Hornjäger (German Edition)
bedürftig! Sehr sogar!« Helwyr leerte den Humpen mit einem Zug und füllte ihn erneut.
Sie nahm ihm das Bier aus der Hand und spülte die letzten Reste des Käses ihren Hals hinunter.
»Nein, da irrt Ihr, mein Herr! Ich würde das alles auch alleine schaffen!« Sie lachte. »Ich würde Bären mit meinen Tanzkünsten verjagen und dem nächsten Banditen ein Gedicht aufsagen. Das vergessene Volk mit Hilfe eines dressierten Hündchens finden und unsere Verfolger würde ich neu einkleiden!« Das Bier wärmte ihr wunderbar die Magengegend. »In den neuen Sommerfarben ... versteht sich!« Sie nahm einen großen Schluck und rülpste laut.
»Sehr elegant!« Helwyr lachte und nahm ihr seinerseits den Becher weg.
»Wisst Ihr, Helwyr, das ist mein Problem! Ich kenne die Welt nicht. Mein ganzes Leben habe ich im Palast verbracht. Geregelte Essenszeiten und strenge Etikette. Ich bin es nicht gewohnt, vor Soldaten davon zu laufen! Mein größtes Problem war bisher, wie ich meine Haare für den Ball hochstecken sollte.« Sie kicherte. Das Bier machte sie ganz aufgeregt.
»Soldaten?« Helwyr hielt in seiner Bewegung inne.
»Ja, die Strauchdiebe, die uns jagen!« Sie lehnte sich zu ihm und flüsterte in sein Ohr. »Es sind Soldaten. Ich habe es gesehen!«
Helwyr sah sie besorgt an. »Was habt Ihr gesehen?«
»Na die Stiefel. Außerdem sind sie alle glattrasiert! Ich habe zwar keine Ahnung vom Leben in der Wildnis, mein Herr, aber ich erkenne die Bewegungen eines ausgebildeten Kriegers, wenn ich ihn sehe.« Sie fixierte Helwyr mit den Augen. »Im Gefolge ihrer Hoheiten sieht man mehr Paraden und Aufmärsche, als man ertragen möchte.« Euphena kicherte und trank weiter. »Fengus hat sie geschickt. Ich weiß es!« Plötzlich musste sie gegen aufsteigende Tränen ankämpfen. Was war nur los mit ihr? Sonst war sie doch auch nicht so wehleidig. »Er hasst mich! Ich kann ihn ja verstehen; ich hab mein Leben selbst versaut! Ich hatte alles und jetzt habe ich nichts mehr!« Euphena leerte den Krug. Sollte Fengus sich seine Befehle doch in sein Hinterteil schieben. Ihr war es egal!
»Aber jetzt seid Ihr hier bei mir! Außerdem habt Ihr eine rechtsgültige Wette abgeschlossen. Noch besteht also Hoffnung!« Helwyr wand ihr vorsichtshalber den Humpen aus den Fingern, außerdem wollte er auch noch ein Schlückchen.
»Gibt es Hoffnung für die Hoffnungslosen?« Euphena lehnte den Kopf an den Baumstamm. Die Welt drehte sich leicht.
»Das gilt es herauszufinden! Habt Ihr denn überhaupt einen Plan?«
Euphena schüttelte den Kopf.
»Vielleicht so etwas Ähnliches wie einen Plan? Hinweise? Ideen? Sonstiges?«
»Ich habe nur das.« Umständlich zog Euphena die Pergamente aus ihrem Korsett. Die Tinte war leicht verwischt, aber die Schrift immer noch lesbar.
»Oho! Der schaut ja charmant aus!« Helwyr hielt ihr die Zeichnung hin.
»Ja ich kann es auch kaum erwarten, ihrem König zu verklickern, dass ich sein goldenes Horn brauche. Das wird ein Spaß!« Sie schnaubte.
Helwyr sah sich die Pergamente durch.
»Immerhin, wir haben eine Karte.« Er starrte kurz darauf und schüttelte dann den Kopf. »Eine Karte, in der nicht einmal der Hauptstrom eingezeichnet ist. Geschweige denn Dörfer oder Wälder. Wir können von Glück sagen, wenn die Bergketten überhaupt übereinstimmen!« Helwyr rieb sich über die Narbe und strich sich die Haare aus dem Gesicht.
»Meint Ihr, wir haben überhaupt eine Chance?«
Er seufzte. »Nun ja ... die Chancen stehen schlechter, als mir lieb ist. Trotzdem wir sind unverletzt, noch bei Kräften und zu zweit ... sollte also ein Kinderspiel werden!« Er grinste sie an. »Da fällt mir ein: Könnt Ihr eigentlich kämpfen?«
Euphena lachte auf. »Reicht das als Antwort?«
»Nun dann wird es wohl Zeit, dass Ihr etwas lernt!« Helwyr leerte den Humpen mit einem Zug und rappelte sich hoch.
»Jetzt?« Euphena starrte ihn entgeistert an.
»Natürlich jetzt! Ein Gegner lässt sich auch nicht auf später verschieben!« Er streckte ihr die Hand hin. »Kommt, solange das Licht noch ausreicht.«
Sie ließ sich hochhelfen und musste sich sofort am Stamm festhalten. Den letzten Humpen hätte sie nicht trinken sollen.
»Na los! Greift mich an!«
Euphena tapste zu Helwyr auf die Wiese. »Weshalb sollte ich Euch angreifen?«
»Tut es einfach! Denkt daran, dass ich Eure Stiefelchen ruiniert habe!«
Euphena schlug zu. Dafür wollte sie ihm wirklich eine verpassen! Helwyr wich aus, drehte sich und warf sie zu Boden.
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