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rücksichtslosen Mann der Gnade einer anderen Person ausgeliefert vorzustellen. Und ganz sicher nicht der Gnade eines anderen Vampirs. Er wirkte ... unangreifbar. Unverwundbar.
»Du warst ein Sklave?«
»Ein Sklave und Schlimmeres.«
»Was könnte denn noch schlimmer sein?«
»Das willst du wohl in Wahrheit nicht wissen, Schatz.«
Sie biss sich auf die Zunge. Er hatte recht. Wie schlimm die Hexen auch immer gewesen waren, es konnte immer noch etwas Schlimmeres geben. Viel, viel schlimmere Dinge.
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Sie schüttelte langsam den Kopf. »Ich dachte, dass die Clans die Ihren beschützten?«
Viper zuckte elegant mit der Schulter. »Glücklicherweise haben sich die Zeiten geändert, und wir sind zivilisierter geworden.«
»Zivilisiert? Du meinst,Vampire seien zivilisiert?«
»Im Vergleich zur Vergangenheit. Es gab eine Zeit, in der die Clans nur aus umherziehenden Gruppen von Krie-gern bestanden. Um ein Teil des Clans zu werden, musste ein neu erwachter Vampir ... sich ihren Forderungen beugen, gleichgültig, wie abartig oder verderbt diese auch sein mochten.«
Shay runzelte die Stirn. »Warum hätte man dann zu einen Clan gehören wollen?«
»Allein zu sein bedeutete den Tod.«
»Sie hätten dich getötet?«
»Die Starken überlebten, und die Schwachen waren nur Opfer.«
»Und du warst ein Opfer?«
Ihre Haut prickelte, als Vipers Macht im Raum aufloderte.
»Bis ich stark genug wurde, mich zur Wehr zu setzen.«
»Aber du wurdest stark genug«, sagte Shay sanft.
Stumm kämpfte er gegen seine eigenen inneren Dämonen an, und mit einem Mal verstand Shay den Grund für das riesige Waffenarsenal, das unter Vipers Haus verborgen lag.
Wie viel Macht er jetzt auch immer besitzen mochte, es würde trotzdem immer das Wissen geben, dass in der Finsternis Ungeheuer lauerten. Er hatte sich mit schönen und tödlichen Gegenständen umgeben, die nicht nur der Traum jedes Sammlers waren, sondern ihm unbewusst auch ein Gefühl von Sicherheit vermittelten.
Seine leichtfüßigen Schritte trugen ihn blitzschnell wie-277
der zu ihr zurück, und er streckte die Hand aus, um die Kurve ihres Halses nachzuzeichnen.
»Ich wurde stark, aber wie bei dir sind die Erinnerungen geblieben.«
Shay entzog sich nicht seiner kühlen Berührung. Sie konnte nichts in seinem Gesicht lesen, aber sie wusste, dass er Schrecken ertragen hatte, die jedem anderen ohne Zweifel jahrhundertelange Albträume beschert hätten. Und noch viel erstaunlicher war, dass es ihm gelungen war, einen Sinn für Ehre und Integrität zu behalten, der ihn davon abgehalten hatte, zu einer der Bestien zu werden, die ihn gequält hatten.
Dennoch gelang es ihr nicht vollkommen, ihren kleinlichen Neid einfach abzutun. Nicht, solange sie durch ihren Fluch gebunden war.
»Du hast es überlebt, und nun bist du frei.«
Er verzog die Lippen bei ihren Worten. »Ich bin niemals frei, Schatz. Da gibt es ... Kräfte, denen selbst ich gehorchen muss.«
Sie zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Du bist Clanchef. Welchen Kräften solltest du wohl gehorchen müssen?«
»Es ist mir untersagt, davon zu sprechen.«
Und damit war die Angelegenheit für ihn erledigt.
Der Ton in seiner Stimme war unverkennbar. Er sagte Shay, dass sie ihn für den Rest der Ewigkeit drängen konnte, ihr eine Erklärung zu liefern, ohne dass er nach gäbe. Das nachte sie natürlich noch neugieriger.
Sie schnitt eine Grimasse. »Soll mich das vielleicht trösten?«
Unvermittelt kräuselte ein Lächeln seine Lippen. Dieses sündige Lächeln, das stets etwas rief in ihrem Inneren zum Klingen brachte und die drohende Finsternis etwas weniger finster erscheinen ließ.
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»Wir werden herausfinden, wo Evor versteckt gehalten wird, Shay« Er streckte die Hand nach ihrem Genick aus und seine Finger streiften leicht über ihren empfindlichen Nacken, auf und ab. »Und dann werden wir den Fluch ein für alle Mal überwinden.«
Shays Mund wurde trocken, und ihre Zehen begannen sich in ihren Schuhen zu krümmen. Das war Wahnsinn. Nur wenige Momente zuvor war sie in Verzweiflung versunken gewesen. Eine Verzweiflung, die sich so undurchdringlich und schwer angefühlt hatte, dass sie sich nicht sicher gewesen war, ob sie sich jemals davon würde befreien können. Nun prickelte ihr ganzer Körper, und ihr Herz sprang ihr fast aus der Brust. Es schien nicht möglich zu sein, dass eine bloße Berührung ihre Gefühle so stark verändern konnte.
Sie leckte sich über ihre plötzlich trockenen Lippen und
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