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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 03 - Blutlinien
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unter Zwang standen, hatte nicht viel zu
bedeuten. Er hatte nur je einen kleinen Teil ihres Ka verwendet, nur so
viel, wie nötig gewesen war, sie zu
überzeugen - in zwei Fällen hatte es sich wirk lich um winzige Teilchen gehandelt. Zudem hatte der Zauberbann jeweils genügend Wahrheit enthalten - die Schwüre
dieser Gefolgs leute würden Geltung
haben. Die dreißig unter Zwang Versammelten zählten gewiß nicht weniger als zwanzig freie; ein recht ansehnlicher Anfang.
    Nach der
Zeremonie würde seine Zauberkraft nicht mehr so stark benötigt werden, und er
würde sich von daher auch nicht so häufig nähren
müssen.
    „Wenn ich dich finde, oh du mein heller, mein strahlender ..." Er stellte seine
Kaffeetasse zum übrigen Frühstücksgeschirr und nahm den Opernumhang auf,
den der Innenminister vor der Bibliothekstür gefunden
hatte. „... dann muß ich mich vielleicht nie wieder näh ren." Die
Falten des Seidenstoffs glitten durch seine Finger, und er sonnte sich im Glanz der Erinnerung. Dieses Ka
schwebte gewiß wie ein Glorienschein
über all den anderen der Stadt und würde sich ihm nun, da er es berührt
hatte, nicht mehr verbergen können. Ein wenig neugierig
war er schon, was für ein Mann wohl - denn es war nur ein Mann gewesen, er hatte keinerlei Anzeichen
eines Gottes oder Zauberers verspürt - ein solches Ka mit sich trug,
aber die Neugier verblaßte neben seiner Begierde.
    Wie ein kleiner See lag ihm der Opernumhang zu Füßen. Vielleicht würde
er dem jungen Mann das vergessene Kleidungsstück zurückbringen,
und dann, wenn ihre Finger sich berührten, würde er ihm in die Augen sehen und ...
    Wenn ihm solche Kraft zur Verfügung stünde, dann wäre nichts mehr unmöglich!
      Tony war sich nicht im klaren darüber, was ihn an diesem Morgen aus seiner Kellerwohnung vertrieben hatte, aber irgend etwas hatte an ihm genagt, ihn aus dem Schlaf geschreckt und auf die Straße gejagt. Auch zwei Tassen Kaffee und ein Muffin mit doppelter Scho koladenfüllung in seinem Lieblingscafe brachten ihn einer Antwort nicht
näher.
    Die Hände
tief in den Taschen seiner Jacke vergraben stand er an der Ecke Bloor und Yonge Street und wartete darauf, daß die Ampel auf Grün sprang, belauschte mühelos die
Unterhaltungen um ihn herum,
filterte alles, was nur die Yuppies anging, heraus und schenkte den Klagen einer Gruppe von Straßenkindern Gehör,
die unter der Kälte litten. Dies war
die Zeit im Jahr, in der alle, die in Parks und Bushaltestellen übernachteten, sich als erstes darüber Gedanken
    machten, wie sie einen
weiteren Winter würden überstehen können. Erst dann kam das Problem der
nächsten Mahlzeit, der nächsten Zigarette, des nächsten Joints, des nächsten
Bargelds. Sie unterhielten sich über die
besten Plätze zum Betteln und für die Prostitution, über sichere
Schlafplätze in Türeingängen, darüber, welcher Bulle auch mal ein Auge zudrückte, wer aufgegriffen worden
war, wer gestorben. Tony hatte selbst fünf Jahre lang auf der Straße
überlebt und konnte beurteilen, welche der Aussagen Gewicht hatten und welche
lediglich heißer Wind waren. Nichts, was gesagt wurde, gab Aufschluß darüber, warum er immer noch so nervös war.
    An der Bloor Street wandte er sich nach Westen, die dünnen Schultern so hoch gezogen, wie es nur ging. Die neue Jacke, mit Geld bezahlt, das er mit wahrhaftig ehrbarer Arbeit verdient hatte, hielt ihn durchaus
warm genug, aber man braucht eben Zeit, um alte Ge wohnheiten abzulegen. Selbst nach zwei Monaten war er noch immer etwas unsicher über den Job, befürchtete, dieser
würde ebenso über raschend verschwinden, wie er aufgetaucht war und
damit auch sein Zimmer, die Wärme, die regelmäßigen Mahlzeiten ... und Henry.
    Henry vertraute ihm, glaubte an ihn. Tony wußte nicht, weswegen, scherte sich aber auch eigentlich nicht um die Gründe. Der Glaube und das Vertrauen reichten ihm. Henry war sein Anker geworden. Er glaubte nicht, daß das irgend etwas damit zu tun hatte, daß Henry ein Vampir
war - auch wenn Tony zugeben mußte, daß er das schon ziemlich gottverdammt
beeindruckend gefunden hatte, und es scha dete
bestimmt auch nicht, daß der Sex besser war als alles, was er bisher erlebt hatte und daß ihm schon ganz warm
wurde, wenn er nur daran dachte -
nein, Tony glaubte, das alles habe eher etwas damit zu tun, daß Henry ... nun eben Henry war.
    Das Gefühl, das ihn zum Aufstehen bewogen und auf die Straße getrieben hatte, hatte mit Henry nichts zu tun.

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