Hotel Transylvania
sagte er in schlecht verhohlener Gereiztheit. »Du musst herunterkommen. Besonders Saint Sebastien wünscht deine Bekanntschaft zu machen.« Er zeigte auf das Negligee. »Legt es an, Madame. Ich werde nicht mehr länger warten.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein.«
Durch den Raum starrte er sie an und ballte die Fäuste an den Seiten. Dann kam er mit einem Ruck auf sie zu. »Du bist mein Weib. Du wirst tun, was ich dir sage.«
Lucienne Cressie hatte sich früher schon vor Achille geängstigt, doch ein solches Grauen wie das, welches sie nun durchraste, hatte sie noch nie empfunden. Sie riss die Kissen vom Bett und schleuderte sie auf ihn, als er näher kam. Sie wusste, dass dies angesichts seiner Wut ein vergebliches Unterfangen war. Auf ihrem Nachttisch stand ein schwerer Parfümflakon, und diesen warf sie ebenfalls.
Als der Flakon von seiner Stirn abprallte, stolperte Achille zurück und schwankte für einen Moment, während er stumm den Mund bewegte. Dann sprang er seine Frau an.
Ohne zu zögern, riss La Cressie das Fenster hinter ihr auf. Der Garten lag zwei Stockwerke unter ihr, und das wusste sie. Bevor Achille sie packen konnte, warf sie sich hinaus und spürte während des Sturzes die Nachtluft kalt über ihren Körper streichen.
Sie erkannte, dass sie nur betäubt worden war, weil sie nun wieder bei sich war und viele Stimmen aus dem Haus vernehmen konnte. Sie war nicht tot. Sie prüfte ihre Arme und entdeckte, dass ihr eine Schulter ausgekugelt war. Bis sie diese zu bewegen versuchte, hatte sie den Schmerz nicht gespürt, und dann traf er sie wie ein Hammerschlag. Zusammenhanglos kam ihr der Gedanke, dass sie mit dieser Schulter das Violoncello nicht spielen konnte. Sie brauchte Hilfe und Pflege.
Sie hörte, wie Stimmen näher kamen, und Laternenschein durchdrang die Düsternis. Nun verfluchte sie sich, weil ihr der Versuch zu sterben misslungen war. Sie wusste, dass sie um ihrer Seele willen bereuen musste. Sie war sich bewusst, dass sie Gott für ihre Verschonung danken musste, damit sie für ihre Sünden Buße tun konnte, für die Lust, die in ihrem Fleisch saß, und für ihren versuchten Selbstmord. Aber die Schritte wurden lauter, und sie wünschte sich aus ganzem Herzen, dass sie gestorben wäre.
»Wir haben sie gefunden«, sagte eine Stimme, die sie nicht erkannte, und sie sah auf und erblickte einen hoch gewachsenen, mageren Mann von vielleicht sechzig Jahren, der nach der jüngsten Mode gekleidet war. Der Blick seiner grauen Augen war verschleiert, fast reptilienhaft, und sein Lächeln war noch furchtbarer, als eine Zornesmiene es gewesen wäre.
Hinter ihm kam ein weiterer älterer Mann heran, dessen absonderliche Kleidung ihn als Baron Beauvrai bezeichnete. Er sprach den Mann neben ihm an. »Damne, du hast aber auch ein Glück, Clotaire. Dann gehört sie also für das Opfer dir.«
Clotaire de Saint Sebastien lachte leise auf, und bei dem Laut wurde Lucienne der Mund trocken. »Zumindest kann sie mir von Nutzen sein, denke ich. Wir müssen sichergehen, dass sie noch Jungfrau ist. Achille und sein Freund sollen sie in die Bibliothek bringen.« Er kniete sich neben Lucienne und schob ihr die Hand zwischen die Beine, ohne auf ihr Aufbegehren und ihren Schreck zu achten.
»Nein, nein, nein«, flüsterte sie und zog die Beine zusammen.
»Madame«, sagte Saint Sebastien kalt, »versucht nicht, mich zu hindern. Ich warne Euch, dass ich das nicht dulden werde.«
Sie wollte etwas sagen und wehrte sich gegen seine suchende Hand. Er seufzte, und seine Finger berührten sie auf schmerzhafte und intime Weise. Ihr schwirrte der Kopf, und wieder schloss sie unwillkürlich die Beine. Diesmal übertönte der Schmerz, den er ihr zufügte, die vorige stumpfe Pein, die von ihrem Sturz herrührte.
Saint Sebastien stand auf. »Sie ist unbeschädigt, sehr gut. Wie viele vom Zirkel werden sie nehmen?« Falls er das Grauen auf dem Gesicht von Lucienne Cressie bemerkte, widmete er ihm keine Beachtung.
Mit hungrigem Blick starrte Beauvrai auf die Frau am Boden. »Ein nettes Stück Fleisch. Eine Schande, sie an jemanden wie Achille zu verschwenden.«
Saint Sebastien fiel ihm ins Wort. »Sie wird nicht verschwendet. Für unsere Zwecke können wir uns freuen, dass Achille Männer bevorzugt.«
»Nein«, sagte Lucienne. »Nein. Nein. Nein. Nein. Nein. Nein.«
Weitere Männer waren zu ihnen gekommen, unter ihnen auch Achille Cressie. Lucienne sah eine rote Schwellung auf seiner Stirn und spürte eine gewisse
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