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Icarus

Icarus

Titel: Icarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Russell Andrews
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abgebrochenen Schwangerschaften erinnerten. Bei Jack war er immer frech und selbstbewußt, denn so sah Jack ihn am liebsten. Er verehrte sie beide, und als Kid ins Collegealter kam und zu St. John’s in Queens wechselte, bezahlte Jack gern die Studiengebühren. Es ist kein Darlehen, erklärte er Kid, es ist eine Investition. Er meinte eine Investition in Kids Zukunft, aber er meinte auch noch mehr als das. Als Kid neunzehn Jahre alt war und gerade mit dem Studium begonnen hatte – er war noch immer Quarterback und noch immer mit Bryan befreundet, der noch immer auf dem Spielfeld für ihn blockte –, fuhr Jack mit Kid nach einem Spiel zum Essen, nur sie beide, und erzählte ihm, er und Caroline hätten sich eingehend darüber unterhalten und wollten Kid den Vorschlag machen, falls er daran interessiert wäre, einmal darüber nachzudenken, ob er nicht Lust hätte, zu ihnen in den Betrieb zu kommen. Kid war von dem Angebot überwältigt, meinte jedoch nur, ein wenig überheblich, ja, das könnte ihn vielleicht interessieren. Jack hätte sich eine etwas enthusiastischere Reaktion gewünscht, aber er kannte den Jungen, wußte, wie sehr er sich freute, und zwei Wochen später, nach einem anderen Spiel, saßen Jack und Dom und Kid und Bryan wieder beim Abendessen zusammen, und Bryan nahm Jack beiseite, berichtete ihm, daß Kid erwähnt hätte, was Jack gesagt hatte, und Kids Freund erzählte weiter, er hätte Kid noch nie so aufgeregt und glücklich gesehen.
    Aber Kid kam nicht in den Restaurantbetrieb.
    Er entwickelte sich nicht zu dem Sohn, den Jack und Caroline nicht selbst haben konnten.
    Statt dessen verschwand er.
    Er war durch etwas regelrecht vernichtet worden, das gegen Ende seines ersten Studienjahrs geschehen war. Ein Teamgefährte, Harvey Wiggins, jemand, dem Kid sehr nahe gestanden hatte, war auf dem Footballfeld schwer verletzt worden. Es geschah während eines Trainings, als Harvey die Verteidigungslinie attackierte, Kid zu Fall bringen wollte und im falschen Winkel geblockt wurde. Kid hörte das Knacken, als Harveys Genick brach, und sah ihn zusammensacken, von diesem Moment an für sein ganzes restlichen Leben querschnittsgelähmt.
    Caroline hatte viele Stunden damit verbracht, mit Kid über den Unfall zu reden. Aus irgendeinem Grund hatte Kid ein ausgeprägtes Gefühl der Schuld und der Schande entwickelt, und sie versicherte ihm wiederholt, daß er sich keine Vorwürfe zu machen brauchte. »Menschen gehen immer wieder Risiken ein«, erklärte sie ihm. »Man kann nicht jeden vor Dingen beschützen, die zu einem ganz normalen Leben mit allen Höhen und Tiefen gehören.«
    Aber Kid veränderte sich nach dem Unfall. Er zog sich noch mehr in sich selbst zurück, wurde zunehmend einsilbiger und schien kaum noch innere Energie zu haben. Jack stellte ihn zur Rede, fragte, ob er Drogen nehmen würde, aber Kid verneinte. Es ließ sich jedoch nicht leugnen, daß zwischen ihnen eine Wand entstanden war. Am Ende des ersten Studienjahrs kam er zu Jack und Caroline und erklärte ihnen, er würde das College verlassen. Auf die Frage nach dem Warum reagierte er ausweichend, wurde sogar wütend und zeigte sich genauso trotzig und verstockt wie als Jugendlicher.
    »Kid«, sagte Jack, »ich glaube nicht, daß du das allein entscheiden solltest. Bleib doch ein paar Tage hier, und wir können uns darüber unterhalten, ob …«
    »Nein!« Es war das erste Mal, daß Kid ihnen gegenüber die Stimme erhoben hatte. Aber er wich keinen Deut zurück. Seine Worte waren entschlossen und voller Leidenschaft. »Es gibt nichts mehr zu diskutieren«, fauchte er. »Ich verschwinde von hier.«
    »Haben wir irgend etwas getan?« fragte Caroline. Ihre Stimme klang leise und behutsam, als tröstete sie einen jungen Hund, der lange gequält worden war. »Wenn es das ist, können wir es sicher in Ordnung bringen.«
    Kid blieb von ihrer Sanftheit nicht unberührt. Einen Moment lang sah es aus, als würde er zusammenbrechen oder zu weinen anfangen. Doch dann wurde seine Miene wieder grimmig. Er schaute ihr nicht in die Augen, sondern schüttelte nur den Kopf und wurde wieder stumm und verschlossen wie eine Auster.
    »Ich denke schon, daß du uns eine Erklärung schuldig bist«, sagte Jack, und erneut schien in Kid die Wut hochzulodern.
    »Ich schulde euch gar nichts«, sagte er, »außer so schnell wie möglich von euch wegzukommen!«
    Er weigerte sich, Geld anzunehmen, und wollte keine weiteren Erläuterungen von sich geben. Er sagte, er würde

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