Hornjäger (German Edition)
beschwichtigend die Hände. Er sah den anderen Männern sehr ähnlich, nur hatte er statt menschlicher Füße zwei Bocksbeine, mit denen er schnell über einen Stein sprang, um etwas Abstand zwischen sich und seine Angreiferin zu bringen.
»Scher dich weg!«, rief Larin hinüber. Die Blonde stellte sich auf die Zehenspitzen und schlug ruckartig mit ihren Hörnern nach dem Aigiden. Mit schnellen Schritten floh er in den Wald.
Larin verdrehte nur die Augen. »Männer!« Die Blonde hockte sich wieder zu ihnen ans Ufer und suchte nach ihrer Wasserpflanze.
»Ihr Verstand hat leider nicht allzu viel Menschliches abbekommen.« Larin zuckte mit den Schultern und schnitt Euphena mit einem kleinen scharfen Messerchen die Fingernägel. »Und, Menschenmädchen? Wie ist das Leben so ganz ohne Hörner?«
»Euphena.« Sie strich sich eine nasse Haarsträhne hinter das Ohr.
Larin sah sie ein wenig verständnislos an.
»Das ist mein Name. Euphena.« Sie zuckte mit den Schultern.
Larin nickte nur. »Also?«
»Nicht anders, als sonst ... ich meine, ich kenne nichts anderes.« Sie versuchte, zu lächeln.
»Ich stelle mir das grauenhaft vor!«, meldete sich die Gescheckte zu Wort und warf die Bürste ins Gras.
»Urteile nicht zu hart!«, mahnte Larin sie. »Es kann eben nicht jeder so viel Glück wie wir haben ...«
»Wer war das überhaupt?« Euphena musste noch immer an den bocksfüßigen Mann denken.
Larin schnaubte. »Ein Eleve, was denn sonst?«
Euphena nickte verständig, in Wirklichkeit aber verstand sie rein gar nichts mehr.
»Du solltest dir die ganze Sache übrigens nicht so zu Herzen nehmen.« Larin kramte in ihrem Beutel und zog einen Kamm hervor.
»Leichter gesagt, als getan.« Euphena versuchte wieder ein Lächeln.
Die Aigidin begann, mit gleichmäßigen Zügen ihr Haar durchzukämmen. »Hast du Sehnsucht nach dem Mann, der am Dorfplatz angekettet sitzt?«
»Nein.« Euphena biss ihre Zähne zusammen.
Larin musterte sie nachdenklich und zog sie dann an den Haaren. »Doch hast du!«
»Ich ... es ist kompliziert!« Euphena schlug nach Larins Hand.
»Das ist es immer. Böcke sind da nicht anders!« Mit flinken Fingern klemmte sie Euphena goldverzierte Perlen ins Haar.
»Lass ihn leiden!«
Euphena sah sie unverständig an.
»Was? Das hilft!« Die Gescheckte hob verteidigend die Arme.
Larin lachte und machte sich daran Euphenas Haar einzuflechten. Sie selbst trug ihre zwei Zöpfe außen, sodass es aussah, als lägen sie direkt am Kopf. Optisch eine elegante Verlängerung ihrer Hörner, wie Euphena fand. »Stimmt es, dass du wegen Vaters Horn gekommen bist?«, fragte sie schließlich.
Euphena lachte freudlos. »Eine äußerst dumme Idee ... das weiß ich jetzt auch!«
»Ist er den so bekannt in der Welt da draußen?« Larin hörte auf Höhe ihrer Ohren auf zu flechten, und verband die beiden Zöpfe an ihrem Hinterkopf zu einem.
»Ich kenne ihn bis jetzt nur aus Geschichten ... Märchen, die man Kindern erzählt, um sie im Dunkeln zu erschrecken.« Euphena fuhr mit dem Finger über eine der Perlen.
»Das klingt ganz nach Vater.« Sie lehnte sich verschwörerisch nach vorne. »Nur mit dem Unterschied, dass er unsere Kinder tatsächlich erschrecken kommt!«
»Ist er denn so schlimm, wie alle sagen?« Euphena dachte unwillkürlich an Gefelerius.
Larin zuckte mit den Achseln. »Kommt ganz darauf an, ob er einen mag oder nicht. Wenn man sich seinen Respekt einmal verdient hat, kann man ihn ganz gut aushalten, aber wenn nicht...«
»Dann?«, fragte Euphena neugierig weiter.
»... dann wird man seines Lebens nicht mehr froh, soviel kann ich dir versichern! Und jetzt hoch mit dir, es wird Zeit dich in deine neuen Kleider zu stecken, bevor sich deine Anwesenheit an der Quelle noch weiter herumgesprochen hat.« Ein wenig spöttisch blickte sie an Euphena herab.
Larin hob einen fein säuberlich geschlichteten Wäschestapel auf einen der Felsen. Zuerst reichte sie Euphena eine der dunklen Hosen und anschließend ein langärmeliges Kleid in Dunkelgrün mit hüfthohen Schlitzen, wie sie selbst eines trug. Darüber legte ihr Larin einen ärmellosen Mantel aus schwerem Stoff um die Schultern und gürtete ihn an ihrer Taille.
»Da fehlen eindeutig die Hörner!« Die Gescheckte betrachtete Euphena nachdenklich. »Sonst würde sie sich ja ganz gut in den Sachen machen, aber ihr Kopf ist so ... leer!«
Euphena blinzelte überrascht und trat ans Wasser. Ihre Haare waren kunstvoll eingeflochten und über und über mit
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