Hype: Thriller (German Edition)

Weile vom Computer abzuwenden, um einen ruckartigen, vier Meter langen Spaziergang zur Tür und zurück zu machen, damit er ein bisschen runterkam.
    Das alles war wie ein verdammt fieser Flashback zurück in die Zeit, als Dag sie unter Kontrolle hatte. Damals hätte er sie fast verloren.
    Anfangs hatte er Dag bewundert, ihn fast als seinen großen Bruder angesehen, als er und Becca sich kennenlernten. Er hatte lange nicht richtig wahrhaben wollen, wie Dag sie behandelte, obwohl es immer schon Anzeichen dafür gegeben hatte. Dag war ja ein cooler Typ, so einer, mit dem man gern abhing und von dem man sich gern auf die Schulter klopfen ließ. Es war Mange, der ihm schließlich die Augen geöffnet und ihm verklickert hatte, was für einer Dag eigentlich war und was gerade passierte. Als HP aus seinem Bewunderungstaumel erwacht war, hatte er begonnen, Dag genauso sehr zu hassen, wie er seinen Vater gehasst hatte.
    Philip Argus hatte er bisher eigentlich nicht gehasst. In mancherlei Hinsicht hatte HP seinen Chef sogar verstehen können. Immerhin hatte er Philips Vertrauen missbraucht und seine gesamte Firma gefährdet. Handlung und Konsequenz sozusagen. Doch jetzt war alles anders.
    Jetzt war es verdammt persönlich geworden!
    *
    Die Situation war schlimmer, als sie gedacht hatte.
    Bisher hießen die Katastrophen Estonia und Palme-Mord, aber was Henke da berichtet hatte …
    Als sie ihn endlich dazu gebracht hatte, ihr von seinen Erlebnissen zu erzählen, hatte er gar nicht mehr aufhören können. Die Worte waren in einem Schwall aus ihm herausgeschossen, vor allem, nachdem sie ihm gegenüber ehrlich gewesen war und immerhin versucht hatte, ihm von ihrem fürchterlichen Date mit John, alias Philip Argus zu erzählen.
    Sie hatte versucht, ihm zu glauben, sich sogar richtig Mühe gegeben. Aber es war einfach nicht zu begreifen. Firmen, die das Internet säuberten, die Blogs und Diskussionsforen lenkten und die gleichzeitig angeblich mit Kräften zusammenarbeiteten, die Terroranschläge fingierten, um die Medienaufmerksamkeit von anderem abzulenken, was man verbergen wollte …
    Wirklich?
    Doch als wäre das nicht schon genug, hatte Henke die Geschichte zusätzlich noch mit Auftragskillern, heimlichen Google-Algorithmen und seherischen Damen aus Lidingö ausgeschmückt, um am Ende dort anzukommen, wo alles einmal angefangen hatte:
    Bei diesem verfluchten Spiel …

ACHTUNDDREISSIG
    Online games
    Forum der Säulen der Gesellschaft
    Beitrag gepostet am: 29. Dezember, 18:41
    Von: MayBey
    Der kleine Henrik hängt in einem schäbigen Junggesellenhotel in Södermalm herum. Wahrscheinlich glaubt er, dass er dort sicher wäre. Aber wir wissen es besser, oder?
    Zu diesem Beitrag gibt es 29 Kommentare.
    *
    GOODBOY.821 SAGT: Bist du da?
    FARUK SAGT: Schön, von dir zu hören, Bruder. Long time no C…
    GOODBOY.821 SAGT: Viel zu lange, mein Freund – mein Fehler …
    FARUK SAGT: Did U miss me??
    GOODBOY.821 SAGT: Leck mich, Mange !1!1
    GOODBOY.821 SAGT: Hast du meine Mail bekommen?
    FARUK SAGT: Ja, aber es hat ein Weilchen gedauert, sie zu entschlüsseln. Du bist ja zurzeit noch netzparanoider als meine Wenigkeit.
    GOODBOY.821 SAGT: Wie du dir vielleicht vorstellen kannst, gibt es dafür gute Gründe …
    FARUK SAGT: Na klar, das habe ich schon kapiert, ich habe mir alles durchgelesen.
    GOODBOY.821 SAGT: Und?
    FARUK SAGT: Bin ganz deiner Meinung, Bruder. Das, was Argus macht, ist aus so vielen verschiedenen Gründen falsch, dass ich sie gar nicht zählen kann. Es widerspricht doch der ganzen Idee, die hinter dem Internet steht. Ich weiß, dass es vielen Leuten gefallen würde, wenn wir diese Trolle ans Licht zerren würden. Der Trojaner ist kein Problem, so einen kann ich innerhalb von ein paar Tagen zusammenbasteln, sogar von hier aus. Die Frage ist nur, wie es gelingen könnte, ihn ins System einzuschmuggeln …
    Also, natürlich kann man sich einhacken. Ich kenne einige, die das sicher schaffen würden, aber das würde wohl ein paar Monate dauern. Außerdem weiß man nicht, wie effektiv das wäre, die Gefahr ist groß, dass die Attacke entdeckt werden würde, und dann wäre der Effekt gering. Dasselbe ist auch der Fall, wenn man versucht, den Trojaner als versteckten Anhang zu mailen.
    GOODBOY.821 SAGT: Okay, das ist jetzt nicht ganz die Antwort, auf die ich gehofft hatte …
    FARUK SAGT: Das verstehe ich.
    GOODBOY.821 SAGT: Andere Ideen?
    FARUK SAGT: Tja, wenn man ihn nicht von außen verschicken kann, bleibt nur noch die