Hornblower 06 - An Spaniens Küsten
Achtersteven bekommen, Sir; bitte um Verzeihung, Sir. Sie haben doch das Quieken hören müssen, Sir.«
»Allerdings«, nickte Hornblower.
Offenbar handelte es sich um ein paar der Offiziersmesse gehörende Schweine. Hornblower atmete auf.
»Es geht ihr schon wieder besser, Sir. Der Schlachter hat ihr 'ne Handvoll Teer draufgeklebt.«
In diesem Augenblick erschien der Wundarzt Walsh mit der Meldung, daß es keine Verluste gegeben habe.
Gerard wandte sich an den Steward.
»Schön«, sagte er. »Wir werden gebratene Kuddeln bekommen und auch die Lende. Sorgen Sie dafür, daß die Schwarte recht knusprig wird. Wenn's noch mal so'n Leder gibt wie das letztemal, als wir ein Schwein schlachteten, dann entziehe ich Ihnen den Grog. Wir haben Zwiebeln und Salbei und ein paar Äpfel, aus denen Sie Soße machen. Daß Sie aber keine Nelken an die Soße geben, Loughton. Mir ist es gleichgültig, was die anderen Herren sagen. In den Apfelpie gehören sie, aber nicht zum Schweinebraten. Machen Sie sich gleich an die Arbeit. Den einen Schinken bringen Sie mit schönem Gruß von mir in die Deckoffiziersmesse, den anderen braten Sie ebenfalls, damit wir kaltes Fleisch zum Frühstück haben.«
Gerard schlug zur Unterstreichung seiner Anweisungen wiederholt mit dem Zeigefinger auf die Fläche der linken Hand.
Seinem Gesicht sah man es an, daß er lebhaften Appetit verspürte. Hornblower hatte die Empfindung, daß Gerard, wenn er sich nicht um Frauen kümmern konnte, alle außerdienstlichen Gedanken dem Wohl seines Magens widmete. Eigentlich hätte ein Mann, der während einer Mittelmeerreise an einem glühenden Julinachmittag mit Vergnügen an gebackene Kuddeln und Schweinebraten denken konnte, selbst feist wie ein Schwein sein müssen, aber Gerard war schlank, hübsch und gepflegt. Mit einem vorübergehenden Gefühl der Eifersucht dachte Hornblower an den kleinen Bauch, der sich bei ihm selbst zu entwickeln begann.
Indessen geisterte der Oberst Villena wie eine verlorene Seele auf dem Achterdeck umher. Offensichtlich sehnte er sich fieberhaft danach, wieder ein Gespräch anknüpfen zu können, und Hornblower war der einzige Mensch an Bord, der hinreichend Spanisch sprach. Überdies stand Villena selbst im Range eines Kapitäns z. S. und konnte daher erwarten, Gast des Kommandanten zu sein. Hornblower aber war sich bewußt, daß er sich lieber an Schweinefleisch überessen würde, als das Geschwätz Villenas zu erdulden. »Sie scheinen heute abend ein Fest feiern zu wollen, Mr. Gerard«, sagte er.
»Jawohl, Sir.«
»Würde es mir wohl gestattet sein, daran teilzunehmen?«
»Aber gewiß, Sir. Wir würden glücklich sein, wenn Sie uns die Ehre geben wollten.«
Aus Gerards männlichem Gesicht sprach aufrichtige Freude darüber, daß er seinen Kommandanten bewirten durfte. Diese Empfindung war so offensichtlich echt, daß Hornblower das Herz warm wurde, wenn er sich auch ein wenig über den Grund dieser Selbsteinladung schämte.
»Verbindlichsten Dank, Mr. Gerard. Dann werden also der Herr Oberst Villena und ich heute abend Gäste der Offiziersmesse sein.«
Wenn er nur ein wenig Glück hatte, so würde er weit genug von Villena entfernt sitzen, um keine Unterhaltung in spanischer Sprache mit ihm führen zu müssen.
Der Tamboursergeant der Marineinfanterie hatte fast so etwas wie ein Musikerkorps zusammengebracht. Es bestand aus den vier Trommlern und den vier Pfeifern der Seesoldaten. Sie marschierten unter dem Rasseln der Trommeln und dem Quieken der Pfeifen an Oberdeck hin und her und spielten dazu eine beliebte Weise, der Kehrreim lautete: Eichenfest sind unsre Schiffe, lustige Teerjacken sind wir,. ..
Die Leute schienen ihren Gefallen daran zu haben, wenn sicherlich auch jeder von ihnen in Wut geraten wäre, wenn man ihn als›lustige Teerjacke‹angeredet hätte.
Auf und nieder schritten die schneidigen Rotröcke, und das lebhafte Rasseln der Trommeln ließ die drückende Hitze vergessen. Im Westen leuchtete der Himmel noch immer in glühenden Farben, während von der anderen Seite her bereits die Nacht über dem purpurnen Meer heraufzog.
15. Kapitel
»Acht Glasen, Sir«, meldete Polwheal.
Mit einem Ruck erwachte Hornblower. Ihm war, als habe er nur fünf Minuten geschlafen, während er in Wirklichkeit über eine Stunde lang geruht hatte. Im Nachthemd lag er auf der Koje, denn während der entsetzlich schwülen Nacht hatte er alle Decken abgeworfen. Sein Kopf schmerzte, und im Munde verspürte er einen widerlichen
Weitere Kostenlose Bücher