Hummeldumm
letzten Geräusche mit sich. Fast andächtig standen wir da, bis sie schließlich verschwanden. Eine unerhörte Stille legte sich um uns. Aber nicht lange, denn plötzlich bekam Trixi sich gar nicht mehr ein: »Habt ihr so was Stilles schon mal gehört? Also ich noch nie! Ich meine, in der Schweiz, da gibt's ja auch ganz stille Ecken in den Bergen, aber so eine Stille? Am liebsten würde ich die einpacken und mitnehmen!«
»DICH müssd mer einbagg!«, knarzte Seppelpeter übellaunig und stampfte alleine los.
»Was hat er denn?«, fragte Trixi entsetzt.
»Stirbt bald«, flüsterte Breitling, und Bahee gab das Kommando zum Aufbruch: »So! Auf geht's in die Wüste, immer die fränkische Lokomotive nach!«
Sprach's und ging die erste Düne an. Sina und ich hielten uns unmittelbar hinter Bahee, direkt danach folgte Breitling, der mit brennender Zigarette in brandneuen Wanderschuhen über Stock und Stein stolperte und abwechselnd »Schöne Scheiße« oder »Kackland!« knurrte. Brenda hingegen versteifte sich in erster Linie auf das Problem der nächtlichen Temperaturen. »Sind denn die Schlafsäcke wenigstens warm?«
»Nein«, antwortete Bahee trocken, »weil nach Herero-Tradition wir machen da traditionell Eis rein.« »Ihr macht da echt Eis rein?«
Brenda blieb stehen, wurde aber sofort weitergeknurrt. »Maus, bitte! Einfach weiterlaufen.«
Düne um Düne ging es voran, wobei Bahee und Seppelpeter immer schneller wurden. Offenbar befürchtete Bahee nun wirklich, die Nacht würde unser Lager schneller erreichen als wir.
»Wir müssen hier mal eine Gang dazutun, sonst wird uns noch schwarz vor Augen!«, rief er uns zu.
»Mir is immer schwarz vor die Augen, wenn du vorgehst!«, beömmelte sich Speckhut und schickte sicherheitshalber gleich seinen eigenen Wiener Lacher hinterher. Ich drückte Sinas Hand ein wenig fester und zog sie zur Seite, so dass die Gruppe passieren konnte, was als Ausweichmanöver schwachsinnig war, da es auch ohne einen Schritt zur Seite links und rechts gute eintausend Kilometer zum Ausweichen gab. Auch Schnabel schritt vorbei und bemerkte natürlich, dass wir Händchen hielten.
»Wollen wir uns nicht wieder vertragen?«, fragte ich Sina, als der Triathlet außer Hörweite war.
»Gerne!«, seufzte sie, doch so richtig umarmen ließ sie sich trotzdem nicht.
»Aber ...?«, fragte ich.
»Nichts >aber<. Ich ...« Sina stockte. »Ich komm nur bei deinen Launen nicht mehr mit. Drei Tage lang ist alles scheiße und jetzt wieder alles gut?!«
»Eben. Jetzt ist alles wieder gut!«
»Und morgen? Wieder alles scheiße?«
»Natürlich nicht!«
»Matze. Du musst mir echt sagen, was los ist! Hat es was mit dieser Pütz zu tun im Büro?«
Mit den Zähnen malmte ich meine Unterlippe, dann blickte ich zu Bahee und unserer Gruppe, die inzwischen auf uns wartete.
»Es war natürlich nicht die Tasse und auch nicht die Kölnarena«, sagte ich und gab mir redlich Mühe, so ehrlich wie möglich zu klingen: »Ich hab mein Team kontaktieren müssen, weil... weil ich ...«
»Ja?«
»... das Sprint Backlog im falschen Ordner abgelegt habe. So!«
»Ach Matze, ich versteh doch deinen Job nicht!«
»Keiner versteht meinen Job! Na, jedenfalls haben die was gesucht, ohne das sie nicht weiterprogrammieren konnten. Ich wollte dich nicht auch noch stressen damit, na ja ... hat nicht geklappt! Aber jetzt wissen sie, wo's ist, und es ist alles gut.«
Sina schien zufrieden mit meinen Ausführungen. Ich atmete durch.
»Trotzdem musst du denen echt mal klarmachen, dass wir im Urlaub sind.«
»Hab ich ja schon!«
»Und: haben sie's begriffen?«
»Ich glaube ja.«
»Gut!«
Erleichtert fassten wir einander an den Händen und schauten über die Dünen. Lange Schatten zerschnitten das Land, die Sonne stand tief. Direkt vor uns ließ sie mit letzter Kraft einen schmalen Streifen vertrocknetes Gras wie einen goldenen Pfad erglühen. Ein Pfad, der von unseren Fußspitzen bis ganz ins Tal führte, weit weg von unserer Gruppe. Ich nahm den goldenen Pfad als Naturschauspiel zur Kenntnis, nicht als magischen Wegweiser zur Umkehr.
»Ja, leck mich am Arsch!«, knatterte es begeistert durch die Wüste, und neugierig schauten wir hinauf zur Düne, auf der Breitling offenbar bereits das Camp einsehen konnte. »Kinders! Das müsst ihr euch anschauen, das glaubt ihr jetzt aber nicht!«
Hand in Hand rannten Sina und ich die Düne hoch, um zu sehen, was es dahinter zu bestaunen gab.
20
Das Camp nahm gut die Fläche zweier
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