Ice Ship - Tödliche Fracht
wenn ein Schweißbrenner abgestellt wurde. Und ein Hintergrundgeräusch: tropfendes Wasser. Dann knackte und ächzte es im Rumpf, das Schiff bäumte sich steil auf. Schließlich noch einmal Garzas Stimme: »Festhalten, Leute!« Und das war’s, danach kamen nur noch Rauschen und Schnee auf dem Bildschirm. McFarlane beugte sich vor. »Zehn Sekunden zurück.« Das Band lief zurück. »Die Explosion hat sich exakt in dem Augenblick ereignet, als der Schiffsrumpf auf dem Scheitelpunkt dieser riesigen Welle war«, sagte Rachel. McFarlane nickte. »Ja, aber Garza hat Recht: Der Meteorit ist über eine so weite Strecke transportiert und immer wieder hochgehoben und abgesenkt worden, ohne dass je etwas passiert ist.« Dann fiel ihm ein: »Könnte es sein, dass sich einer der Männer hinter dem Meteoriten aufgehalten hat? An einer Stelle, an der er von der Kamera nicht erfasst wurde?« »Daran habe ich auch schon gedacht. Aber der Schweißtrupp bestand aus Garza und sechs Männern. In der letzten Einstellung sind alle zu sehen – vollzählig, es fehlt keiner.« McFarlane stützte das Kinn in die Hand. Etwas machte ihn bei dem Video unruhig, er kam nur nicht dahinter, was es war. Aber vielleicht war er auch nur zu müde, und alles war Einbildung. Rachel reckte sich und schnippte sich ein paar Erdnussschalen von den Knien. »Tja«, sagte sie, »da sitzen wir hier herum und versuchen schlauer zu sein als Garza. Aber wenn nun alles in bester Ordnung ist?« McFarlane sah sie verdutzt an. »Ich meine«, fuhr Rachel fort, »wenn tatsächlich niemand den Meteoriten berührt hat? Wenn er mit etwas ganz anderem in Berührung gekommen ist?« »Mit etwas anderem?«, wiederholte McFarlane. »Aber ich habe auf dem Video nichts gesehen. Da war sonst nichts, der Tankraum war völlig ...« Er brach abrupt ab. Plötzlich wurde ihm klar, was ihn bei dem Video irritiert hatte: das ständige Hintergrundgeräusch von sickerndem Wasser. »Noch mal die letzten sechzig Sekunden bitte«, sagte er, »schnell.« Er starrte auf das Videobild und versuchte herauszufinden, woher das Geräusch kam. Da war es: ganz schwach. Es musste von oben kommen, von der Wand des Tankraums. Wie leises Tropfen. Wenn der Tanker heftig zu schlingern anfing, was passierte dann mit Sickerwasser? Es wurde durch die jähe Bewegung von der Außenwand weg katapultiert und ... »Wasser«, sagte er laut. Rachel sah ihn stirnrunzelnd an. »An der Stahlwand des Tankraums ist ständig Wasser nach unten gesickert. Wahrscheinlich durch ein winziges Leck in den Ladeklappen. Guck mal, da drüben kannst du’s selber sehen.« Er deutete auf eine schmale feuchte Spur an der Wand. »Die Explosion wurde ausgelöst, als das Wasser in Kontakt mit dem Meteoriten gekommen ist.« »Das ist ausgeschlossen. Er hat Millionen Jahre in der Erde gelegen, und die war wer weiß wie oft triefnass, durchtränkt von Regen oder Schnee. Er verhält sich ausgesprochen reaktionsträge. Wieso soll er dann in bestimmten Fällen mit Wasser reagiert haben?« »Ich weiß es nicht. Aber schau’s dir selber an.« McFarlane ließ das Band zurücklaufen, um Rachel zu demonstrieren, dass die Explosion genau in dem Augenblick stattgefunden hatte, als durch die Schlingerbewegung des Schiffes Wassertropfen von der Wand auf den Meteoriten geschleudert worden waren. Rachel schüttelte den Kopf. »Was soll bei diesen Wassertropfen anders sein als bei all dem Wasser, mit dem der Bursche vorher in Berührung gekommen ist?« Und in dem Moment wurde es McFarlane klar, es war wie eine Eingebung. »Salz«, sagte er. »Das Wasser, das in den Tankraum sickert, ist Salzwasser.« Rachel schnappte verdutzt nach Luft. »Das ist es! Und das erklärt auch, warum Masangkay und Timmer durch den Hautkontakt mit ihren Händen die Explosion ausgelöst haben. Ihre Hände waren verschwitzt, und Schweiß ist salzhaltig. Als Lloyd die Wange auf den Meteoriten gelegt hat, war es bitterkalt, er hatte also mit Sicherheit keine verschwitzte Wange. Der Meteorit muss mit Natriumchlorid reagieren. Aber wieso? Es geht doch nur um eine Kochsalzlösung?« McFarlane sah sie an, dann richtete er den Blick an ihr vorbei auf das dünne Rinnsal Seewasser, das an der Stahlwand herunterrann, den Schlingerbewegungen des Tankers folgte und sich mal ein Stück nach links, mal ein paar Millimeter nach rechts verschob. Im Rhythmus der Schlingerbewegungen des Schiffes ... »Darüber können wir uns später den Kopfzerbrechen«, sagte er, griff nach seinem Funkgerät und
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