Hotel Pastis
er es ihr einst gekauft hatte, und jetzt fiel ihm ein, daß sie einmal sogar damit nach ihm geworfen hatte.
»Hallo, Simon, wie geht es dir?« Sie hielt ihm das Stückchen Wange zum Kuß hin, das von der Sonnenbrille nicht verdeckt wurde. »Du bist ja richtig braun.«
»Hallo, Caroline. Gut siehst du aus.«
»Simon, das ist Jonathan. Jonathan Edwards.«
Die beiden Männer reichten sich die Hand. Jonathan war einige Jahre jünger als Simon, dunkelhaarig und schlank. Mit seinem zweireihigen Blazer und der taubengrauen Flanellhose sah er tadellos aus, war jedoch für das Wetter viel zu warm angezogen. Sei bloß nett zu ihm, redete sich Simon ein. Er könnte der zukünftige Ehemann sein.
»Warum setzen wir uns nicht in den Schatten?«
Simon bemerkte, wie behutsam Jonathan Caroline den Stuhl zurechtrückte, bevor er sich selbst setzte. Und im Nu hatte er das Feuerzeug bei der Hand, als sie sich eine Zigarette herausholte. Ein vielversprechendes Verhalten, dachte Simon und setzte eine interessierte Miene auf, während Caroline von ihrer Fahrt durch Frankreich plauderte. Sie hatten die vergangene Nacht im nobelsten Hotel außerhalb von Paris übernachtet, und anschließend wollten sie in die Nähe von Antibes fahren. Ein Freund besaß dort eine Jacht, auf der sie ein paar Tage verbringen wollten. Es täte Jonathan so gut, ein paar Tage von der City auszuspannen, nicht wahr, Liebling? Das Wort Liebling fiel in jedem zweiten Satz, und sie berührte seine Hand auf eine scheinbar zufällige, jedoch ausgesprochen besitzergreifende Art und Weise, um ihrer Rede Nachdruck zu verleihen. Jonathan selbst sagte nichts, doch hatte er der Bequemlichkeit halber die verzierten Messingknöpfe seines Blazers aufgemacht, so daß das dicke Futter aus feinem Tuch zu sehen war. In sein blaugestreiftes Hemd war ein kleines Monogramm eingestickt. Er sah wohlhabend aus, und Simon fragte sich, ob er wohl auch in der Lage war, die Bürde von Carolines American-Express-Rechnungen zu tragen.
»Was machen Sie in der City, Jonathan?« fragte Simon und fühlte sich dabei wie ein zukünftiger Schwiegervater. »Commercial Banking. Ich bin bei Levenson’s — Spezialgebiet vertikale Integration. Ich arbeite dort mit den Managern der großen Investment Fonds zusammen.«
»Klingt faszinierend«, erwiderte Simon. »Und wo übernachten Sie heute?«
Caroline berührte wieder Jonathans Hand. »Wir dachten eigentlich, hier, nicht wahr, Liebling? Um an die Küste zu fahren, ist es doch schon zu spät.«
»Ich würde euch selbstverständlich gerne als Gäste aufnehmen.« Simon gab sich Mühe, ein enttäuschtes Gesicht zu machen und schüttelte den Kopf, als ob er gerade eine höchst unerfreuliche Nachricht erhalten hätte. »Aber wir sind voll ausgebucht. Ihr könntet es in Gordes versuchen.«
»Oh.« Caroline verzog den Mund. »Wie dumm. Ich hätte so gern ein bißchen mit dir geplaudert.«
Jonathan entschuldigte sich höflich und ging hinein, um bei ein paar anderen Hotels anzurufen. Simon nahm sich zusammen. Carolines kleine Plaudereien fingen immer süß und nett an und endeten mit Drohungen, die alte Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche. Doch als sie sich eine Zigarette anzündete, um auf direktestem Weg auf das Thema Geld zuzusteuern, kam Nicole. Sie winkte Simon, noch bevor Caroline zu ihr aufsah.
»Tut mir leid, daß ich störe, aber da ist ein wichtiger Anruf aus Amerika.«
»Ach, mein Gott.« Simon sprang auf. »Da muß ich wohl drangehen. Caroline, das ist Nicole Bouvier.«
Die beiden Frauen musterten sich mit höflicher, aber unverhüllter Neugier. Simon fühlte sich wie eine Maus zwischen zwei Katzen. »Tja, Amerika kann ich nicht warten lassen.«
Mit einem Seufzer der Erleichterung betrat Simon das Büro und schloß die Tür hinter sich. »Ich weiß nicht, wer auf diese Idee gekommen ist, aber Nicole kam wie gerufen.«
Ernest freute sich. »Es war ein Gemeinschaftswerk. Als der junge Herr sagte, Hoheit wolle gern ein bißchen mit Ihnen plaudern, habe ich gleich Schlimmes geahnt, und Nicole hat sich bereit erklärt, Sie zu erlösen. Ich glaube, in Wirklichkeit brannte sie darauf, sich die Dame mal aus der Nähe anzusehen. Sie wissen ja, wie die Frauen sind.«
»Und wo ist der Knabe jetzt?«
»Er ist zu ihr gegangen, um sie zu holen. Wir haben in Gordes ein Zimmer gefunden, aber sie müssen bis fünf Uhr dort sein.« Simon grinste. »Das ist ja jammerschade.«
»Freuen Sie sich nicht zu früh, mein Lieber. Sie kommen zum Abendessen
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