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Hotzenwaldblues

Hotzenwaldblues

Titel: Hotzenwaldblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Örtler war zu seinen aktiven Zeiten Hoch- und Tiefbauingenieur gewesen.
Solche Leute wussten doch sicher, wie man Arsen aus Gestein herauslöste, oder?
    Ziemlich weit hergeholt, würde der Glückliche sagen. Vielleicht.
    Vielleicht sollte sie den Kollegen die Arbeit abnehmen und versuchen,
Näheres über das Arsen aus dem Daniela-Stollen herauszufinden. Die sprangen
zurzeit wahrscheinlich im Karree. Und das Labor brauchte einfach zu lang, um
die Steine aus dem Gerber’schen Garten zu untersuchen. So lange konnte sie
nicht warten. Gab es im Gestein überhaupt genügend Gift, um den alten Örtler um
die Ecke zu bringen? Und wie bekam man das heraus? Hatte Hanspeter Gerber dazu
wirklich die Möglichkeit gehabt? Steine klopfen und Staub produzieren war ja
das eine. Und dann? Wer konnte ihr da weiterhelfen?
    Hugo! Natürlich. Hugo arbeitete auf der Mülldeponie Lachengraben.
Dorthin war doch der Aushub aus dem Stollen zunächst gebracht worden. Oder
nicht? Trautmann hatte das beim Besuch des Stollens gesagt. Im Lachengraben
musste es ja so etwas wie ein Anlieferprotokoll geben. Ob darin auch stand, wie
viel Arsen der angelieferte Aushub enthalten hatte?
    Ihr ehemaliger Schulkollege war nicht sonderlich begeistert über ihren
Anruf eine gute Stunde vor Mitternacht, erklärte sich aber nach einigem
Zureden, verbunden mit dem Versprechen, ihn zum Essen einzuladen, bereit, noch
einmal zur Deponie zu fahren und sich die Protokolle anzusehen.
    Eine Stunde später rief er zurück. Iris lag auf dem Sofa und döste
vor sich hin. Doch nach dem Telefongespräch war sie wieder hellwach: Hugo hatte
ihr die Werte aus einem Anlieferprotokoll vom Oktober 2010 genannt. Da waren es
429 Milligramm, 394 Milligramm und 403 Milligramm Arsen pro
Kilogramm Trockensubstanz gewesen.
    Dann hatte Hugo etwas Interessantes gesagt: »Das entspricht einer
Deponieklasse größer als Z2. Das heißt, wir hätten das eigentlich gar
nicht annehmen dürfen. Inzwischen gehen die derart hoch belasteten Chargen auch
auf eine Sondermülldeponie. Im Oktober war das aber noch kein Thema, das
Schluchseewerk hat die hohen Arsenwerte ja auch lange geheim gehalten.
Wahrscheinlich wollten sie die Pferde nicht scheu machen. Selbst in den
Antragsunterlagen zum Raumordnungsverfahren, du weißt, das war im letzten
November, stand nichts.«
    »Woher weißt du das alles?«
    »Nur weil ich auf einer Mülldeponie arbeite, heißt das ja nicht,
dass ich mich für nichts anderes interessiere als für Abfall. Die Schluwe hat
da ein ziemliches Problem. Wenn das Material wegen des Arsens nicht verbaut
werden kann, müssen 1,2 Millionen Kubikmeter Gestein abtransportiert oder
auf eine neu zu errichtende Deponie gebracht werden. Das schreibt jedenfalls
diese Grüne, Ruth Cremer-Ricken, auf ihrer Homepage. Ich habe die Seite hier
vor mir: Diese 1,2 Millionen Kubikmeter Gestein enthalten
bei entsprechender Belastung 24 Tonnen Arsen, welches nicht bereits im
Berg, sondern erst durch die Bearbeitung mobilisiert wird, steht
da.«
    »Was heißt das denn?«
    »Arsen kann bei Bohrungen infolge der höheren Temperaturen zu
Arsenik reagieren. Und das ist hoch toxisch. Während der Bohrphase wäre darum
eine besondere Wasserkühlung notwendig. Allerdings wird dadurch natürlich das
Arsen ausgewaschen. Eine Wasseraufbereitungsanlage für das Wasser bräuchten die
also auch. Weißt du, ob es die gab?«
    Iris musste zugeben, dass sie keine Ahnung hatte. »Ich weiß nur,
dass an einigen Stellen, Flöze ist da der Fachausdruck, glaube ich, ziemlich
viel Wasser aus dem Fels gekommen ist.«
    »Es gibt eine Studie von einem gewissen René Schiemann, nach der bei
den Arbeiten teilweise das Vierfache des Trinkwasser-Grenzwertes an Arsen
ausgewaschen worden sein soll. Ich war bei seinem Vortrag in Wehr.«
    »Ups.«
    »Warte, ich lese dir das mal auszugsweise vor: Je
feinkörniger das Material, desto höher die Eluat-Konzentration und die mögliche
Auswaschung in das Grundwasser, Trinkwasser, Oberflächenwasser oder die
Verwehung von Staub in die Luft. Er nennt es das Prinzip der
möglichen ›Giftwirkung‹ durch Oberflächenvergrößerung.«
    »Das hört sich alles gar nicht gut an. Das heißt also, wenn ich eine
ziemlich hoch belastete Charge habe und die dann auch noch zu Staub zerklopfe,
um die Oberfläche zu vergrößern, das Ganze in Wasser löse, mit dem Wasser Suppe
oder was auch immer koche und dieses Essen einem Menschen über einen langen
Zeitraum hinweg gebe, dann könnte ich schon

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