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Huebsch in alle Ewigkeit Roman

Titel: Huebsch in alle Ewigkeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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bloß abzupflücken und in ihre Tasche zu stecken! Aber nein, sie macht einen auf Supertussi!
    »Ich fass so Viechzeug nicht an, ich fass es nicht an!«, kreischt sie und dreht sich weg.
    »Verdammt, ich bin es!«, schreie ich, als ich mich wieder in mich verwandelt habe.
    »Aber du bist so klein und nackt und ekelig.«
    »Stell dir einfach vor, ich sei ein Penis mit Flügeln«, herrsche ich sie an, und siehe da, es funktioniert. Eine Minute später hocke ich in dem schwarz ausgeschlagenen Beauty-Case und fühle mich wie in einem Sarg. Das ist nicht gut. Das ist gar nicht gut. Vampire sollten sich
ja in einem Sarg wohlfühlen, so die landläufige Meinung, aber entweder liegt es an dem V oder daran, dass Sandra diese blöde Kiste schwingt, als sei es der Tornister eines schwachköpfigen Pennälers, der sich auf die Schule freut - jedenfalls wird mir schlecht. Ich wusste gar nicht, dass Fledermäuse seekrank werden können. Wenigstens ist es nicht weit bis zum Identitätsregister.
    »Ich stehe jetzt vor dem Eingang und schiebe die Codekarte in den Scanner«, kommentiert Sandra ihr Tun. Ich höre es klacken, das war der Türmechanismus, prima, dann hat das also schon mal funktioniert. Sie stellt das Beauty-Case ab, und endlich hat das Schaukeln ein Ende.
    »So, ich bin drin. Also, ich fange beim hintersten Schrank an, ja?«
    Ich knacke fünfmal für Ja.
    »Wie oft war das? Nicht so schnell!«, mahnt sie. Meine Güte, sie wird doch wohl noch bis fünf zählen können. Also versuche ich es noch mal langsamer.
    »Was? Ach, egal«, sagt Sandra, »ich mache einfach mal den hintersten Schrank auf. Ich hab ja die Namensliste hier und mehr als zwei Stunden Zeit, also werde ich die Akten schon finden.« Plötzlich fängt eine Sirene an zu heulen. Ich erschrecke mich erst furchtbar, weil ich denke, es wurde Alarm ausgelöst, doch dann klackert es nur ein paar Mal, als fielen einige Riegel ins Schloss, und ein leises Quietschen ertönt.
    »Wow«, ruft Sandra, »das nenne ich ein Panorama! Die Sonne geht gerade hinter dem Dom auf. Hab ich auch noch nie gesehen von hier oben!«
    Endlose Minuten passiert nichts weiter, und ich bin
stinksauer, dass sie hier einen auf Sightseeing macht, anstatt die Akten zu suchen. Ich knattere ein paar Mal wütend vor mich hin, und Sandra lacht auf. »Okay, Leni, ich hab dich zwar nicht genau verstanden, aber ich kann mir denken, was du gesagt hast. Ich fange jetzt an.«
    Ihre Schritte entfernen sich, dann rüttelt etwas, und dann sagt sie: »Hä?« Es rüttelt wieder. Ist sie jetzt zu doof, um einen Schrank aufzumachen, oder was? Offensichtlich!
    »Scheiße. Die Schranktüren sind verschlossen!«, stöhnt Sandra. »Nichts zu machen. Alles dicht.«
    Krähenkacke, dass die Türblockierung auch die Schränke betreffen könnte, daran hatten wir nicht gedacht! Na gut, denke ich, wir haben nachher fast sieben Minuten, um alles zu finden. Das wird schon hinhauen. Viel schlimmer ist, dass Sandra jetzt nichts zu tun hat und anfängt, mir ihre Lebensgeschichte aufzudrängen, die vor allem davon handelt, wie fantastisch, begabt und begehrt sie schon immer war. Warum sie dann nicht mit einem tollen Mann verheiratet ist, möchte ich gerne spöttisch fragen, aber ich kann im Moment nur das Fledermaus-Morsealphabet. Ungebremst geht Sandra dazu über, die besten Methoden des Epilierens zu referieren, Enthaarungscremes und Kaltwachsstreifen zu bewerten und mir haarklein zu erzählen, wie sie stundenlang mit der Pinzette zu Gange ist, um sprießende Stoppeln samt Wurzel auszumerzen. Ihr Gelaber ist die reinste Folter! Mir kommt es fast vor wie eine Hirnwäsche, denn mir schwirrt der Kopf, und wenn ich nicht eine nackte Fledermaus wäre, würde ich jetzt anfangen, mir eigenhändig
das Fell auszurupfen. Es sind die längsten zwei Stunden meines Lebens. Ich werde immer schlaffer, und bald erscheint mir ein Verglühen in der Sonne als das geringere Übel im Vergleich zu Sandras Endlosmonolog. Doch irgendwann, als ich schon fast denke, ich krepiere zwischen Puderquasten und Wimpernzangen, sagt sie: »Es ist jetzt zehn Uhr fünfzehn. In drei Minuten ist es so weit.«
    Da bin ich plötzlich wieder hellwach. Jetzt geht es um die Wurst! Ich hoffe nur, dass Ede keinen Unsinn verzapft hat. Aber nein! Pünktlich um zehn Uhr achtzehn höre ich das Klackern und das Quietschen. »Die Jalousie schließt sich«, berichtet Sandra atemlos. »Bist du bereit?«
    Ich knacke fünfmal. Sie öffnet den Deckel, und etwas blendet mich. Ich

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