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Horror Factory 10 - Rachegeist

Horror Factory 10 - Rachegeist

Titel: Horror Factory 10 - Rachegeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Endres
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gelungen.
    Lag das daran, dass ich es nicht hart genug versucht habe, oder hat es konkret diesen Anlass gebraucht?
    Der Priester beendet sein Gebet mit einem stilvollen Satz über Aufrichtigkeit und Vergebung, den ich gerne um die eine oder andere private Anekdote ergänzen würde.
    Wäre sicher ein Knaller.
    Ein echter Schocker.
    Denise schluchzt.
    Mike legt einen Arm um seine Familie.
    Becca lässt ihre Tränen lautlos frei.
    Stolz.
    Gut so, Kleine.
    Marcs Gesicht ist wie aus Stein gemeißelt.
    Ich schwebe vor ihm.
    Sehe ihm in die Augen.
    Suche nach einem Hauch von Skrupel oder Scham.
    Etwas, das mich zur Umkehr bringen könnte.
    Doch da ist nichts.
    Ich gleite weiter zu Elizabeth.
    Verharre direkt vor ihr.
    Sie trägt einen großen Hut mit Schleier.
    Für mich kein Hindernis.
    Ich blicke wortwörtlich hinter den Schleier.
    Sie weint ebenfalls.
    Lautlos wie Becca.
    Und da ist das letzte Puzzlestück.
    Der Grund, wieso ich wohl wirklich hierhergekommen bin.
    Elizabeth’ Trauer bedeutet mir nichts.
    Dafür ist es zu spät.
    Für Reue.
    Für Frieden.
    Für Vergebung.
    In der Zwischenzeit wird mein Sarg herabgelassen.
    Es ist ein schöner Sarg, soweit ich das beurteilen kann.
    Der Gedanke, dass mein Körper darin liegt, lässt mich weitgehend kalt.
    Das Wichtigste ist hier.
    Was mich ausgemacht hat und noch immer ausmacht.
    Mein Wesen.
    Meine Gedanken.
    Mein Verständnis für Verrat und Vergeltung.
    Nach der Aussegnung kommt das obligatorische Schäufelchen Erde, und hier und da wirft mir jemand eine Rose hinterher.
    Anschließend teilt sich die Trauergemeinde in Grüppchen auf, um über meine Verfehlungen und Bestleistungen zu plaudern.
    Plötzlich stehen sich Elizabeth und Nigel zwischen den Grabreihen gegenüber.
    Unfähig, einander auszuweichen, wenn sie nicht über fremder Leute Gräber springen wollen.
    Würde zu gerne hören, was sie sich zu sagen haben.
    Allerdings ist es noch interessanter, was Marc und mein Verleger Donald zu bereden haben, und so überlasse ich Nigel und Elizabeth ihrem unverhofften Wiedersehen.
    »Ich kann dir das Manuskript morgen vorbeibringen«, sagt Marc. »Und dann besprechen wir die Details. Elizabeth kommt sicher auch mit.«
    »Ist es nicht zu früh? Wegen …«
    Donnie deutet mit dem Kinn in Richtung meines Grabes.
    Danke für gar nichts, du profitgeiler Scheißkerl.
    Marc zuckt mit den Schultern.
    »Ablenkung tut ihr jetzt gut«, sagt er. »Außerdem will sie, dass es so schnell wie möglich veröffentlicht wird. Wegen Dylan.«
    »Du mieser Wichser«, sage ich und schwebe direkt vor Marcs Gesicht. »Dafür wirst du büßen.«
    »Hervorragend«, erwidert Donnie indes und zündet sich eine Zigarette an.
    Marc lehnt ab, als Donnie ihm die Packung hinhält.
    Was wäre es nun für eine Show, wenn Marc mich im Zigarettenrauch sehen könnte!
    Würde die Veranstaltung hier ziemlich aufmischen, wenn eine Rauchwolke Marc kreischend über den Friedhof jagt.
    »Das wird eine ganz große Nummer, mein Junge«, sagt Donnie, und nach einem Hustenanfall: »Der Schüler, der das Werk des Meisters vollendet. Respekt. Liebe. Kunst. Da ist alles drin. Das ist eine Geschichte für sich. Das Marketing liebt sie schon jetzt.«
    »Verstehe«, macht Marc und hat nun ernsthaft mit seinen Gesichtsmuskeln zu kämpfen.
    Mein langjähriger Verleger senkt die Stimme etwas.
    »Wenn du jetzt noch was mit Becca anfangen könntest …«
    Marc grinst entschuldigend.
    »Leider nicht mein Typ, Donnie.«
    Donnie grinst anzüglich an seiner Zigarre vorbei.
    »Du hast es mehr mit älteren Frauen, mh?«
    »Abschaum«, sage ich zu den beiden. »Das seid ihr. Abschaum.«
    Ich habe genug gehört.
    Das halte ich nicht länger aus.
    Da Elizabeth und Nigel sich bereits zu entgegengesetzten Enden des Trauerpulks zurückgezogen haben und Rodney sich schon abgesetzt hat, gibt es für mich nichts mehr zu hören oder zu sehen, weder hier noch dort.
    Für mich gibt es kein Hier oder Dort mehr.
    Für mich gibt es allein noch die Rache.
*
    Als ich aus dem romantischen Friedhof schwebe, ist Wild Bill nirgends mehr zu sehen.
    Die Container sind verwaist.
    »Scheiße«, sage ich, steige ein Stück in die Höhe und sehe mich hektisch in alle Richtungen um.
    Da erspähe ich den abgedrehten Obdachlosen.
    Er macht sich an einem Cabrio zu schaffen.
    Bevor ich reagieren kann, höre ich schon einen aufgebrachten Schrei.
    »Hey! Hey! Weg von meiner Karre, du Penner!«
    »Verschwinde!«, rufe ich Wild Bill zu, der wie ein ertappter Waschbär den

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