Honor Harrington 8. Die Siedler von Sphinx
Großherzogtum … Ich kann sie doch nicht an Sie vermieten, Sir Hakon.«
»Soweit ich verstanden habe, Lord Orloff«, sagte Mincio nachdenklich, »hat Ihre Regierung das Schiff doch dazu abgestellt, dass Sie nach eigenem Ermessen eine Sammlung alphanischer Artefakte zusammentragen können, oder nicht?«
Orloff schluckte. »Ja, das stimmt«, sagte er. Seine Offiziere hielten sich von ihm fern und musterten ihn, wie sie einen Selbstmordkandidaten vor einem Fenster im hundertsten Stockwerk betrachtet hätten.
»Dann würde ich sagen, dass Sie durchaus autorisiert sind, Ihr Schiff an Lord Nessler zu vermieten«, sagte Mincio. »Schließlich könnten Sie nicht mehr viele Artefakte sammeln, wenn Ihr Hirn über knapp einen Hektar Wüstensand verteilt wäre, alter Freund.«
Orloff sprang auf, und Mincio befürchtete schon, dass er sich zu etwas hinreißen ließe. Doch stattdessen wandte sich der Melungeoner ab und erbrach sich in den Sand. Er sank in die Knie und hielt nur dadurch seinen Oberkörper aufrecht, dass er sich mit einer Hand an die Tischkante klammerte.
»Also einverstanden«, sagte er mit gebrochener Stimme. »Einen Monat lang die Colonel Arabi . Dann sind wir quitt.«
Nessler sah an ihm vorbei, um sich zu vergewissern, dass Rovald die Szene aufgezeichnet hatte. »Sehr gut«, sagte er und nahm rasch den Gewinn an sich, bevor Orloff am Ende noch den Tisch umstürzte und das Geld in die Lache vor ihm rutschte. »Eigentlich sollte der Kutter auch noch zum Geschäft gehören, aber darauf werde ich nicht bestehen.« Er grinste die noch immer wie vom Blitz gerührt dastehenden Melungeoner an. »Stattdessen nehme ich lieber die Pinasse der L’Imperieuse .«
In Kuepersburg gingen bereits die ersten Lampen an, während Nessler den Flugwagen in gemächlichem Tempo zurückflog. Auf Hope waren die Tage kurz, dieser aber war vergangen, ohne dass Mincio sonderlich viel davon mitbekommen hatte.
Sie drehte sich zu dem Diener und der Technikerin auf der Rückbank um. »Rovald«, sagte sie, »dieses Spiel haben Sie gewonnen. Mit Ihrer Hilfe könnte sogar ein Kind einen Berufsspieler schlagen.«
»Vielen Dank, Ma’am«, entgegnete Rovald. Seit Mincio sie bei Beginn des Spiels so unwirsch zum Schweigen gebracht hatte, war sie ungewöhnlich steif und verschlossen gewesen. Nun endlich entspannte sie sich – und war nur noch so steif und verschlossen wie sonst auch.
»Sie waren beide großartig«, sagte Nessler. Er seufzte. »Jetzt muss ich mir nur noch eine Möglichkeit einfallen lassen, wie ich einen Leichten Kreuzer mit siebenunddreißig Mann Besatzung und einem sehr eingerosteten Astrogator von Hope nach Air bekomme.«
Plötzlich verwand sich Mincio auf ihrem Sitz. Stechender Schmerz erinnerte sie daran, wie sehr sie sich verkrampft hatte, während sie das Kartenspiel beobachtete. »Wir müssen doch nicht gerade nach Air?«, fragte sie. »Ich dachte, Sie wollten mit dem Kreuzer die Havies abschrecken, falls sie sich hierher wagen?«
»Wenn die Havies nicht nur die Vorteile besitzen, die sie ohnehin schon haben, sondern auch noch die Initiative …«, begann Nessler. Er zog den Flugwagen hoch und setzte über die Mauern von Singhs Anwesen. »… dann vernichten sie uns mit Sicherheit. Nach allem, was ich über die Wohlfahrtsflotte gehört habe, hoffe ich folgendes: Wir greifen sie an und ziehen uns zurück; und danach lassen sie uns hoffentlich in Ruhe.«
Der Flugwagen funktionierte nicht zuverlässig genug, um damit auf der Stelle schweben zu können. Nessler ließ den Wagen daher unsanft absinken und gab dabei sein Bestes, um das Bestreben des Bugs auszugleichen, im Uhrzeigersinn herumzuschwenken.
Sie schlugen auf und machten noch ein Satz. Als die Turbinen ausliefen, fügte Nessler hinzu: »Das Problem besteht nur darin, mit einem Zehntel der normalen Besatzung so weit zu kommen.«
»Sie können sämtliche Melungeoner für sich arbeiten lassen, wenn Sie das wünschen, Sir«, warf Beresford ein. »Außer den Offizieren natürlich, aber ich glaube, das ist kein großer Verlust. Ich lasse verlauten, dass jeder einmal am Tag eine reichliche Mahlzeit bekommt. Sie werden sich gegenseitig tottrampeln, um mitzudürfen.«
Lalita und mehrere Diener des Hauses schritten in den Hof, um gegebenenfalls zu helfen. Nessler machte sich daran, aus dem Wagen zu klettern; er verharrte mit dem Bein über der Seite.
»Ist das Ihr Ernst?«, fragte er. »Ich zahle gewiss besser als mit einer Mahlzeit am Tag, das müssten Sie
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