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Hundeleben

Titel: Hundeleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Zander
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schien im Trend zu liegen. Ich gewöhnte mich langsam daran. Vor allem machte es mich neugierig. Schlafende Hunde soll man nicht wecken. Ich war ein schlafender Hund. Hin und wieder. Und mein Gegenüber gab sich alle Mühe, mich zu wecken.
    »Ich verstehe trotzdem nicht«, bemerkte ich.
    Ich verstand tatsächlich nicht.
    »War das nicht klar und deutlich?«
    »Wir sprechen zwar die gleiche Sprache, aber wir sprechen nicht die gleiche Sprache, wenn Sie verstehen …«
    »Ich dachte mir schon, dass Sie etwas länger brauchen würden, um die Lage zu begreifen.«
    »Ach.«
    »Ja. Wären Sie sonst in eine solche Lebenssituation geraten? Mussten Sie sich sehr anstrengen, um zu erreichen, was Sie erreicht haben?«
    Lebenssituation! Was für ein feinsinniges Wort! Außerdem wurde er persönlich. Das Problem, das er hatte, musste ihm sehr hart zusetzen.
    »Was haben Sie für ein Problem?«, fragte ich neugierig.
    »Sie haben hier ein Problem, falls Sie das noch nicht bemerkt haben.«
    »Ja. Habe ich bemerkt. Sie sind mein Problem, weil Sie ein Problem haben. Also?«
    »Halten Sie sich an das, was ich Ihnen gesagt habe.«
    »Sonst?«
    »Was sonst?«
    »Es gibt immer irgendein sonst. Auch Konsequenz genannt. Und ich würde gern wissen, was Sie unter ›sonst‹ verstehen. Aus reinem Selbsterhaltungstrieb.«
    »Selbsterhaltungstrieb. Nicht schlecht«, sagte er.
    Ich ging nicht auf seinen Sarkasmus ein. Ich blieb sachlich.
    »Wollen Sie mich, falls ich zur Neueröffnung eine Kinokarte kaufe, erschießen, vierteilen oder auf andere Weise aus der Welt schaffen?«
    »Erschießen? Vierteilen?«
    Er schaute irritiert auf mich herab. Möglicherweise interpretierte ich den Ausdruck seines Nylongesichtes auch falsch. Vielleicht lächelte er ja. Wenn, dann war sein Lächeln diabolisch, zumindest ansatzweise.
    »Nichts von alledem. Ich werde Sie ruinieren. Und zwar gründlich.«
    »Wer sind Sie? Was wollen Sie wirklich? Was soll das Theater? Aus welcher Anstalt sind Sie ausgebrochen? Wie haben Sie die Wärter überwältigt?«
    Ich stellte noch ein paar präzise Fragen. Ich stellte sie dem Schreibtisch, dem Fenster, dem Regen. Es kam keine Antwort.
    Unten ging die Tür. Sollte ich ihn verfolgen, ihn beschatten? Wenn ja, musste ich los. Sofort.
    Ich streckte die Beine aus und blieb sitzen.

23
    Hatte sich mir ein Kämpfer für die Belange der Schwachen und Entrechteten entgegengestellt? Oder hatte ich soeben jemanden kennengelernt , der gern seine Beretta spazieren führte, wie andere ihren Hund und wieder andere ihr Ego?
    Die Fragen würden sich ohne empirische Erhebungen kaum beantworten lassen, also befestigte ich an ihnen einen signalroten Gedankenreiter und legte sie nahe dem Eingang meines Gedächtnisses an gut erinnerbarer Stelle ab. Ich würde bald auf sie zurückkommen. Ganz sicher.
    Das Treffen mit Brand hakte ich ab. Für heute. Höhere Gewalt hat auch ihre guten Seiten.
    Also blieb mir Zeit für anderes. Zum Beispiel für Sylvia und die zwei Millionen.
    Ich reckte die rechte Hand Richtung Telefon. Wusste Sylvia inzwischen von Marks Tod? Wahrscheinlich. Und wenn nicht?
    Ich zog die Hand zurück. Wenn Mark nicht Sylvias Bruder war, weshalb hatte sie mir die Familiengeschichte aufgetischt? Oder hatte sie die Wahrheit erzählt? Lag Proll daneben? Hatte er schlecht recherchiert? Wollte er einen Keil zwischen Sylvia und mich treiben?
    Ich griff erneut zum Telefon. Wenn Proll Sylvia informiert hatte, in Ordnung. Dann konnte mein Anruf nicht schaden. Wusste sie noch nichts, dann war es gut, dass sie es von mir erfuhr. Vielleicht schwebte sie in Gefahr. Nicht ausgeschlossen. Ich musste sie warnen. Die Leute, die Mark getötet hatten, schienen nicht gerade verfassungstreue Mitbürger zu sein. Vielleicht waren sie schon bei ihr gewesen. War sie möglicherweise bereits jenseits von … Ich versuchte, den Gedanken nicht zu Ende zu denken. Ging nicht. Ich sah Sylvia ohne Hinterkopf auf der roten Couch, welche wir gestern noch …
    Das Telefon klingelte. Ich angelte mir den Hörer.
    »Detektei Gass . Bitte fassen Sie sich kurz. Sprechen Sie –   jetzt!«
    »Siegfried?«
    » Cleo !«
    Es war meine Frau bzw. Ex-Lebenspartnerin. Unglaublich! Was war los? Brannte es bei ihr? Wollte sie sich versöhnen?
    »Schön, dass du anrufst. Ich habe letztens von dir geträumt, Cleo . Wir lagen gemeinsam auf …«
    »Dein Pech. Ich muss verreisen, per Flugzeug.«
    »Was?«
    »Soll ich mich nun kurz fassen oder nicht?«
    »Türkei, Tunesien,

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