Huff, Tanya
machte sich auf
die Suche nach
einer öffentlichen Telefonzelle. Victory würde wissen, was zu tun war. Victory wußte immer, was zu tun war.
„Privatdetektei Nelson. Leider kann derzeit niemand Ihren
Anruf entgegennehmen, wenn Sie aber nach dem
Ton Ihren Namen und Ihre
Telefonnummer hinterlassen sowie kurz die Art Ihres Problems schildern, setze ich mich so schnell es geht mit
Ihnen in Verbin dung."
„Mist." Tony knallte den Hörer auf die Gabel und lehnte seine Stirn gegen das Plastik des Telefons. „Was jetzt?" Da war immer noch die auf die Rückseite der Karte gekritzelte Telefonnummer, aber Tony
bezweifelte, daß Detective-Sergeant Celluci es schätzen würde, wenn ein solches
Problem auf seinem Schreibtisch landete. „Was
immer das auch sein mag. Herrgott, Victory, wo bist du, wenn ich dich
brauche?"
Er schob die Karte wieder in die Tasche und verließ nach einem prüfenden
Blick auf die vorbeieilenden Menschenmassen die Tele fonzelle, blinzelte dann zum Himmel empor und machte sich auf den Rückweg zur Kreuzung Bloor und Yonge Street.
Er wußte ja, wo Henry war, und
letztlich bildete er sich auch nur ein, die Stunden zwischen jetzt und dem Sonnenuntergang seien so
lang wie der Rest seines Lebens. Wenn
er Glück hatte, bildete er es sich nur ein.
Der Junge hatte ihn sich nähren sehen; zumindest war ihm klar gewesen,
daß er sich genährt hatte. Offenbar gab es auch in diesen Zeiten ein paar, die keine Barrieren aus Unglauben um ihr Leben errichteten. Der Zwischenfall war interessant, gefährdete ihn aber nicht. Wem
würde der Junge davon erzählen? Wer würde ihm glau ben? Vielleicht konnte er ihn später einmal aufsuchen - wenn er sich nicht gebrauchen ließe, war er doch jung
genug, als Kraftquelle zu dienen.
Im Moment war er mit Kraft reichlich versorgt. Er fühlte sich toll. Das Leben eines Kleinkindes aufzunehmen, ein so großes, so
gut wie unentwickeltes Potential, war immer ein wahres Vergnügen. Manchmal
hatte er in der Vergangenheit, wenn sein Reichtum dazu ausreichte, eine Sklavin gekauft, diese von einem der Gefolgsmänner
schwängern lassen und das Leben des Kindes im Moment der Geburt verzehrt.
Die Geburtsschmerzen der Sklavin und die Verzweiflung über den Verlust ihres
Kindes wurden zu einem Opfer für Akhekh. Wenn
man sich so nähren wollte, mußte man damals jedoch beim Einkauf sehr umsichtig
vorgehen und die ganze Schwangerschaft sorgsam überwachen, denn auf manche
Kinder erhoben die Götter schon im
Mutterleib Anspruch. Jetzt, wo nur noch wenige Götter aktiv waren, würde er
sich womöglich ganz selbstverständlich so nähren können - sobald Akhekhs Tempel errichtet war.
Er hob die Temperatur nur für sich um zwei Grad, einfach nur, weil er Kraft im
Überfluß hatte. Der Tag war zu schön, als daß er gleich wieder in die geschlossenen Räume seines Hotels zurückkehren woll te.
Er würde in den Park gehen, ein kleines Gebiet abschirmen und ein paar Sonnenstrahlen aufgabeln, während er
nach dem Ka suchte, das so strahlend
hell leuchtete.
„Mike? Hier spricht Vicki. Es ist etwa vierzehn Uhr zehn. Sonntag nachmittag. Ruf mich an, wenn du Zeit hast." Vicki legte auf und griff nach
ihrer Jacke. Jetzt, da sie genau wußten, daß hochrangige Polizeibeamte betroffen waren und angesichts der
Tatsache, daß ihn dieselben Polizeibeamten bereits von seinem Fall abgezogen
hatten, bestand durchaus die
Möglichkeit, daß Cellucis Telefon angezapft war. Das war zugegebenermaßen nicht sehr wahrscheinlich, aber Vicki mochte die Möglichkeit nicht einfach
ignorieren, nur weil die Wahrscheinlichkeit so unglaublich gering war. Immerhin
jagten sie eine alte ägyptische Mumie, und das erlebte man ja auch nur
höchst selten.
„Eine alte
ägyptische Mumie mit Namen Anwar Tawfik." Vicki rückte sich die Handtasche auf der Schulter zurecht. „Was wollen wir
wetten, daß das nicht sein richtiger Name ist?" Aber es war der einzige Name, den sie kannten, und so hatte sie
vor, den Nachmittag über in den
Hotels rund um das Royal Ontario Museum Erkundigungen einzuziehen. Alles
deutete darauf hin, daß die Mumie in dieser Gegend geblieben war, und
aus dem Wenigen zu schließen, was Henry ihr
berichtet hatte, zog Mr. Tawfik es vor, erster Klasse zu reisen. Vicki
fragte sich, womit die Mumie so einen Lebensstil wohl finanzieren mochte, und murmelte vor sich hin: „Vielleicht hat er
ja eine ägyptische Kreditkarte in Platin. Man sollte sich nie ohne begraben lassen!"
Henry.
Henry wollte sich
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