Hüter der Flamme 03 - Die Krone des Siegers
durch das Lager der Holts schleichen, oder ist es etwas noch Idiotischeres?«
»Wie hast du das nur wieder erraten!« Karl deutete mit dem Daumen zum Wald. »Geh in den Wald und schlaf. Du wirst es brauchen.«
Eine kühle Abendbrise flüsterte in den Zweigen und liebkoste sein Gesicht. Die Nacht war klar und beinahe wolkenlos. Diesmal war ihm das recht. Bei Regen war es schwierig, fast aussichtslos, die Gewehre zu laden.
Er tätschelte Sticks Hals. Der kurze Hornbogen hing mit einem vollen Köcher neben dem Sattelknauf. Beim ersten Angriff wollte er keine Gewehre, die sofort ihre Anwesenheit verraten würden.
Er fluchte über die Brustplatte, die ihn beengte; aber diesmal war die Rüstung nötig. Er schaute zu Tennetty hinüber. »Meinst du, wir haben Slowotski genug Zeit gelassen?« Walter brauchte schon eine Weile, um sich so weit vorzuschlagen, daß er das Ablenkungsmanöver ausnutzen konnte.
Sie nickte.
»Dann wollen wir mal!« Er schwang sich in den Sattel und zog die Beinschienen fest. Diese verdammte Rüstung verrutschte dauernd.
Er überzeugte sich, daß sein Schwert fest in der Scheide steckte, und hoffte, daß er es nicht benutzen mußte. Wenn Karl nämlich auf Schwertlänge an die Holts herankam, würde das heißen, daß alles schiefgelaufen war.
Tennetty und die acht anderen saßen schon im Sattel. Auch sie hatten nur Armbrüste, mit Ausnahme von Bonard, der ebenfalls einen Hornbogen wie Karl hatte.
Aveneer gab Erek und Frandred das Zeichen, die Laternen zu heben. Die beiden hängten sie rechts und links in die Bäume.
»Los!« sagte Karl und drückte Stick die Fersen in die Flanken, so daß dieser über die niedrige Steinmauer sprang und auf das braune Feld dahinter stürmte.
Die anderen folgten ihm.
Selbst nach so langer Zeit gab es Sachen auf Dieser Seite, die Karl noch erstaunten. Zum Beispiel die Zahl der Soldaten um die Burg herum. Zu Hause hatten in manchen Studentenheimen mehr gewohnt als die tausend, die Furnaels Burg hier belagerten.
Es schien merkwürdig, daß etwas, das so eindrucksvoll klang wie eine Belagerung, von nur tausend Soldaten durchgeführt wurde. Aber Richard Löwenherz hatte auf seinem Kreuzzug auch nur achttausend Leute dabei, und diese Streitmacht kam aus ganz England. Vielleicht war es normal, daß der gesamte Krieg zwischen Bieme und Holtun nur von einigen Zehntausenden auf beiden Seiten geführt wurde.
Aber es sah trotzdem komisch aus.
Der Kommandeur der Holts hatte seine Armee von tausend Männern in vier Gruppen geteilt, natürlich nicht zu gleichen Teilen. Das wäre töricht gewesen. Die größte Gruppe, etwas über ein Drittel, kampierte außer Bogenschußweite gegenüber vom Haupttor. Zweihundertfünfzig lagen vor dem kleinen Tor und die beiden restlichen Abteilungen von je hundertfünfzig vor den übrigen Mauerabschnitten.
Das war eine intelligente Aufteilung. Sie verhinderte schnelle Ausfälle und Rückzüge der Verteidiger. In der Zeit, die Furnaels Soldaten brauchten, um die Fallgatter hochzuziehen, konnten sich die Angreifer schon sammeln und eindringen.
Furnael und seine Mannen saßen in der Falle.
Karl ritt jetzt langsam über das fahlbraune Feld auf die Hauptabteilung der Holts zu. Die anderen hatten sich nach links verteilt.
In der Ferne konnte er durch das eiserne Fallgatter des Haupttores die Wachfeuer im Burghof leuchten sehen. Karl war vor vielen Jahren durch dies Tor geritten. Jetzt hoffte er, daß Slowotski sich so weit nähern konnte, daß er die in der Burg alarmieren konnte, wenn die Zeit reif war.
Er nahm die Zügel zwischen die Zähne und band seinen Bogen los. Dann legte er einen Pfeil auf die Kerbe.
Die Holts erwarteten offensichtlich keinerlei Angriffe von außen. Karl war bis auf etwa hundertachtzig Meter an das Wachfeuer herangekommen, als ein Soldat aufsprang und einen Warnschrei ausstieß.
Sofort ließ Karl den Pfeil von der Sehne schnellen und schickte auch noch einen zweiten hinterher, weil er kein überragender Bogenschütze war.
Tennetty zielte mit ihrer Armbrust und drückte ab. Ein Soldat schrie auf und griff sich an den Oberschenkel, dann fiel er um.
»Ziel höher, verdammt!« brüllte Karl. »Aber nicht näher ran!« Die nächsten Holts waren etwa in Reichweite der Sklavenhändlergewehre.
Schreie hallten durch das Lager. Am liebsten wäre Karl aus dem Sattel gesprungen und vorwärts gestürmt.
»Noch eine Salve!« rief er und legte den nächsten Pfeil ein. Neun Bogen schossen gleichzeitig und wurden von lauten
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