Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes
weniger Stunden passieren. Wenn der Planet dann in die Suppe knallt, wird nur noch der Kern übrig sein. Nur ein Haufen Eisen.«
Ihr Blick richtete sich wieder direkt auf ihn. »Okay. Ich schätze, wir sollten keine Zeit vertrödeln.«
»Haben Sie vor zu bleiben und zuzusehen? Bei der Kollision?«
»Jetzt, da ich schon hier bin? Sicher. Wenn meine Passagiere nicht zu laut protestieren.«
Einen Augenblick herrschte Schweigen. »Schön, Sie wieder zu sehen, Hutch«, sagte er dann. Zwei Jahre waren seither vergangen. Sie war auf dem Rückweg von Pinnacle gewesen, bereit, anzudocken, und er war mit einem Gutachterteam gerade aufgebrochen. Sie hatten sich ein paar Minuten über die Kommunikationsanlage unterhalten, so, wie sie es auch jetzt taten.
Aber sie waren mindestens doppelt so lang nicht mehr physisch im selben Raum gewesen. Damals hatten sie an einem Navigationsseminar zu Hause auf dem Rad teilgenommen. Er hatte sich zu ihr hingezogen gefühlt, hatte sogar einen Abend wenigstens teilweise zusammen mit ihr auf einer Dinnerparty verbracht. Aber die Umstände hatten seither nie gepasst. Wie es schien, bewegten sie sich immer in entgegengesetzte Richtungen.
Sie betrachtete die Bilder. »Kein besonders großer Turm, nicht wahr?« Er war rund, aus Stein erbaut, hatte acht Fenster, jedes auf einer anderen Höhe, die alle in verschiedene Richtungen blickten. Er war etwa zwölf Meter hoch, aber die Sensoren hatten weitere fünfzehn Meter bis zum Fuß angezeigt, wo er offenbar mit der Innenseite der Stadtmauer verbunden war. Möglicherweise konnten sie durch den Turm direkt in die Stadt vordringen.
Marcel hatte an seiner Konsole zwei Bilder aufgerufen. Eines war eine Nahaufnahme, das andere zeigte den Turm, isoliert in der Schneewüste.
»Wann wollen Sie loslegen?«, fragte er.
Sie legte den Kopf schief. »Sobald wir die Sandwiches eingepackt haben.«
»Hutch, meine Nummer Eins würde gern mit Ihnen auf die Oberfläche gehen.«
Sie schien erfreut zu sein. »Sicher. Wenn er will, wird es uns eine Freude sein.«
»Er ist eine Sie namens Kellie Collier. Sie ist gut. Wird sicher eine große Hilfe sein, falls Sie da unten in Schwierigkeiten geraten.«
»Ich kann Hilfe brauchen. Archäologen haben Sie nicht zufällig an Bord, nehme ich an?«
»Nein. Ich habe eine Schiffsladung Mathematiker, Physiker und Klimatologen hier.«
Hutch nickte. »Wie steht’s mit einem großen Laser?«
Er lachte. »Ich wünschte, ich hätte einen.«
»Okay. Einen Versuch war es wert.«
»Nur noch eins, Hutch.«
»Ja?«
»Wie Sie sicher wissen, haben wir keine Landefähre. Falls Sie in Schwierigkeiten geraten, werden wir Ihnen nicht helfen können.«
»Ich weiß. Machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe vor, sehr vorsichtig zu sein.«
»Gut. Würden Sie mir einen Gefallen tun, während Sie da unten sind?«
»Sicher.«
»Dann halten Sie mir einen Kanal offen, damit ich hören kann, was vor sich geht.«
Bisher hatte Hutch sich davor gedrückt, Nightingale von Gomez’ Vorstellung in Kenntnis zu setzen, dass er das Landeteam begleiten solle. Sie bezweifelte, dass dies Nightingales Wünschen entsprach, und noch mehr bezweifelte sie, dass seine Anwesenheit ihnen tatsächlich von Nutzen wäre. Aber im Augenblick bestand das ganze Team außer ihr selbst nur aus Toni und Kellie Collier. Sie würde ein paar Freiwillige brauchen, die Wache hielten und beim Transport der Artefakte halfen. Sofern sie überhaupt irgendwelche Artefakte fanden.
Diesen Teil ihres Jobs mochte sie absolut nicht. Immerhin wurde von ihr verlangt, etwas zu tun, von dem sie nur sehr wenig wusste, und sie arbeitete schon lange genug für die Akademie, um zu wissen, dass Gomez die Lorbeeren für jeden noch so kleinen Erfolg einstreichen würde, während ein Misserfolg für alle Zeiten an Hutchs Namen kleben würde.
Wie der Verlust von Richard Wald vor zwanzig Jahren.
Wald war ein hervorragender Archäologe gewesen, den Hutch nach Quraqua geflogen hatte. Während er sich den Terraformern lange und hartnäckig widersetzt hatte, war er einer Flutwelle zum Opfer gefallen. Die Geschichte trug legendäre Züge. Wald war zu lange an einem unterseeischen Ausgrabungsort jener Welt geblieben, während die Welle näher gekommen war, und am Ende hatte Hutch ihn nicht mehr sicher von dort fortbringen können. Manche Leute gaben ihr die Schuld an dem Vorfall und behaupteten, dass sie die Einzige mit einem Überblick über das Geschehen gewesen und ihre Warnung zu spät gekommen
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