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irgendeiner Person auszuliefern«, erklärte sie — eher, um sich selbst zu überzeugen, als Viper. »Die Hexe war verpflichtet, den Fluch aufzuheben und mir die Wahrheit zu verraten, sobald die Gefahr vorüber war.«
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Vipers schönes Gesicht verriet nichts über seine Gedanken. »Aber sie wurde getötet, bevor sie das tun konnte?«
»Ja.«
Es folgte eine Pause. Shay hatte keine Ahnung, was in Vipers Kopf vor sich ging. Vampire waren Meister darin, ihre Emotionen geheim zu halten, wenn das ihre Absicht war.
»Er versuchte dich nur zu beschützen, Shay«, sagte er schließlich sanft.
Die törichten Tränen, die sie bis dahin zurückgehalten hatte, brannten heiß in ihren Augen, als sie sich abrupt umdrehte, um ihren Schmerz zu verbergen.
»Ich weiß das, es ist nur ...«
In einem Tempo, das sie nie hätte erreichen können, war er auf sie zu geglitten und stand nun direkt vor ihr.
»Was?«
Sie seufzte schwer und akzeptierte, dass es keine Möglichkeit gab, etwas vor ihm geheim zu halten.
»All diese Jahre über gab ich die Schuld an meinem elenden Schicksal immer irgendeinem furchtbaren Monster, das mich meiner Ansicht nach mit diesem Fluch belegt hatte.
Nun muss ich feststellen, dass es mein eigener Vater war.«
»Ganz offensichtlich tat er es mit den besten Absichten.«
»Das ändert nichts an der Tatsache, dass ich mehr als achtzig Jahre als Sklavin verbracht habe.« Sie biss die Zähne fest zusammen, als die Erinnerungen an diese Zeit in ihr aufzusteigen drohten. Erinnerungen, die sie üblicherweise hinter Schloss und Riegel hielt, damit sie nicht von ihnen überwältigt wurde. »Ich wurde geschlagen, gefesselt und wie ein Tier verkauft.«
»Ich weiß, dass das schwierig war ...«
»Schwierig?« Sie lachte kurz und freudlos auf. »Es gab keinen einzigen Moment, in dem ich nicht der Gnade ir-274
gend eines Herrn ausgeliefert gewesen wäre. Keinen einzigen Moment, in dem ich mich nicht vor den Dingen fürchtete die die nächste Stunde bringen mochte. Keinen einzigen Moment, in dem ich nicht gekämpft habe, nur um zu überleben.«
»Shay.«
Das Mitleid in Vipers Gesicht sorgte dafür, dass sie sich ärgerlich die Tränen fortwischte. »Es tut mir leid. Ich bin normalerweise nicht so wehleidig.«
Vipers Augen nahmen einen dunkleren Ton an. »Es muss dir nicht leid tun.« Er berührte leicht die Feuchtigkeit auf ihren Wangen. »Ich bin den Hexen nur kurz begegnet, aber ich zweifle nicht daran, dass sie dir die Hölle auf Erden bereiteten.«
»Hölle - das ist wahr.« In ihrer Stimme lag Bitterkeit.
»Wenn Edra unzufrieden war, sperrte sie mich in einen Keller. Mehr als einmal ließ sie mich mehrere Jahre dort schmoren. Es gab kein Licht, keine Nahrung, mit Ausnahme des Ungeziefers und der Ratten, die dort herumkrabbelten!
Manchmal rechnete ich nicht mehr damit, je heraus zukommen. Ich dachte ...« Ihre Stimme brach, und sie war gezwungen, sich zu räuspern, bevor sie weitersprechen konnte.
»Ich dachte, ich säße bis in alle Ewigkeit in der Dunkelheit fest.«
Viper hielt seinen Gesichtsausdruck sorgsam neutral, als spüre er, dass sie sich beim ersten Anflug von Mitleid vor ihm verschließen würde.
»Und aus diesem Grunde bestandest du darauf, dass die Dämonen im Auktionshaus freigelassen wurden?«
»Ja. Nichts und niemand verdient eine solche Qual.« Shay zwang sich, Viper direkt ins Gesicht zu sehen. »Aber Edra war nicht das Schlimmste.«
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»Was war denn das Schlimmste?«
»Das Wissen, dass immer jemand die Macht über mich besitzen würde. Dass ich nie stark genug, schnell genug oder schlau genug sein könnte, um zu entkommen, denn es gab kein Entkommen.«
Vipers Gesicht zeigte seine Anspannung. Mit seiner geschmeidigen Eleganz wandte er sich um, um einige Schritte in Richtung Bett zu machen, bevor er sich erneut umdrehte und Shay aus einiger Entfernung anblickte.
»Eigentlich weiß ich ganz genau, wie du dich fühlst.«
»Du?« Sie schnaubte ungläubig. »Wie könntest du das wohl verstehen?«
Er hielt sich weiterhin in den Schatten auf, was sie an den reservierten Vampir denken ließ, der damals im Auktionshaus erschienen war, um auf sie zu bieten.
»Ich war nicht immer Clanchef«, erklärte er. Seine Stimme war leise und eigenartig rau. »Es vergingen nach meiner Verwandlung zahlreiche Jahre, in denen ich der Gnade sämtlicher Vampire ausgeliefert war, die Anspruch auf mich erheben wollten.«
Shay war entsetzt. Es war unmöglich, sich diesen arroganten,
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