Honor Harrington: Das Mesa-Komplott: Roman (German Edition)
Absorptionsprozess zumindest verlangsamen. Ein derartiges Vorgehen ist kriegsrechtlich betrachtet voll und ganz legitim. Wenn wir dabei denen, die versucht haben, die Seiten zu wechseln, entsprechend Schaden zufügen, könnte das weitere potenzielle Überläufer zur Vernunft bringen. Aber der vielleicht wichtigste Aspekt dieser Strategie dürfte sein, dass die Große Allianz damit einen Gutteil ihrer Kampfkraft nicht mehr für Offensiveinsätze nutzen könnte, sondern in die Defensive gehen müsste. Wenn wir überall dort, wo wir sie nur erwischen können, Stippangriffe durchführen, wird die Allianz zahlreiche Kampfschiffe zur Systemverteidigung und zum Schutz von Handelskonvois abstellen müssen.«
Kingsford ließ seine Worte erst einmal nachwirken. Nachdenklich nickte Kolokoltsov.
»Das klingt wirklich sinnvoll«, räumte er ein. »Aber ich weiß noch nicht, warum Sie der Meinung sind, wir sollten auf Krieg setzen. Sie haben doch selbst gehört, was Captain Gweon gerade über den derzeitigen taktischen Vorteil der Mantys gesagt hat.«
»Sir, bei der Strategie, die ich Ihnen gerade vorgeschlagen habe, würden vor allem Schlachtkreuzer und leichtere Schiffe zum Einsatz kommen, keine Wallschiffe. Das bedeutet, wir müssten nicht die Kosten tragen, schwere Großkampfschiffe zu mobilisieren. Diese Schiffe haben einen immensen Besatzungsbedarf und verbrauchen gewaltige Ressourcen, und dabei tragen sie kaum zur tatsächlichen Kampfkraft bei. Bereits jetzt verfügt die Grenzflotte über zahlreiche Schlachtkreuzer – und dazu gibt es natürlich auch noch die der Schlachtflotte. Schlachtkreuzer können wir ungleich schneller bauen lassen als Superdreadnoughts. Außerdem müssen wir wohl davon ausgehen, dass die angeblich übertriebenen Berichte über die gesteigerte Leistungsfähigkeit manticoranischer Trägheitskompensatoren vielleicht doch der Wahrheit entsprechen. Sollte das der Fall sein, haben unsere Schlachtkreuzer gegen die Beschleunigungswerte der gegnerischen Superdreadnoughts eine Chance, unsere Großkampfschiffe dagegen nicht.
Einer der Punkte, bei denen ich anderer Meinung war als Rajampet, war seine feste Überzeugung, ein hinreichend kampfstarker Verband aus Superdreadnoughts müsse dank der vereinigten Raketenabwehr in der Lage sein, einem Angriff der Mantys zu widerstehen, und zwar trotz deren signifikant besseren Raketen. Nach dem, was Admiral Crandall widerfahren ist, war ich hier deutlich skeptischer. Filaretas Niederlage bestätigt mich in meinen Vermutungen. Großkampfschiffe zu entwickeln und zu bauen, die derart gewaltigen Salven gewachsen sind, wie sie Harrington gegen die Elfte Flotte zum Einsatz gebracht hat, wird, ich bedauere, das sagen zu müssen, einiges an Zeit kosten. Diese Zeit haben wir nicht. Was heißt: Unter den gegebenen Umständen haben Schlachtkreuzer ebenso gute Aussichten wie unsere bisherigen Superdreadnoughts.
Eingedenk dessen, und wenn man dann noch berücksichtigt, dass Technodyne der Elften Flotte die Möglichkeit verschafft hat, Raketen ebenfalls von Gondeln aus zu starten, komme ich wieder dazu: Die zurzeit beste Strategie für uns ist, Raids auf die Handelsschifffahrt und die Infrastruktur durchzuführen, und zwar mittels Schlachtkreuzern und leichterer Schiffe, ausgestattet mit Raketengondeln. Gleichzeitig sollten wir mit aller Macht die Weiterentwicklung der neuen Technodyne-Vögelchen vorantreiben. Wir wissen, dass die Mantys und die Haveniten Raketen entwickelt haben, deren Reichweite denen von Technodyne zumindest gleichkommt. Die gegnerischen Raketen verfügen obendrein über schwerere Gefechtsköpfe und ungleich bessere Systeme zur elektronischen Kampfführung. Da uns das bekannt ist, wissen wir jetzt auch, dass es möglich ist, derartige Raketen zu bauen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es uns deutlich leichter fallen wird, das nachzubauen, was die Mantys und die Haveniten ersonnen haben, als ganz von vorn mit Neuentwicklungen zu beginnen.
Was ich vorschlage, erscheint mir die beste Möglichkeit, die Große Allianz in die Defensive zu drängen oder zumindest deren Offensiven gegen uns einzudämmen. Und das sollte uns die Zeit verschaffen, die derzeitig verfügbaren Technodyne-Plattformen so weit zu verbessern, dass wir es beizeiten mit der Hardware des Gegners aufnehmen können. Ich halte es zwar für wahrscheinlich, dass die Leistungswerte unserer Raketen letztendlich immer noch schlechter ausfallen als die der Mantys. Aber wenn wir zahlenmäßig die
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