    Daddy! Sie musste sofort Daddy anrufen – ihm sagen, wo sie war – ihm sagen, dass er sie holen sollte – ihm sagen …!
    Doch dazu war keine Zeit. Sie hatte es vermasselt, und zum ersten Mal in ihrem Leben sah sich Stephanie Harrington mit ihrer eigenen Sterblichkeit konfrontiert. Alle theoretischen Erörterungen, was bei schlechtem Wetter zu tun sei, alle mit ernster Stimme vorgebrachten Warnungen vor rauem Wetter drangen auf sie ein, und alle waren sie überhaupt nicht mehr theoretisch. Sie schwebte in Lebensgefahr, das wusste sie genau. Kontragravtornister hin oder her, ein Sturm wie der, der sie verfolgte, konnte sie mit der gleichen Beiläufigkeit aus der Luft wischen, mit der sie eine Fliege erschlug, und ebenso tödlich enden. In den nächsten Minuten konnte ihr Leben zu Ende gehen, ein Gedanke, der ihr tiefe Furcht einflößte. Aber sie geriet nicht in Panik.
    Jawohl, sie musste Mom und Daddy anrufen, aber sie wusste bereits, was die Eltern ihr befehlen würden, sobald sie den Kontakt hergestellt hatte: so schnell wie möglich zu landen. Bei einem Versuch, heil am Boden anzukommen, durfte Stephanie sich auf keinen Fall davon ablenken lassen, ihren Eltern gleichzeitig ihre genaue Position zu erklären – schon gar nicht, wenn sie durch diese massiv wirkende Blätterdecke manövrierte.
    Erneut legte sie sich in die Kurve. Sie zitterte vor Furcht. Verzweifelt suchte sie nach einer Öffnung, so klein sie auch war, und die Luft zitterte spürbar, als hinter Stephanie der Donner grollte.
     
    Klettert-flink erhob sich auf Echtpfoten und Handpfoten; seine Lippen entblößten nadelspitze weiße Zähne, als eine Flut des Entsetzens über ihn hinwegwogte. Tief in ihm hallte sie wider und weckte den uralten Instinkt, der da sagte: Kämpfe oder flieh! Dass seine Art diesen Instinkt mit den Menschen teilte, wusste er indes nicht. Doch … dieses Entsetzen war nicht sein eigenes!
    Er brauchte einen Augenblick, bis er das begriffen hatte, und doch, es stimmte. Nicht er empfand Furcht, sondern das Zwei-Bein-Junge; noch während die Furcht an ihm zerrte, überkam ihn tiefe Verwunderung. Noch immer war er zu weit von dem Jungen entfernt; das Geistesleuchten eines Angehörigen seiner Art hätte er auf diese Entfernung noch gar nicht spüren können, aber das Geistesleuchten dieses Zwei-Beins war für ihn so deutlich wie ein Waldbrand: Es schrie um Hilfe, ohne zu wissen, dass es Klettert-flink erreichen konnte. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Peitschenhieb. Er schüttelte den Kopf, dann preschte er wie ein cremefarbengrauer Blitz über den Ast des Baumes, den die Menschen Pfostenholz genannt hatten. Sein flauschiger Schweif flog ihm wie ein Banner hinterher.
     
    Stephanie verlor allmählich die Hoffnung. Das Gewitter hatte sie nun schon fast eingeholt, die ersten weißen Hagelkörner prasselten auf die Bespannung ihres Drachens, und ohne den Kontragrav wäre sie bereits abgestürzt. Viel länger aber konnte selbst der Kontragravtornister sie nicht mehr vor den immer stärker werdenden Turbulenzen schützen, und …
    Als die Rettung vor ihr auftauchte, rissen ihre Gedanken ab. Zwischen den Baumwipfeln erschien eine Lücke, die schwarze, gezackte Narbe eines alten Waldbrands. Als Stephanie sie erspähte, unterdrückte sie ein dankbares Aufschluchzen. Bei solchen Wetterverhältnissen würde es bei diesem Untergrund noch immer eine raue Landung werden, trotzdem wirkte die Brandschneise erheblich einladender als das undurchdringlich wirkende Geflecht aus Ästen, die unter ihr im Wind peitschten und schlugen. Stephanie legte sich in die Kurve und flog die Schneise an.
    Fast hätte sie es geschafft.
     
    Klettert-flink rannte, wie er in seinem ganzen Leben noch nie gerannt war. Irgendwoher wusste er, dass er einen Wettlauf gegen den Tod bestritt. Keine Sekunde überlegte er, was jemand von seiner Größe denn schon tun könne, wenn ein so großes und überlegenes Wesen wie ein junges Zwei-Bein sich nicht selbst zu helfen vermochte. Doch das war nun nicht wichtig, allein das Entsetzen zählte, die Furcht – die Gefahr –, denen sich das fremde Bewusstsein in seinem Bewusstsein gegenübersah. Als hätte er den Verstand verloren, rannte er dieser Bedrohung entgegen.
     
    Die Windstärke war Schuld. Trotz des stürmischen Wetters hätte Stephanie es geschafft, doch im letzten Augenblick hämmerte ein plötzlicher Fallwind auf sie ein, und das war zu viel. Im Augenblick vor ihrem Aufprall wusste sie genau, was geschehen

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