Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes
altmodischen Revolver in der Hand. »Die Schießerei ist vorüber.«
In dieser Nacht zeigte sich Morgans Welt als deutlich erkennbare Scheibe. Sie ähnelte einem kleinen Halbmond.
Am Morgen bauten sie ihr Floß zusammen. Sie richteten die Stämme nebeneinander aus und schnitten sie auf passende Maße zurecht. Hutch, die sich ihrer Fähigkeiten als Floßbauerin nicht sicher war, forderte Querverbindungen, um das Wasserfahrzeug zusammenzuhalten. Dann bastelten sie Paddel und Staken und diskutierten eine Weile über ein Segel, bis Hutch das Thema als Zeitverschwendung klassifizierte, weil schließlich keiner von ihnen wusste, was er tat.
Wie sich herausstellte, hatten sie ihr Lager offenbar an einer natürlichen Tränke aufgeschlagen. Von Zeit zu Zeit tauchten ein paar Tiere auf, musterten die Fremden neugierig, verweilten in sicherem Abstand und tauchten die Mäuler in den Fluss, so es ihnen möglich war, ehe sie sich in den Wald zurückzogen.
Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als das Floß fertig war. Erleichtert, endlich weiterzukommen, kletterten sie an Bord und machten sich daran, über den Fluss zu setzen.
Der Tag war ungewöhnlich warm. Tatsächlich war es beinahe warm genug, die Temperaturregelung der Felder abzuschalten. MacAllister nahm am Bug Platz und machte es sich bequem, um die Überfahrt zu genießen.
Einen passenden Landeplatz hatten sie bereits zuvor ausgespäht, ein Sandufer ohne sichtbare Felsen, einen halben Kilometer flussabwärts.
Chiang und Hutch ergriffen die Staken, Kellie und Nightingale übernahmen die Paddel, und MacAllister tat, als gäbe er den Kurs vor.
Nightingale sah zu, wie das Ufer an ihnen vorbeizog. Irgendwann drehte er sich zu Hutch um. »Diese Welt einfach zu ignorieren«, sagte er, »war geradezu kriminell.«
»Die Akademie hat sich auf ihre begrenzten Mittel berufen«, sagte Hutch.
»Das war die offizielle Verlautbarung. Tatsächlich ging es um Machtkämpfe in den oberen Etagen. Die Entscheidung über diese Operation wurde zu einem Teil des Tauziehens. Die falsche Seite hat gewonnen, also sind wir nie hierher zurückgekehrt.« Er blickte zu den Baumkronen hinauf. »Mit mir hatte das alles nichts zu tun, aber ich musste die Schuld auf mich nehmen.«
MacAllister schirmte seine Augen vor der Sonne ab. »Langweilige Wildnis«, kommentierte er.
»Sie haben davon nichts gewusst, nicht wahr, MacAllister?«, fragte Nightingale.
»Wovon nichts gewusst?«
»Davon, dass bei diesen Entscheidungen interne Interessen eine Rolle gespielt haben. Dass ich nur der Sündenbock war.«
MacAllister seufzte schwer. »Randall«, sagte er, »es gibt immer interne Interessen, die berücksichtigt werden wollen. Ich glaube nicht, dass irgendjemand je geglaubt hat, Sie hätten weitere Forschungsmissionen verhindert. Sie haben es lediglich den Leuten etwas einfacher gemacht, für die andere Prioritäten galten.« Sein Blick folgte dem Fluss. »Wie schade, dass wir nicht den ganzen Weg zur Fähre auf diese Weise hinter uns bringen können.«
Kellie beobachtete etwas hinter dem Floß. Nightingale sah sich um und erkannte einen Vogelschwarm, der ihnen langsam in gleich bleibendem Abstand folgte. Nein, keine Vögel, korrigierte er sich, eher Fledermäuse.
Sie flogen in einer V-Formation, deren Spitze auf das Floß deutete.
Und es waren auch keine Fledermäuse. Er hatte sich durch ihre Größe irreführen lassen, wie er nun erkannte, denn tatsächlich erinnerten die Kreaturen eher an Libellen.
Libellen? Die Leiber waren segmentiert und so lang wie sein Unterarm, und sie hatten eine Flügelspannweite wie Pelikane. Aber was ihn besonders alarmierte, waren die seltsamen Rüssel, die aussahen wie Dolche.
»Achtung«, sagte er.
Sämtliche Augen richteten sich nach hinten.
MacAllister stemmte sich auf die Beine und zog seinen Cutter hervor. »Willkommen auf Deepsix, wo die Mücken Sie niederschlagen, ehe sie zubeißen.«
»Sie scheinen wirklich an uns interessiert zu sein«, stellte Hutch fest.
Und es gab noch ein weiteres Problem: Sie hatten die Mitte des Flusses noch nicht erreicht, und die Strömung trug sie schneller voran, als irgendjemand es erwartet hatte. Es stand außer Frage, dass sie den angepeilten Landeplatz verfehlen würden.
Der Fluss war hier zu tief für die Staken. Chiang und MacAllister übernahmen die Paddel und mühten sich nach Kräften, aber sie machten nur wenig Fahrt abseits der Strömung und mussten schließlich hilflos zusehen, wie der Landeplatz hinter
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