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Huebsch in alle Ewigkeit Roman

Titel: Huebsch in alle Ewigkeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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früher kennt. Dann würden Vivi und ich aber echt in Schwierigkeiten stecken.
    »Ja, natürlich«, gibt Sandra schnippisch zurück, »ihr habt leicht reden, so egoistisch wie ihr seid! Aber wenn ich erst die Behandlung …«
    Carla dreht sich plötzlich zu uns um. »Wer ist dieser Mensch? «, fragt sie Vivian und deutet mit dem Kopf auf Sandra. Sie hat einen drohenden Unterton in der Stimme.
    »Keine Ahnung«, ruft Vivian schnell und beugt sich näher zur Königin, damit Sandra nichts hört. »Wir haben sie gerade erst kennengelernt, Eure Majestät.«
    Aber Sandra wäre nicht Lady Shave, wenn sie sich eine Gelegenheit, Unfrieden zu stiften, entgehen lassen würde. Als sie sieht, dass Vivian mit Carla ausgetuschelt hat, betrachtet sie die Königin von oben herab und fragt: »Und als was bist du verkleidet?«
    »Sieht man das nicht?«, sagt Carla erstaunt. »Als Bienenkönigin.«
    »Ach so«, sagt Sandra boshaft, »ich dachte, du wärst eine Schlupfwespe.«
    Carla schaut Sandra fragend an, und ehe Vivian und ich eingreifen können, ruft Sandra: »Na, wegen deiner Schlupflider.« Sie bricht in hämisches Lachen aus.
    Das darf doch nicht wahr sein! Kann diese Schnepfe nicht einmal ihre dämliche Klappe halten? Die Augen der Königin wandeln die Farbe von Teichgrün in ein kaltes Schiefergrau. Ihre Stirn wölbt sich, über den Augenbrauen
wächst eine faltige Wulst hervor und lässt die Augen scheinbar weiter in ihre Höhlen treten, kleine dunkle Härchen sprießen kaum sichtbar an ihren Wangen, die Oberlippe fängt an zu zittern, ich sehe die Eckzähne herausblitzen und höre ein leises Knurren. Und mir wird plötzlich klar: Die Biene sieht aus wie … ein Wolf! Mein Fluchtinstinkt brüllt mich an: Renn weg! Auch Vivian ist alarmiert, das sehe ich ihr an. Nur Sandra ist zu betrunken oder zu begriffsstutzig, jedenfalls merkt sie nichts. »Wow«, sagt sie und glotzt verzückt auf Carlas runzelige Stirn, »dir würde ich aber auch mal dringend eine Runde Botox empfehlen. Deine Stirn sieht aus wie ein zerschrumpelter Apfel.«
    Einen Moment stehen alle wie schockgefroren da. In dieser Sekunde ist alles möglich, und ich fürchte das Schlimmste. Nämlich, dass dieser Partyabend vielleicht doch nicht ganz so lustig wird. Bevor Carla Sandra jedoch zerfleischen kann, brüllt Vivian plötzlich in voller Lautstärke: »Und dann die Hände zum Himmel, komm lasst uns fröhlich sein!«
    Sie wirft sich zwischen Sandra und die Königin, ich hebe ebenfalls die Arme und singe: »Wir klatschen zusammen und keiner ist allein.« Ich fordere die Königin auf mitzumachen, und von dem plötzlichen Heiterkeitsausbruch abgelenkt, wandelt sich ihre Wolfsfratze wieder in ein unschuldiges Bienengesicht. Sie schaut einen Moment, was wir machen, streckt dann ihre dünnen Ärmchen in die Höhe und fängt auch an zu singen. »Und dann die Hände zum Himmel …«
    Puh. Das war verdammt knapp. Wir lassen die Königin
im allgemeinen Trubel zurück und zerren Sandra auf die Toilette. Jetzt hat sie es doch geschafft, mir die Laune zu verderben. Ich bin stinksauer. Und all die Wut, die ich seit zwanzig Jahren auf sie habe, bricht aus mir heraus. »Musst du denn immer alle Leute beleidigen?«, brülle ich sie an.
    »Mach ich doch gar nicht«, sagt sie patzig. »Ich sag nur, was ich denke.«
    »Das ist bei dir doch dasselbe «, fauche ich.
    »Leni, lass«, mahnt Vivian, aber ich ignoriere sie.
    »Du musst deine verbale Inkontinenz echt mal in den Griff kriegen!«, schreie ich.
    »Echt jetzt? Warum denn?«, fragt Sandra spitz. »Man darf doch wohl noch die Wahrheit sagen, wenn sie einem so ins Gesicht springt.«
    »Nein, darf man nicht!« Ihre unglaublich dreiste Dummheit macht mich fassungslos! »Ich sag dir eins«, zische ich, »so wirst du nie eine von uns!«
    Oha! Das trifft sie. Sie klappt ihre arrogante Fresse zu. »Wie meinst du das, eine von uns?«, fragt sie und betrachtet mich mit neu erwachter Neugier. Sie lässt den Blick über meine Haare und meine Verkleidung schweifen und bleibt bei meinem Mund hängen. »So, jetzt mal der Reihe nach«, sagt sie. »Du hattest Probleme mit meinem Kreuzanhänger und kannst das Wort Gott nicht aussprechen. Deine Frisur sieht immer noch so aus wie 1989. Und es gibt da diese merkwürdige Geschichte über euren Tod. Und«, fügt sie hinzu, »du hast da ein paar verdammt echt aussehende Vampirzähne.«
    Mist. Vor lauter Wut habe ich gar nicht bemerkt, dass
meine Zähne voll ausgefahren sind. Ich schließe den Mund.

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