Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)
fährst jetzt besser in Vatis Auto mit.«
Wenig später befand sich Ernst Pabst mit einem Teil der Sippe auf dem Weg nach Frankfurt, während Tinchen die Spuren des übereilten Aufbruchs beseitigte und dabei krampfhaft nach einer plausiblen Erklärung für Gerlach suchte. Verlassene Ehefrau klang ja gar nicht so schlecht, neben vier Koffern, auf denen überall Florians Name prangte, jedoch etwas unglaubwürdig. Und die versehentlich vergessene Ehefrau ging auch nicht, obwohl so etwas schon vorgekommen sein soll; blieben immer noch die Koffer zu erklären und die beiden Kinder.
Was sollte der Blödsinn überhaupt? Wenn Peter ein Freund war, und das behauptete er ja immer, würde er erst wütend sein, dann lachen und sie schließlich bereitwillig zum Flughafen fahren. Hoffentlich!
»Julia! Tobias! Seid ihr fertig?«
»Gleich!« klang es unisono zurück, was in der Praxis bedeutete, daß Julia immer noch packte und Tobias immer noch am Telefon hing. Dreimal hatte er sich schon persönlich und mindestens achtmal telefonisch von seiner Freundin Bettina verabschiedet, bedingungslose Treue und jeden dritten Tag einen Brief versprochen, aber nun war ihm eingefallen, daß er noch die Telefonnummer vom Hotel durchgeben mußte. Vielleicht war er ja doch durch das schriftliche Abitur gerasselt, und in diesem Fall wäre es besser, mit der Hiobsbotschaft nicht erst bis zu seiner Rückkehr zu warten. Dann würde er nämlich gleich in Kenia bleiben und Surflehrer werden oder so was Ähnliches. »Natürlich werde ich dich nicht vergessen«, versicherte er nochmals und legte den Hörer auf. »Jedenfalls nicht die ersten zwei Tage«, ergänzte er halblaut.
»Hat sie dich endlich genug vollgesülzt?« Julia schnappte sich den Apparat und marschierte Richtung Toilette. Nur dort glaubte sie sich vor etwaigen Lauschern sicher. »Wenn du dich von dieser Frustzicke nicht mal ’n paar Wochen trennen kannst, warum fährste dann überhaupt weg?«
»Dämliche Frage! Wenn ich ans Meer will, nehme ich doch keinen Sand mit! Aber irgendwann ist der Urlaub ja wieder zu Ende.«
In der Küche saß Tinchen vor einer Tasse mit kaltgewordenem Kaffee und ging in Gedanken noch einmal ihre Liste durch. Die Zeitung hatte sie abbestellt, alle Blumentöpfe in der Badewanne aufgereiht, damit Frau Knopp von nebenan nicht so viel Arbeit mit dem Gießen hatte, die Schlüssel hatte sie schon gestern rübergebracht, zusammen mit der Ferienadresse für alle Fälle, das Schneeschippen, sofern erforderlich, würde Herr Knopp übernehmen, wenn ihn Frau Bender dafür vielleicht einen kleinen Neger für seine Frau mitbringen würde, aus Holz natürlich und nicht so teuer … die Heizkörper mußten noch abgedreht werden, und dann sollte Tobias sicherheitshalber nachsehen, ob auch die Kellertüren abgeschlossen waren. Wohin bloß der Schlüssel vom Heizungskeller verschwunden war? Na ja, man konnte notfalls einen Stuhl unter die Klinke stellen, der erfüllte den gleichen Zweck.
Halb drei. Wo blieb Peter? Eigentlich hätte er schon hier sein müssen. Tinchen fütterte den Automaten mit frischem Kaffee. Hoffentlich haben wir keine Zeit mehr, ihn zu trinken, betete sie insgeheim. Ob sie noch mal anrufen sollte? Lieber nicht, wenn Gerlach nicht schon längst unterwegs war, würden sie es auf keinen Fall bis halb sieben Uhr zum Flughafen schaffen.
Es klingelte. Endlich! Vor der Tür stand Frau Knopp und wollte wissen, ob sie den Gummibaum mit verdünntem Bier gießen dürfe, bei ihrem täte sie das immer, und das bekäme ihm ausgezeichnet.
Eine passende Antwort lag ihr schon auf der Zunge, aber dann hatte Tinchen eine Idee. »Trinken Sie noch schnell einen Kaffee mit mir? Wir warten nämlich auf einen Bekannten, der uns zum Flugplatz bringt.« Auf keinen Fall würde Gerlach eine Szene machen, solange ein Fremder anwesend war, und wenn erst mal die Kinder mit im Wagen saßen, würde er sich auch zusammenreißen müssen.
Einerseits hatte sie gar keine Zeit, andererseits war Frau Knopp neugierig wie eine Elster. Wieso war der Herr Bender schon abgefahren, während seine Frau auf einen Freund wartete? Und dazu noch die vielen Koffer im Flur? Da stimmte doch etwas nicht, und genau das hoffte Frau Knopp herauszubringen. Die Enttäuschung war ihr auch vom Gesicht abzulesen, als Tobias die Treppe heruntergepoltert kam. »Ist Gerlach endlich gekommen? Als Taxifahrer wäre er längst arbeitslos.«
»Ach, ihr seid auch noch da? Na, dann will ich nicht länger
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