Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich bin die Nacht

Ich bin die Nacht

Titel: Ich bin die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ethan Coss
Vom Netzwerk:
ein zielloses kleines Leben, ohne je innezuhalten und darüber nachzudenken, weshalb wir hier sind und wozu. Aber eines Tages kommt jemand wie ich. Dann – und nur dann, am Ende des Lebens – merken wir, wie blind wir gewesen sind. Erst dann begreifen wir, was wir verloren haben. Ich leiste einen Dienst, indem ich den Prozess beschleunige. Ich helfe Menschen zu erkennen, was sie besitzen, indem ich es ihnen wegnehme.«
    »Obwohl ich deine Philosophie faszinierend finde, wäre es schön, wenn du ein bisschen schneller machen und mir sagen könntest, was du von mir willst. Dann kannst du im Gefängnis ein dickes Buch über deine bescheuerte Weltsicht und die Bedeutung des Lebens schreiben. Vielleicht liest es sogar jemand.«
    »Wir beide wissen, dass du mich niemals in eine Gefängniszelle bekommst – jedenfalls nicht lebendig.«
    »Dann eben ins Leichenschauhaus. Für mich macht es keinen Unterschied. Aber so oder so, heute Nacht wird es enden.«
    Ackerman lachte. »Das ist doch leeres Geschwätz, mein Freund. Deine Augen erzählen eine ganz andere Geschichte. Deine Augen sagen mir, dass du nicht den Mumm hast – noch nicht. Red du nur. Ich habe alle Zeit der Welt.«
    Marcus bewahrte mühsam die Fassung. Er hatte sich gefragt, ob er abdrücken könnte, wenn der Augenblick kam. Er wusste es noch immer nicht, und er wollte es auch nicht herausfinden. Er wollte diesen Weg nicht gehen. Der Preis war zu hoch. Trotzdem sagte er: »Nur weiter so, wenn du herausfinden willst, ob du wirklich Zeit hast. Aber sei nicht enttäuscht, wenn ich dir ein Loch in den Schädel puste, ohne mit der Wimper zu zucken.«
    »Oh, jetzt machst du mir aber Angst«, höhnte Ackerman. »Pass auf, ich habe einen Vorschlag. Wir machen ein kleines Spiel. Wenn du dich nicht an die Regeln hältst, drücke ich den Knopf, und deine kostbare Maggie reißt es in tausend Stücke. Die Regeln sind ganz einfach.«
    »Spielen willst du? Das könnte schwierig werden.«
    In einem Tonfall, der Erstaunen und plötzliches Interesse verriet, fragte Ackerman: »Wieso?«
    »Weil ich niemals spiele.«
    Überfallartig sprang er vor, trat Ackerman vor die Brust und schleuderte ihn zu Boden.
    Der falsche Funkzünder schlitterte über den Flur. Fluchend schwang der Killer die Hand hinter den Rücken und zog die Pistole des ermordeten Lewis Foster.
    Marcus hielt bereits die Waffe auf den Gegner gerichtet. Er hätte Ackerman erschießen können, ehe der die Pistole gezogen hatte, aber er zögerte.
    Ackerman feuerte.
    Ein sengender Schmerz an der Schulter verriet Marcus, dass die Kugel ihn gestreift hatte. Er warf sich hinter der Tür des nächsten Klassenzimmers in Deckung, während Ackerman weiter auf ihn schoss, bis das Magazin leer war. Sofort erwiderte Marcus das Feuer.
    Ackerman rollte sich zur Seite und sprang in die Mädchentoilette. Aus der Deckung heraus rief er: »Woher hast du gewusst, dass ich bluffe?«
    »Es wäre nicht dein Stil.«
    »Aber du konntest es nicht mit Sicherheit wissen.«
    »Doch«, erwiderte Marcus. »Ich wusste es einfach.«
    Lächelnd lehnte Ackerman neben der Tür an der kalten Fliesenwand und lud die Waffe nach. Er war zufrieden. Alles fügte sich zusammen. Er steuerte auf den krönenden Abschluss seines Lebens zu. Und je weiter er diesem Weg folgte, desto genauer wusste er, dass es der richtige Weg war.
    Ich wusste es einfach, hatte Marcus gesagt.
    Ja, der Mann war tatsächlich seine andere Hälfte. Zugleich war Ackerman bewusst, dass Marcus, so würdig er als Gegner auch sein mochte, dem Hauptereignis noch nicht gewachsen war. Er hatte gezögert. Er musste vorher noch sein wahres Ich anerkennen.
    Zeit für Plan B.
    Damit Marcus in Deckung blieb, feuerte Ackerman mehrere Schüsse in die Richtung, in der sein Gegner sich versteckte. Dann eilte er zu einem großen Wandschrank hinter der letzten Toilettenkabine und riss die Tür auf. Grinsend betrachtete er Maggies leblosen Körper. Dann nahm er einige Gegenstände an sich, die er für sein nächstes kleines Spiel brauchte.
    Nachdem er Maggie ein paar harte Ohrfeigen verpasst hatte, öffnete sie langsam die Augen. Sie zuckte zusammen, als sie in die kalten grauen Augen des Verrückten blickte.
    »Aufwachen, Dornröschen«, sagte Ackerman. »Der Prinz ist da.«

46.
    Marcus sah, wie Ackerman aus der Mädchentoilette zum Vorschein kam. Er wollte gerade feuern, als er bemerkte, dass der Verrückte nicht allein war.
    Er benutzte Maggie als menschlichen Schutzschild, während er sich rückwärts

Weitere Kostenlose Bücher