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Ich bin ein Genie und unsagbar böse

Titel: Ich bin ein Genie und unsagbar böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Lieb
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werde. Etwas, das die Welt verändern wird. Ich weiß zwar nicht, was genau - ein Buch, ein Theaterstück oder eine Erfindung -, irgendwas eben. Aber wie soll ich das schaffen, wenn ich die ganze Zeit diese Familie am Hals habe?«

    In diesem Moment schaute Daddy zu mir herüber. Ich lächelte ihn an. Es war das erste gespielte Lächeln meines Lebens. Echt erstaunlich, am zweiten Tag seines Lebens hören zu müssen, dass dein Vater dich für alles spätere Unglück in seinem Leben verantwortlich machen wird. Eine Erfahrung, die ich nicht weiterempfehlen kann.
    In diesem Moment beschloss ich ein für alle Mal, mein Licht unter den Scheffel zu stellen, wie es so schön heißt - so zu tun, als sei ich ein bisschen weich in der Birne. Ich wusste bereits, dass ich Mom mit meiner Intelligenz erschrecken würde. Und Daddy … nun, ohne es zu wissen, hatte er tatsächlich etwas Außergewöhnliches in seinem Leben hervorgebracht, etwas, das die Welt verändern würde.
    Nämlich mich.
    Aber ich sah keinen Grund, warum ich dieses Wissen mit ihm teilen sollte. Ich würde es nicht zulassen, dass er sein kaltes Herz an den Flammen meines Genies wärmte.
    Wenn er mich nicht um meiner selbst willen lieben konnte, dann verdiente er auch nicht, von der Größe zu erfahren, die in mir wohnte. In diesem Moment beschloss ich, dass mir Daddys Gedanken in Zukunft total egal sein würden. Und er sollte auch niemals die leiseste Ahnung davon bekommen, was für ein hochbegabtes Monster er gezeugt hatte. Er bedeutete mir nichts.
    Nichts, nix, null! Und keine Sekunde habe ich mich seitdem darum geschert, was er über mich dachte.
    P.S.: Alle Babys haben kleine Nasen, du Depp!

Kapitel 8
    Ich nehme die Herausforderung an
    Daddy sitzt am Kopf des Tischs und rührt in seinem Rindfleischeintopf, während er die Probleme der Welt für uns löst. Ich höre nicht richtig zu, aber der Kern seiner Aussage besteht offenbar darin, dass es schärfere Gesetze in puncto Anschnallpflicht geben sollte. Mom lauscht ihm heute mit weniger Begeisterung als sonst. Sie rutscht auf ihrem Stuhl hin und her, öffnet manchmal die Lippen, als wolle sie etwas sagen, besinnt sich dann aber eines Besseren und lächelt still vor sich hin.
    Normalerweise scheint es Daddy ja ziemlich egal zu sein, was Mom denkt, also ist es ziemlich lustig, wie sehr es ihn irritiert, dass er nicht ihre volle Aufmerksamkeit hat. »Der einfache Beckengurt von früher reicht nicht mehr aus«, verkündet er. »Gerade die Besitzer älterer Modelle müssen begreifen, dass sie ihre Autos umrüsten lassen müssen, um den neuesten … Woran denkst du, Marlene?«
    Den letzten Satz sagt er mit schlecht unterdrücktem Ärger und (verständlicher) Verwunderung darüber, dass überhaupt etwas in Moms Kopf vor sich geht.

    »Ollie wurde zum Klassensprecher vorgeschlagen!«, bricht es aus ihr hervor. »Die kleine Lopez hat ihn vorgeschlagen. Er hat abgelehnt, aber sie haben ihn trotzdem nominiert!«
    Er bittet sie zweimal, alles zu wiederholen, ehe er ihr glaubt.
    Ich hatte meine Nominierung Mom gegenüber er wähnt, während ich mich am Nachmittag über mein Käsesandwich hermachte (das heute übrigens perfekt war), doch wusste ich nicht, was ich damit auslösen würde. Ich wette, die Aufregung sprudelt schon seit Stunden in ihr, wie eine Dose Limonade, die zuvor geschüttelt wurde.
    Daddy scheint weniger beeindruckt zu sein. »Tja …«, entgegnet er, »das kann ja nur …«
    Er hält inne, ehe er »ein Scherz sein« hinzufügen kann. Aber ich weiß, was er sagen wollte. Er tätschelt mir unbeholfen den Kopf. »Gratuliere, Oliver, das ist wirklich … eine Ehre.« Dann schmiert er sich umständlich eine Scheibe Brot, damit er mich nicht länger angucken muss.
    Mom stampft auf die Toilette. Die historischen Neuigkeiten haben ihr auf die Blase geschlagen.
    Ich senke meinen Löffel und konzentriere mich auf den Eintopf. Daddy und ich reden nur wenig, wenn wir unter uns sind. Meine Gedanken wandern zu meinem dringendsten Anliegen, einem korrupten Gewerkschaftsfunktionär in Hongkong, der meine Exporte nach Südasien behindert. Da werden so einige Bestechungsgelder fließen müssen, um das Problem aus der Welt zu schaffen …
    »Der Schülerrat, wie lange ist das her …«
    Erstaunt blicke ich auf. Daddy hat zu mir gesprochen.
Das heißt, eigentlich spricht er zu sich selbst, und ich bin zufällig im selben Raum. Er lehnt sich zurück, nimmt die Brille ab, schaut verklärt zur Decke und versinkt in der

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