Huff, Tanya
jeder ging seiner Wege. Donald hatte sich verwandelt, trottete auf die
Veranda hinaus und ließ sich in einem dunklen Dreieck aus Schatten hinfallen.
Schatten hatte mit Erlaubnis seiner Mutter einen Knochen in eine Ecke
mitgenommen und zerkaute ihn, während er ihn zwischen seinen Vorderpfoten
hielt, bis zur völligen Kapitulation.
Vicki stand zusammen
mit Colin auf, aber er drehte sich um und ging, ohne Notiz von ihr zu nehmen.
„Colin!" Selbst
Vicki erstarrte bei dem Befehlston in Stuarts Stimme, und Colin blieb wie
angewurzelt stehen, die Schultern hochgezogen. „Vicki will mit dir reden."
Langsam drehte Colin
sich um, die Eckzähne gebleckt.
„Colin... " Der
Name war ein Knurren, tief und bedrohlich.
Der jüngere Werwolf
zögerte kurz, dann ließ er die Schultern sinken und bedeutete Vicki mit einer
knappen Bewegung des Kopfes, ihm zu folgen.
Es war unfreundlich,
aber es mußte reichen. Sie schloß zu ihm auf, als er die Treppe hochging.
„Es ist zu heiß, um
draußen spazieren zu gehen, daher werden wir uns in meinem Zimmer
unterhalten", sagte er, ohne sich umzudrehen. „Dann stören auch die Kinder
nicht."
Vicki war sich dessen
angesichts des Sinns der Werwölfe für Privatsphäre nicht so sicher, aber wenn
Colin sich dann wohler fühlte, konnten sie sich von ihr aus auch auf dem Dach
unterhalten.
Sein Zimmer war eines
von den dreien im Anbau, und die Tür neben der seinen war die erste
geschlossene Tür, die Vicki im Haus sah.
„Henry", sagte
Colin, als sie vorbeigingen. „Er verriegelt sie von innen."
„Es ist kein
Schlafzimmer... "
„Nein. Eine
Abstellkammer. Aber sie hat kein Fenster, und wenn wir den Kram ein bißchen
umräumen, ist Platz für ein Feldbett."
Vicki fuhr mit der
Handfläche über das dunkle Holz und fragte sich, ob Henry sie im Gang spüren
konnte und wie es wohl war, dort im Dunkeln zu liegen.
„Ich habe die Sonne
seit über 450 Jahren nicht mehr gesehen."
Sie seufzte und betrat
Colins Zimmer. Er warf sich aufs Bett, verschränkte die Finger hinter dem Kopf
und beobachtete sie durch zusammengekniffene Augen. Trotz seiner entspannten
Haltung vibrierte jeder Muskel seines Körpers vor Spannung, bereit zum Kampf
oder zur Flucht. Vicki war nicht sicher, was von beiden es war, und sie wollte
es auch nicht herausfinden.
„Ich habe meine auch
immer in die Wäscherei gegeben", erzählte sie und machte eine Kopfbewegung
in Richtung des halben Dutzends sauberer Uniformhemden, die in Plastikhüllen am
Schrank hingen. Sie schob eine Trainingshose von einem Stuhl und setzte sich.
„Ich hatte besseres zu tun als zu bügeln."
„Also", sie
beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Knie, „glauben Sie, daß Ihr
Partner es war?" Colins Augen wurden noch schmaler, und er zog die Lippen
zurück, doch ehe er sich bewegen konnte, ergänzte sie sachlich: „Oder wollen
Sie mir helfen zu beweisen, daß er es nicht war?"
Langsam, ohne den
Blick je von ihrem Gesicht zu wenden, richtete Colin sich auf. Vicki ertrug
seine verwunderte Musterung mit ihrem verbindlichsten Gesichtsausdruck und
wartete. Er mußte die nächsten Worte sprechen.
„Sie glauben nicht,
daß Barry es war", sagte er schließlich.
„Das habe ich nicht
gesagt." Sie stütze das Kinn auf die verschränkten Hände. „Aber ich will nicht glauben, daß er es getan hat, und Sie sind die geeignetste Person, um
zu beweisen, daß er es nicht war. Um Himmels willen, Colin, fangen Sie an, wie
ein Polizist zu denken und nicht wie ein... Schäferhund." Er zuckte
zusammen. „Hatte er die Gelegenheit?"
Einen Augenblick war
sie sich unsicher, ob er antworten würde, dann imitierte er ihre Haltung auf
der Bettkante und seufzte. „Ja. Wir hatten beide Male, als es passierte,
tagsüber Dienst. Er kennt den Hof und das Naturschutzgebiet. Wir sind gestern
nacht um elf weggekommen, und er hätte nach der Schicht leicht hier
herauskommen und diese Spur hinterlassen können."
„Gut, das spricht
gegen ihn, und wir wissen, daß er die Fähigkeiten hat... "
„Barry nimmt an der
nächsten Olympiade teil, so gut ist er. Aber wenn er Silberkugeln gießt, dann
habe ich keine Beweise dafür gefunden, und glauben Sie mir, ich habe
nachgesehen."
„Hat er ein
Motiv?"
Colin schüttelte den
Kopf. „Woher soll ich das wissen? Wenn er es tut, ist er vielleicht
verrückt."
„Ist er das?"
„Ist er was?"
„Verrückt? Sie
verbringen täglich acht Stunden mit Barry. Wenn er verrückt ist, hätten Sie
etwas bemerken müssen." Sie
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