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Huff, Tanya

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Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 03 - Blutlinien
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standen Henry zu Berge, und er drängte sich noch tiefer in die Schatten, weg vom Licht. Herzen schlugen nicht zufällig so im Einklang. Er selbst hatte so etwas bisher auch nur ein einziges Mal erlebt, 1537, als er, nach hohem Blutverlust sehr schwach und kurz vor der Ohnmacht, seinen Mund auf die Wunde in Christinas
Brust gepreßt hatte, um zu trinken, wobei er nichts ande res wahrgenommen hatte als die Hitze, die von
Christina ausging und sein Herz, das
schmerzhaft im selben Rhythmus wie das ihre schlug.
    Was ging in jenem Zimmer vor sich?
    Zum ersten Mal spürte Henry so etwas wie Unsicherheit bei dem Gedanken, der Kreatur zu begegnen, die so lange begraben gewesen war. In
seinem Leben war die Zeit des Wandels die mächtigste, alles umschließende
Erfahrung gewesen, und das bezog sich nicht nur auf die siebzehn Jahre, die der Wandlung vorangegangen waren, sondern auch auf die vierhundertdreiundfünfzig seither vergangenen. Wenn der Mumie solche Kraft zur Verfügung stand oder wenn sie eine solche Kraft
herbeirufen konnte ...
    „Sie glauben,
Sie sind einem Zauberpriester gewachsen?" hatte Celluci gefragt.
    Voller Geringschätzung hatte er geantwortet: „Ich bin nicht ohne Mittel
und Wege."
    Henry hatte durchaus in der Vergangenheit Zauberer besiegt und sich
dabei auf Körperkraft, Geschwindigkeit und Willenskraft verlassen, aber diese
Zauberer waren ihm vertrauten und erkennbaren Regeln gefolgt und hatten nie
ihren eigenen dunklen Gott dabeige habt.
    „Sie glauben, Sie sind einem Zauberpriester gewachsen?"
    In Henrys Erinnerung klang Cellucis Stimme sarkastisch, und Henry zog die
Brauen hoch. Er würde Celluci jedenfalls nicht die Freude machen und sich kampflos zurückziehen.
    Die drei Herzen in der Bibliothek standen einen Moment lang still, dann
schlugen zwei weiter im Gleichtakt und eins folgte seinem ganz eigenen Rhythmus.
    Henry war klar, daß er in die Bibliothek würde gelangen müssen. Vielleicht
durch die Gärten ...
    Dann näherte sich der einzelne Herzschlag der Tür, und Henry erstarrte. Die Türklinke bewegte sich, die Tür wurde geöffnet, und eine
Frau mit sehr kurzem, schwarzweiß gesprenkelten Haar trat in den Flur. Henry erkannte die Vorsitzende Richterin, er hatte kürzlich ihr Bild in der Zeitung gesehen. Das Zeitungsbild war jedoch weder dem
Selbstbewußtsein gerecht geworden, das die Frau ausstrahlte, noch ihrem offensichtlichen Sinn für Humor. Ganz
im Gegenteil zum Junkerskostüm, das
sie am heutigen Abend trug.
    Henry beobachtete, wie sie in einer eleganten Verbeugung mit der Feder
ihres Hutes den Boden streifte und sagte: „George, Mr. Tawfik - Sie haben meine
volle Unterstützung. Ich sehe Sie beide
    dann bei der Zeremonie, und ich werde Inspektor Cantree ausrich ten, daß Sie ihn jetzt zu sehen wünschen." Dann setzte sie breit lächelnd den Hut wieder auf und eilte den Flur hinab in Richtung Party. Verzaubert wirkte sie nicht.
    Aus der Bibliothek ließen sich jetzt nur zwei Herzschläge ver nehmen - Tawfiks und der des Innenministers -, und sie klangen wie einer.
Durch die offene Tür hörte Henry, wie eine leise Stimme nachdenklich fragte:
„Was für ein Mensch ist Inspektor Cantree?"
    „Ihn wird man nicht leicht überzeugen können."
    „Gut. Mein
Herr und ich ziehen es vor, mit den Starken zu arbeiten. Sie halten
länger."
    „Cantree glaubt, man könne mit Individualität bessere Resultate erzielen als mit Konformität."
    „Glaubt er das?"
    „Man sagt, er
sei unkorrumpierbar."
    „Eine Eigenschaft, die man sich auch zunutze machen kann."
    Zunutze machen für was? fragte Henry sich. Irgend etwas im Ton des Mannes
erinnerte ihn an seinen Vater, und das fand er ganz und gar nicht beruhigend. Sein Vater war ein grausamer und macchiavel listischer
Prinz gewesen, der am Morgen mit einem Höfling Tennis spielen mochte, um diesen dann vor Sonnenuntergang wegen Hoch verrats
exekutieren zu lassen. Henry verharrte reglos und sah stirnrunzelnd zu, wie
ein großer Mann in einem Piratenkostüm den Flur entlang auf die Bibliothek zuging. Der Mann ging auf den Ballen, als sei er ständig auf einen Faustkampf gefaßt, und in
seinem Gesicht spiegelte sich Wachsamkeit, fast schon Mißtrauen. Seine
ganze Art wies ihn so eindeutig als
Polizisten aus, daß Henry sich ernsthaft frag te, ob dieser Mann je
erfolgreich undercover aktiv gewesen war.
    In der Tür blieb der Mann stehen, und seine Hand fuhr zur Kordel an dem Plastikschwert, das ihm von der Hüfte baumelte. Sein Gespür schien ihn
vor

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