Hugo in Gefahr - Ein Fall für die Schwarze Pfote ; 6
er merkte, was sich darin befand, stieß er einen Schrei aus.
»Was ist los, Merlin?«, rief Charlotte von draußen. Das Fenster war zu hoch für sie, um etwas sehen zu können. »Merlin?«
Fast wäre sie von ihrem Freund umgestoßen worden. Mit einem Hechtsprung stürzte Merlin sich durch das Fenster wieder aus dem Wohnwagen. Bäuchlings landete er im Matsch. Er rappelte sich auf und spuckte ein wenig Erde aus.
»Lass uns bitte hier abhauen«, flehte er. Er war kreidebleich geworden.
»Was hast du denn da drin gesehen?«, wollte Charlotte wissen. »Hast du Elvis gefunden?«
Rau wie Schleifpapier
So schnell er konnte, rannte Merlin zurück zu der Stelle, an der sie Fips allein gelassen hatten. Charlotte versuchte hinterherzukommen.
»Jetzt sag schon«, keuchte sie. »Irgendwelche Beweise?«
»Lebende Tiere waren da keine.« Schnaufend lief Merlin über die matschige Wiese. »Aber der hat lauter eingelegte Frösche, Eidechsen und Schlangen im Regal stehen. Die haben mich angeguckt, als würden sie mich fressen wollen.«
Angewidert verzog Charlotte das Gesicht. »Wie eklig ist das denn?«
An der Rückseite der Holzunterkunft für die Bisons angekommen, staunten sie nicht schlecht.
»Wo ist Fips?«, fragte Charlotte.
Verwundert guckte Merlin sich um. Normalerweise war auf Fips hundert Prozent Verlass.
»Komisch«, sagte Merlin stirnrunzelnd. »Vielleicht wollte er die Parade nicht verpassen und ist schon vorgegangen.«
»Komm«, entschied Charlotte. »Gehen wir ihn suchen.«
Sie konnten ja nicht wissen, dass Fips keinen halben Meter von ihnen entfernt auf der anderen Seite der Holzwand gefesselt und geknebelt auf dem Boden lag. Verzweifelt hörte der arme Fips, wie sich die Stimmen seiner Freunde wieder entfernten. Langsam wurde es unbequem.
›Wenn mich hier nicht bald jemand rausholt, schlafen mir die Arme ein‹, dachte er. Die gefesselten Hände bohrten sich unangenehm in seinen Rücken. Wegen des Klebebandes über seinem Mund bekam er schlecht Luft. Und in seiner Nase kitzelte ihn das Stroh, das um ihn herumlag.
Endlich hörte er ein Geräusch. Ein heller Lichtstrahl fiel vom Eingang in den Stall.
›Charlotte und Merlin sind doch zurückgekommen‹, kam es Fips erleichtert in den Sinn. Schwere Schritte näherten sich ihm. Er blinzelte. Als sich ein großer Schatten über ihn beugte, wunderte er sich noch kurz, warum einer seiner Freunde Hörner auf dem Kopf haben könnte. Dann erkannte er, wer sich da für ihn interessierte.
Die riesige Bisonschnauze näherte sich langsam seinem Gesicht. Ein dicker Speichelfaden hing dem gehörnten Tier aus dem Mundwinkel und schaukelte nur einen Zentimeter von Fips’ Nase entfernt hin und her. Ohne Vorwarnung ließ der Bison ein kräftiges Schnauben los. Es fühlte sich an, als würde Fips den Kopf in einen Rasensprenger halten. Als ob das nicht schon genug wäre, schnellte eine waschlappengroße Zunge aus dem Bisonmaul und leckte Fips einmal quer über das Gesicht. Sich mit einem Schleifpapier abzurubbeln konnte nicht unangenehmer sein.
Da das Tier nach seinem Auftritt bei der Westernparade hungrig geworden war, unterbrach es die Liebkosungen für einen Moment. Es steckte seine Schnauze in den Futtertrog und fing an zu schmatzen. Leider waren Bisons nicht für ihre Tischmanieren bekannt. Die Hälfte des Körnerfutters prasselte auf Fips ein.
›Ich will hier raus‹, dachte er verzweifelt.
Die Parade war in vollem Gange, als Charlotte und Merlin auf den Marktplatz von Rodeo-City kamen. Gerade waren die Bisons wieder nach draußen gejagt worden und Häuptling Krumme Feder hatte seinen großen Auftritt. »Aiaiaiai, aiaiaiai, aiaiaiai«, ertönte es über die Lautsprecher. Bestimmt doppelt so viele Besucher wie am vorigen Tag standen an der Paradestrecke und jubelten ihm zu. Die Attraktion der Westernstadt hatte sich in Hommelsdorf schnell herumgesprochen.
Charlotte stellte sich auf ihre Zehenspitzen und guckte sich um.
»Siehst du ihn?«
Merlin schüttelte den Kopf. Unter den vielen Menschen war Fips nirgendwo zu sehen. Und von Hugo fehlte auch jede Spur.
Würstchen vom Grill
Hugo war mitten im Tiefschlaf gewesen, als er durch das Gerangel von Fips und dem Medizinmann geweckt wurde. Der Anblick des unheimlichen Indianers ließ ihn Hals über Kopf die Flucht ergreifen. Mit schlackernden Ohren und eingezogenem Schwanz raste der Vierbeiner davon. Er rannte an mehreren Containern vorbei und schlüpfte unter zwei Wohnwagen durch. Hinter einem alten
Weitere Kostenlose Bücher