Hoppe
Eishockeyschläger zu erschlagen versuchte) und von Menschenfressern, vor denen man sich in Acht nehmen müsse. (Drugs, Pearce und Voss seien ihnen bereits genauso zum Opfer gefallen wie Sister McKillop, und jetzt seien sie auf Joey und Quentin aus!)
An Rückkehr sei allerdings nicht mehr zu denken, nichts und niemand auf der Welt werde sie dazu bringen, aufzugeben und umzukehren, und wenn sie bis ans Ende der Welt gehen müsse. Immer wieder klagte sie über eine entsetzliche Schwere in den Beinen und bat darum, man möge ihr endlich diese lästigen Ketten von den Füßen nehmen, die ihr das Gehen so mühsam machten. Es sind nicht die Ketten, sagte ich, es ist bloß dein Rucksack, was kein Wunder ist bei dem, was du so alles mit dir herumschleppst. Meine Güte, leg ihn doch einfach mal ab, ich trage ihn gern eine Weile für dich, dann kommst du garantiert besser voran. Aber sie dachte gar nicht daran, ihn abzulegen, kommt gar nicht in Frage, sagte sie, kommt gar nicht in Frage.
Die ganze Zeit über klagte sie über grausamen Durst, wollte aber nichts trinken, weshalb ich sie schließlich dazu zwang. (Nichts Besorgniserregendes, hatte der Arzt gesagt, reine Erschöpfung, reine Überspannung, sie muss bloß schlafen und trinken, vor allem viel trinken.) Du musst trinken, sagte ich, wer nicht hören kann, muss trinken, wenn du nicht trinken willst, musst du sterben. Der Gedanke an den Tod schien sie irgendwie zu erheitern, sie lachte und griff meine Hand, während ich versuchte, sie aufzurichten und ihr etwas Wasser einzuflößen. Das Trinken fiel ihr unendlich schwer, sie versuchte es trotzdem, aber spuckte, was sie getrunken hatte, gleich wieder aus. Ich gab trotzdem nicht auf, ich fing immer wieder von vorne an.«
Drei Tage und drei Nächte, berichtet Haman, habe er neben Felicitas’ Bett gesessen und sich nicht vom Fleck gerührt. Und drei Tage und drei Nächte lang habe Felicitas unaufhörlich gesprochen. (Das dürfte vermutlich übertrieben sein./fh) Am Morgen des vierten Tages (der erste Adventssonntag) ist die Krise überstanden: »Felicitas hörte auf zu reden und schlief endlich ein.«
Kurz vor Weihnachten besteht Felicitas ihr Examen ( MA ) und packt noch am selben Tag ihre Koffer. »Ein Freitag«, wie HHH in seinen Notizen festhält, »was mich mit einer gewissen Wehmut erfüllte, weil die Freitage unsere Tanztage waren, an denen wir in den
Vetsclub
gingen, um dem taubstummen Drillingstrio zu lauschen, das im Sommer seinen einarmigen Schlagzeuger verloren und durch einen blinden jungen Mann aus meiner Literaturklasse ersetzt hatte, der Slow Joe (gemeint ist vermutlich Joey Blyton/fh) hieß und gelegentlich, unerwartet schwermütig in ein Horn blasend, lauter Stücke ins Spiel brachte, die vorher nie ins Repertoire gekommen wären und auf die sich beim besten Willen nicht tanzen ließ, weil er bei allem, was er spielte, auf ein merkwürdig halbiertes Tempo setzte.
Allerdings wollte Felicitas an diesem Abend auch gar nicht tanzen. Sie war nicht in Stimmung, starrte stattdessen am Tisch sitzend düster ins Glas und schien wild entschlossen, sich zu betrinken. (Wer nicht fühlen kann, muss trinken!) Nach dem fünften Gin Tonic brachen wir auf mein Drängen hin auf, ohne dass Felicitas sich bei der Band verabschiedet hätte, was für sie ungewöhnlich war und was sie, als wir bereits draußen vor der Tür standen, mit der einfachen Formel kommentierte: Der Abschied bricht mir das Herz.
In dieser Nacht taten wir beide kein Auge zu. Stattdessen blieben wir rauchend am Küchentisch sitzen und tranken im Licht der Adventskranzkerzen (sie bestand immer noch auf dem Kranz und hatte sich, ganz gegen ihre Gewohnheit, erlaubt, die vierte Kerze vor ihrer Zeit anzuzünden) weiter, bis es langsam hell wurde und Felicitas sich daran erinnerte, dass sie ein Auto bestellt hatte, das sie um acht Uhr im Verleih abholen sollte. Es war übrigens das erste Mal, dass sie, die ewige Beifahrerin, beschlossen hatte, allein zu fahren, weshalb ich mir Sorgen machte, nicht nur, weil sie wirklich eine miserable Fahrerin war, sondern weil sie, genau wie ich, immer noch ziemlich betrunken war. Aber Felicitas beruhigte mich, sie fahre nicht weit (über ihre Reiseroute hatte sie mich im Dunkeln gelassen) und werde mich von unterwegs auf dem Laufenden halten.
Um 7 a.m. saßen wir immer noch in der Küche. Ich erinnere mich daran, wie übel mir war, während Felicitas bereits Kaffee kochte und längst damit beschäftigt war, Spiegeleier
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