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Hüttengaudi

Hüttengaudi

Titel: Hüttengaudi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Mädels mit ihren fünfzig Kilo sind 2,2 Promille schon beachtlich, oder?«
    »Eine reife Leistung. Schlimm, diese Schwarzgastronomie. Ich sage ja nichts gegen das eine oder andere Festzelt, aber das nimmt echt überhand. In und um Garmisch hat es das zwar weniger, aber schon im Ammertal gibt’s diese Saufhütten zuhauf. Ich weiß nicht, was so toll dran sein soll, sich ins Koma zu trinken. Man hat ja nichts mehr vom Abend!« Irmi lächelte den Kollegen an, der überdies auch gar nicht schlecht aussah.
    »Tja, Frau Mangold, das ist halt nicht unsere Generation, wir sind Auslaufmodelle.« Er lachte und wurde dann wieder ernst. »Wissen Sie, das Problem für uns ist, dass diese Eskapaden viel zu viel Personal binden, das besser anderswo unterwegs wäre. Aber die Gemeinden sind da uneinsichtig.«
    »Als der Unfall passiert ist, gab es denn da keine Diskussion darüber?«, fragte Irmi.
    »Ja, und was glauben Sie, ist passiert?«
    »Nix G’scheites, nehm ich an.«
    »Genau, es gab natürlich Proteste von besorgten Eltern, und dann sind sich die Dorfhonoratioren nicht schade genug gewesen, den Kids zu versichern, dass der Bauwagen natürlich nicht geschlossen wird. Dass man aber einen Fußweg anlegen werde, damit die Kids nicht an der Straße entlanglaufen müssen.«
    »Das ist nicht Ihr Ernst?«
    »Oh doch, das ist die Welt, in der wir leben, Frau Mangold. Gemeinderäte stehen dahinter, sogar die Herren Landräte. Seien Sie froh, dass Sie aus dem Tagesgeschäft raus sind. So ein sauberer Mord …« Er lachte und wiegelte gleich ab. »Nein, natürlich nicht, ich beneide Sie nicht. Es geht um den aktuellen Fall in Garmisch? Warum interessieren Sie sich für meine Bauwagen-Komakids?«
    »Wir haben nicht nur den Mann am Hausberg, wir haben zwei Tote, der andere kam allerdings in Oberstaufen ums Leben. Das bleibt bitte unter uns. Wir haben versucht, möglichst wenig an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Dieser zweite Mann ist der Vater des Mädchens, das bei dem Autounfall ums Leben kam.«
    »Ach!« Der Kollege überlegte kurz. »Er hieß Martin Maurer?«
    »Erinnern Sie sich an ihn?«, fragte Irmi und hoffte, dass ihre Stimme neutral klang.
    »Ja, er war … wie formulier ich das am besten … seltsam unbeteiligt. Seine Frau brach komplett zusammen, aber er war kalt wie Eis.«
    »Selbstschutz? Männliches Verdrängen?«
    »Selbstschutz sicher auch. Jeder geht anders um mit solchen Tragödien. Aber der Mann kam mir gefährlich vor, innerlich zerfressen. Ich hatte Bedenken, dass er irgendwann explodiert. Wissen Sie, der Mann kam mir vor wie eine tickende Zeitbombe. Sehen Sie einen Zusammenhang mit Ihrem Fall?«, fragte der Kollege.
    »Deshalb möchte ich die Akte lesen und Sie bitten, das nicht an die große Glocke zu hängen. Ich bring die Akte genauso unauffällig zurück.«
    »Natürlich – und viel Glück, Frau Mangold.« Das meinte er ernst, da war sich Irmi sicher. Da sie allen Fragen entgehen wollte, nahm sie die Akte mit nach Hause. Legte sie auf den Küchentisch, den sie erst mal von Kater befreien musste. Der maunzte unwirsch.
    Wally lag derweil im Korb und hob nicht mal den Kopf. Es versetzte Irmi einen Stich. Sie wusste, dass die Hündin uralt war und Herzprobleme hatte, aber das wusste eben nur die Ratio. In den letzten Wochen war das Tier immer mehr verfallen, aber bisher hatte Irmi das Gefühl gehabt, dass Wally noch Lust am Leben hatte. Oder vielleicht wollte sie sich das auch nur einreden, um den Tag X, der früher oder später kommen würde, hinauszuzögern. Sie machte sich einen Kaffee. Wahrscheinlich würde sie demnächst an einer Kaffeevergiftung eingehen.
    Dann schlug sie den Deckel der Akte auf. Ann-Kathrin war mit zwei Freundinnen – Stefanie Wagner und Laura Freimut – auf dieser Fete gewesen. Der Bauwagen stand auf dem Gemeindegebiet von Riegsee im Bereich Aidling, und die Mädchen waren zur Staatsstraße 2038 gegangen. Laura Freimut hatte ausgesagt, dass sie vorgehabt hätten, ein Auto anzuhalten. Deshalb waren sie nicht nach Riegsee gelaufen und über Froschhausen nach Murnau zurück.
    Ausgerechnet dort, dachte Irmi. Die Stelle, wo die Straße von Aidling auf diese Staatstraße traf, war eine schlimme Ecke. Eine Rennstrecke, ein Berg, eine Kurve, die ungut zumachte. Die Mädchen waren links gelaufen. »Links gehen, Gefahr sehen«, dachte Irmi bitter. Was für ein Hohn.
    Laura Freimut war als Letzte gegangen, vor ihr Stefanie und ganz vorn Ann-Kathrin. Sie hatten herumgeblödelt und

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