Hüter der Flamme 02 - Das Schwert des Befreiers
auf, nahm das Messer zwischen Daumen und zwei Finger der rechten Hand und machte schnell einen Schritt nach rechts. Dann hob er das Messer in Schulterhöhe und warf. Sofort ließ er sich wieder ins Gras fallen.
Der Stahl glänzte, als das Messer sich kopfüber drehte und durch die Nachtluft zischte.
Die Wache mußte die plötzliche Bewegung bemerkt haben. Mit leisem Schrei fuhr er zurück und auf die Seite. Der Griff des Messers erwischte ihn am Arm und verschwand dann in der Dunkelheit.
»Datharrrrti!« schrie der Wächter und griff nach seiner Armbrust. Dann sprang er auf. Überfall!
Scheiße! Karl hatte gesagt, er solle sich im Schatten verstecken; aber damit hatte keiner gerechnet. Mit einem voll einsatzfähigen Armbruster auf dem Wagendach war der Kampf vorüber, noch ehe er begonnen hatte.
Der Armbruster, ein stämmiger, kleiner Mann, legte mit der Armbrust auf Walter an.
Walter ignorierte das Rascheln der Zweige über ihm, rannte los, riß ein anderes Messer aus dem Gürtel und warf es im vollen Lauf. Zumindest würde er den Armbruster ein oder zwei Sekunden ablenken.
Das Messer drang tief in den Schenkel des Armbrusters. Das Bein knickte ein. Er fiel aufs Dach und stieß ein Geräusch aus, das zwischen Schrei und Stöhnen lag. Er griff mit beiden Händen an den Schenkel und ließ die Armbrust fallen.
Walter erreichte die Seite des Wagens. Ohne Pause packte er die Dachkante und zog sich hinauf.
Unten schlug Stahl gegen Stahl. Karl focht mit dem Riesen, der mit dem Schwert neben dem Feuer gelegen hatte. Im Feuerschein flackerten die Klingen auf. Schreie und Flüche füllten die Luft.
Stöhnend zog der Wächter das Messer aus dem Schenkel, erhob sich auf die Knie und griff Walter mit einem Stoß nach vorn an.
Walter erwischte seinen Arm mit beiden Händen und fing das rasierklingenscharfe Messer ganz knapp vor seinem linken Auge ab. Ein Schlag an die Schläfe, und die ganze Welt drehte sich. Trotzdem ließ er nicht los, als beide über das rauhe Holz rollten.
Der Wächter packte Walter mit der freien Hand an der Kehle. Seine Finger schlossen sich um die Luftröhre. Walter versuchte, tief Luft in die Lunge zu saugen, als sie mit den Gesichtern zueinander kämpften. Er roch dabei den widerlichen Fuselgeruch aus dem Mund des Gegners.
Unerbittlich bewegte sich das Messer auf sein Gesicht zu, die Spitze suchte sein linkes Auge, als hätte sie einen eigenen Willen.
Walter drückte gegen den Arm mit dem Messer. Der Angriff der Klinge kam ins Stocken. Die Spitze blieb eine Handbreite vor seinem Auge stehen.
Seine Hände fingen an zu zittern. Die Spitze kam wieder näher. Noch drei Zoll, noch zwei noch -
Mit einem Ruck warf Walter sich auf den Sklavenhändler und stieß ihm sein Knie in die offene Schenkelwunde.
Der Wächter brüllte laut. Seine Finger an Walters Kehle lockerten sich. Einen Augenblick lang verlor der rechte Arm die Kraft.
Walter wartete nicht, bis er sich wieder erholt hatte. Er drehte dem Wächter den Arm mit dem Messer auf den Rücken, bis er das eklige, fast schmatzende Geräusch hörte, mit dem sich der Arm aus dem Schultergelenk löste. Die schlaffen Finger ließen das Messer fallen.
Der Sklavenhändler wimmerte und trat kraftlos gegen Walter. Er versuchte auf dem Bauch wegzukriechen.
Walter nahm sich das Messer und stach es seinem Gegner nach unten in die Niere. Dann zog er es heraus und stach immer wieder zu, während das Blut aus den Wunden des Sklavenhändlers strömte. Einmal stöhnte dieser noch auf und lag dann still.
Walters Magen rebellierte. Er sank auf die Knie und mußte sich erbrechen. Mit blutiger Hand wischte er sich ab und brachte seinen Körper wieder unter Kontrolle.
Inzwischen hieb Cullinane unten auf den Schwertarm seines kräftigen Gegners ein. Als der andere auswich, warf ihm Karl die Manriki-Gusari über die Klinge und zog an. Schwert und Manriki-Gusari flogen in die Nacht. Dann griff er an und versenkte sein Schwert beinahe bis zum Heft in der Kehle des anderen. Blut sprudelte heraus, als Karl seine Klinge wieder herauszog. Der Riese gab ein gurgelndes Geräusch von sich und fiel mit dem Gesicht nach unten ins Lagerfeuer.
Das Feuer zischte. Rauch- und Dampfwolken stiegen auf. Der Geruch von verbranntem Fleisch stieg Walter in die Nase. Er würgte, konnte aber den Brechreiz diesmal unterdrücken.
»Walter!« rief Karl. »Alles in Ordnung?«
Walter nickte.
Langsam tauchte Chak im Lichtschein des Feuers auf.
Blut tropfte von seinem Krummschwert.
Weitere Kostenlose Bücher