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Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)

Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)

Titel: Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rajesh Parameswaran
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getäuscht hatte. Mit der alten Ania waren wir besser dran.
Seitdem habe ich gewartet. Die Herde hält mich für gramgebeugt und verbittert. Sie vertrauen mir nicht und hätten mir niemals geglaubt. Deshalb habe ich diese blutige Wahrheit für mich behalten. Ich habe darauf gewartet, dass du reifer und kräftiger wirst, denn diese Angelegenheit geht vor allem dich an. Ich wusste, dass nur du mir glauben und die Kraft zum Handeln haben würdest.

KONI : Wer oder was sagt dir denn, dass ich dich nicht ebenfalls für verbittert und heuchlerisch halte? Hältst du mich etwa als Einzige für so einfältig, dir solche Märchen abzukaufen?

MANAMI : Dann glaube es mir eben nicht. Benutz doch mal deinen gesunden Tierverstand! Meinst du denn, Amuta war nur aus Zufall der letzte Elefant, der deine Mutter lebend gesehen hat? Dass Ania ganz allein durch ein einsames Tal spaziert wäre, in dem es nach frischem Tigerdreck stank, ohne auf irgendeine Weise getäuscht worden zu sein?
Wenn wir Elefanten bloß nicht so unterwürfig wären, würden wir uns solches Unrecht nicht einfach gefallen lassen. Wir hätten uns nicht weiter an Amuta gehalten und die Augen vor ihrer offensichtlichen Schuld verschlossen, bloß weil wir glaubten, sie allein hätte die Willenskraft, uns zu zeigen, wo es langgeht. Ich sage es dir, die meisten Elefanten sind geborene Sklaven. Sie lernen nie, selbstständig zu denken. Sie können nur auf einen Anführer hören. Ich nehme mich selbst da nicht aus – ich werde den Tod meines Kindes niemals rächen, denn mir fehlen die Kraft und der Wille dazu und ich weiß, dass die Herde mein Tun nicht gutheißen würde. Aber vergiss nicht, du bist anders als die anderen Elefanten. Du wurdest als Prinzessin geboren. Also denke auch wie eine Prinzessin, nicht wie eine Sklavin.

KONI : Nur weiter so, Manami, du armseliges Ding. Wäre irgendein anderer Elefant Zeuge dieses Verrats geworden, würdest du Amuta jetzt höchstpersönlich um Gnade anflehen. Verschwinde und mach dich wieder ans Grasen. Lass das leere Gewäsch und spar dir deinen Atem für etwas anderes.

MANAMI : Ich weiß, dass du Amuta nicht erzählen wirst, was ich dir anvertraut habe. Du würdest nicht wollen, dass sie mich daran hindert, dir weiter die Wahrheit zu sagen. Du weißt deinen Verstand zu gebrauchen, und wenn die Zeit reif ist, wirst du auch deine Stoßzähne zu gebrauchen wissen. Abgang Manami. Koni hebt ein Bündel Blätter und Rinde auf ihren Rücken und macht sich auf den Rückweg zum Lager.

KONI : Diese Kuh ist mir unheimlich. Wie griesgrämig sie immer herumläuft, mit roten Augen und in Selbstgespräche vertieft, so als würde sie die ganze Zeit vom Geist ihres toten Jungen verfolgt. Armes, ruheloses Wrack! Einmal möchte ich das Unglück beweinen, das ihr widerfahren ist, und dann wieder möchte ich sie anschreien: Finde dich endlich damit ab!
Und trotzdem fällt es mir schwer, ihre Worte abzutun, sie lasten mir schwer auf der Seele. Ihre Entschlossenheit, ihren Verlust nicht zu vergessen, verleiht ihr eine ganz eigene Würde und Kraft. Vielleicht rührt die Wirkung ihrer Worte auch bloß daher.
Ist ein Elefant des Mordes fähig? Kein wild gewordener Bulle in der Musth, sondern eine ganz normale Kuh, von Natur aus dazu bestimmt, ihre Schwestern zu beschützen? Eigentlich undenkbar. Worin besteht denn unser Leben? Gras, Wasser und Schlaf, und wenn diese Dinge nicht vorhanden sind, in der Sorge, die ihr Fehlen hervorruft. Einem unentwegten Streben nach Schutz und Nahrung, nach gemeinsamer Zeit mit unseren Schwestern und Kindern. Was könnte es Einfacheres geben?
Und wie sehr verkomplizieren wir doch dieses Streben nach Befriedigung unserer ach so simplen Bedürfnisse! Das liegt wohl daran, dass wir in eine Familie hineingeboren werden und von Geburt an in einen Wust aus enttäuschten Gefühlen und blutheißen Begierden verstrickt sind. Die Familie nährt sowohl unsere elefantischen als auch unsere unelefantischen Eigenschaften.
Sieh nur, da spielt die kleine Shanti! Was ist sie doch für ein süßes Kalb! Und doch bereits die Tochter von Amuta, einer Kuh, die mit ihrer Zuneigung geizt, die inspiriert, aber auch fordert, einer kampfbereiten und unnachgiebigen Anführerin. Einer Bestie, zum Schutz ihrer Herde zu allem imstande.
Sieh nur, wie anhänglich und unkritisch Shanti ihrer Mutter folgt. Diese Liebe wird eines Tages sicher enttäuscht werden. Shanti ist nicht das hellste Kalb, aber ein ernsthaftes, das immer gefallen möchte. Anderen

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