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Ice Ship - Tödliche Fracht

Titel: Ice Ship - Tödliche Fracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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malte. Gerade als McFarlane sich zu ihnen gesellte, brach das schwarze Gewölk auf, über den Horizont kroch grau die Ahnung der nahen Morgendämmerung. Draußen stakte ein Matrose in wiegendem Seemannsgang über das Vordeck. Über der weichen Gischt, die der Bug aufwühlte, kreiste mit gierigen Schreien ein Schwärm hungriger Seevögel. Wie krass doch der Gegensatz zu den glühend heißen Tropen war, die – es war noch nicht ganz eine Woche her – hinter ihnen lagen. McFarlane erinnerte sich an den lähmenden Erschöpfungszustand, von dem alle an Bord befallen schienen, nachdem das Ice Ship bei schwüler Hitze und in heftigem Regen den Äquator überquert hatte. Ihm selbst war es genauso gegangen, er hatte gähnend versucht, sich die Zeit mit Shuffleboard an Deck zu vertreiben, um sich dann doch bald wieder in seiner Kabine zu verkriechen und die cremefarbenen Wände anzustarren. Aber je weiter sie nach Süden kamen, desto frischer wurde die Luft, die Wellen gingen höher und schwerer, und das verwaschene Perlmutt des Himmels machte einem klaren, mit Wolken durchsetzten Azurblau Platz. Sofort fühlten sich alle wohler und fieberten geradezu vor Tatendrang. Die Brückentür wurde geöffnet, zwei Gestalten schoben sich herein: der Dritte Offizier, der die Morgenwache antreten wollte, und Eli Glinn, der stumm neben McFarlane trat. »Worum geht’s eigentlich?«, fragte McFarlane leise. Im selben Augenblick hörten sie hinter sich etwas klappen und sahen, als sie sich umwandten, Victor Howell aus dem Funkraum kommen. Der Offizier, der Captain Britton bei der Brückenwache ablösen sollte, flüsterte ihr etwas zu. Sie drehte sich um und bedeutete Glinn durch einen kurzen Blick, dass ihr seine Anwesenheit gemeldet worden war, trug dem Offizier auf, das Ruder Steuerbord voraus zu halten, und blickte zum Horizont, der sich messerscharf gegen die düsteren Wolken abzeichnete. Je mehr der Himmel sich aufhellte, desto deutlicher war an den Wellenbergen und -tälern zu erkennen, dass sie durch schwere See fuhren. Durch den dichten Vorhang aus dunklen Wolken brach ein Lichtstrahl – der erste Vorbote des neuen Tages. Britton überließ dem Dritten Offizier das Ruder und starrte, die Hände auf dem Rücken verschränkt, durch die breiten Brückenfenster nach vorn. McFarlane versuchte blinzelnd, ihrem Blick zu folgen, und da sah er es ebenfalls: schneebedeckte Berggipfel und helle, im ersten Morgenlicht funkelnde Gletscher. Captain Britton wandte sich zu ihnen um. »Land in Sicht«, sagte sie nüchtern, »die Berge der Tierra del Fuego, Feuerland. In wenigen Stunden werden wir durch die Straße von Le Maire in den Pazifischen Ozean einfahren.« Sie reichte McFarlane ein Fernglas. Er stellte die Schärfe nach, schlagartig rückte die Bergkette näher – rau und abweisend, wie der Festungswall eines vergessenen Kontinents. Glinn verständigte sich durch einen Blick mit Howell. Der nickte, schickte erst den Techniker, der gerade an einem Gerät herumwerkelte, aufs Backbord-Brückennock und wandte sich dann an den Dritten Offizier. »Machen Sie eine Viertelstunde Kaffeepause, ich übernehme so lange.« Der junge Offizier sah Captain Britton fragend an. Dass er so kurz nach der Wachablösung schon Pause machen sollte, irritierte ihn. »Soll ich das ins Logbuch eintragen, Ma’am?«, wollte er wissen. Britton schüttelte den Kopf. »Nicht nötig. Aber sehen Sie zu, dass Sie in einer Viertelstunde wieder hier sind.« Als der junge Offizier gegangen war, wandte sie sich an Howell. »Steht die Leitung nach New York?« Howell nickte. »Wir haben Mr. Lloyd auf Stand-by.« »Sehr gut, stellen Sie ihn durch.« McFarlane unterdrückte ein ärgerliches Schnaufen. Einmal am Tag müsste doch wirklich reichen, dachte er. Es fiel ihm schwer genug, sich an die täglichen Videokonferenzen zu gewöhnen, bei denen Lloyd das große Wort führte und haargenau über alles unterrichtet werden wollte, was sich an Bord tat oder nicht tat. Er konnte nur bewundern, mit welch stoischer Langmut Glinn das ertrug. Ein kurzes Knacken in dem über dem Schott in die Wand eingelassenen Lautsprecher, dann war Lloyd dran. »Sam? Hören Sie mich, Sam?« »Hier ist Captain Britton, Mr. Lloyd.« Sie gab den anderen einen Wink, näher an das Mikrofon am Kommandostand heranzutreten. »Gerade ist die chilenische Küste in Sicht gekommen. Wir sind noch eine Tagesreise von Puerto Williams entfernt.«
    »Großartig!«, dröhnte Lloyd begeistert. Glinn beugte sich über das

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